Die Nachtigall

Kapitel 2

„ Morgen Joyce!"

„ Morgen Faye! Na, für welche Rolle sprichst du bei mir vor?"

„ Das sage ich dir nicht, du wirst es ja gleich hören, als auch sehen."

„ Okay...Bin mal gespannt wer die Hauptrolle vorspielt."

„ Larissa wollte dafür vorspielen, aber keine Ahnung ob sie es noch macht. Immerhin muss man da tanzen und das kann sie nun mal nicht."

„ Stimmt auch wieder. Ach, wir lassen uns einfach überraschen!"

„ Genau. Ich wollte dir noch sagen, wie toll dieses Stück ist! Erst habe ich gedacht das du es kopiert hast aus dem Internet, aber ich habe keines gefunden, welches so ist wie das!"

„ Haha, wieso sollte ich denn auch kopieren!?"

„ Keine Ahnung, deshalb habe ich ja auch geguckt!"

„ Gut. Gehen wir rein?"

„ Du, was denkst du eigentlich wer für den Prinz vorspielt?"

„ Vielleicht Quinn, aber Remy würde ich es auch zutrauen."

„ Und wenn beide es machen, wer wird es besser machen?"

„ Schwierige Frage, ich glaube das muss man sehen um es entscheiden zu können."

Wir setzten uns in Bewegung, um zum Vorsprechen zu gehen. Allerdings musste Faye draußen bleiben und ich, da ich es geschrieben hatte, durfte rein und mich neben meinen Lehrer setzen.

„ Guten Morgen Joyce!"

„ Morgen Herr Itonis!"

„ Aufgeregt?"

„ Nein,eher gespannt, wer für welche Rolle vorspielen wird."

„ So ging es mir damals auch!"

„ Wann geht es denn los?"

„ Sobald du den Ersten rein bittest!"

„ Dann gehe ich jetzt nach draußen und Bitte den Ersten rein!"

„ Eine sehr gute Idee!"

Also erhob ich mich wieder von meinem Stuhl und ging zur Tür. Dort öffnete ich sie und trat nach draußen um dem Ersten Bescheid zugeben.

„ So! Also, als erstes Hallo und Danke das ihr alle für eine Rolle vorspielen wollt! Vorbereitet habe ich jetzt nichts, denn ich dachte die Worte werden mir einfach so einfallen. Der zweite Punkt wäre, der Erste darf jetzt mit reinkommen und ich wünsche allen sehr viel Spaß und auf alle Fälle ganz viel Glück!"

Die Anderen applaudierten kurz und Quinn kam mit mir rein, da er sich bereit erklärte anzufangen.

„ So Quinn, für welche Rolle sprichst du vor?"

„ Ich spreche für den Hofdiener Knauer  vor."

„ Dann Bitte!"

Quinn fing mit seiner Passage, welche er sich ausgewählt hatte, an und ich muss schon sagen, dieser Junge hatte wirklich Talent was das Schauspielern anging. Ich dachte wirklich das der Hofdiener Knauer vor mir steht und nicht Quinn! Wenn es nicht noch einen besseren gibt, dann würde ich glatt behaupten, dass die Erste Rolle vergeben ist.

Alle Anderen sprachen dann vor und ich war wirklich beeindruckt. Jedoch fehlte mir immer noch die weibliche Hauptrolle, denn keiner von den Vorgesprochenen konnte Ballett oder HipHop tanzen.

„ So Joyce, wir sind durch und alle warten auf die Rollenverteilung.Möchtest du mir deine vielleicht einmal zeigen?"

„ Gern,aber es gibt dort ein kleines Problem.."

„ Welches wäre?"

„ Ich weiß nicht wer die Hauptrolle übernehmen soll! Vorgesprochen haben sie wirklich gut für die Rolle, aber keine von denen kann Ballett oder HipHop tanzen und genau das muss die Rolle können..."

„ Aber Du kannst doch tanzen, oder?"

„ Ja schon, aber ich wollte eigentlich nicht spielen. Immerhin habe ich doch das Stück schon geschrieben.."

„ Ich wäre dafür, dass du erstmal vor den anderen vorspielst, dann tanzt und sie entscheiden ob du Die Nachtigall  spielen sollst oder nicht."

„ Gut,Herr Itonis, so machen wir es. Dann hole ich jetzt alle wieder rein und verkünde die Rollenverteilung."

„ Sehr gut!"

Ich trat erneut zur Tür, bat alle wieder rein und wartete bis sie sich setzten und stellte mich dann mit meinem Rollenzettel vor ihnen hin.

„ So,also ihr habt wirklich alle gut gespielt und sowohl Herr Itonis, als auch ich waren wirklich überrascht. Die Wahl ist mir wirklich nicht leicht gefallen, gerade bei den Hauptrollen. Wo ich auch schon beim ersten Punkt wäre. Leider gibt es keine Nachtigall, obwohl ihr alle gut vorgesprochen habt, gab es keine die tanzen konnte und die Rolle muss  tanzen können! Aber gut, dass greife ich gleich an einem anderen Punkt wieder auf. Also zuerst verkünde ich die etwas kleineren Rollen und werde anschließend die drei etwas anspruchsvolleren, als auch die männliche Hauptrolle bekannt geben."

Ich gab also die kleinen Rollen bekannt und jeder schien erfreut zu sein.Alle die am Ende keine Rolle bekommen, werden bei Regie und Bühnenbild benötigt. Aber auch Maske und Kostüm brauchen wir und dazu gibt es eben die Menschen ohne Rolle, welche einfach andere Talente haben.

„ So und nun kommen wir zu den Rollen mit hohem Anteil an dem Stück. Also, der Erzähler für die Zwischenpassagen wird gespielt von Remy Partensen, der Hofdiener Knauer  wird gespielt von Quinn Arents, Madame Mecklemanour  spielt Faye Kolakoa und der Prinz Oregion  wird von Alan Welderau. Ich hoffe das ihr mit eurer Rolle zufrieden seid."

„ Wenn alle weiblichen Rollen vergeben sind, wer spielt denn dann die weibliche Hauptrolle, alias Die Nachtigall?"

„ Das ist eine sehr gute Frage Faye und ich denke mal, dass Joyce diese ganz einfach beantworten kann. Oder?"

„ Natürlich Herr Itonis. Also, Herr Itonis und ich haben uns gedacht, da ihr alle zwar gut vorgesprochen habt, aber keiner von euch tanzen kann, dass ich für die Rolle vor euch vorspielen könnte... Wie findet ihr die Idee?!"

„ Ich finde sie sehr gut, außerdem bist du die Einzige die tanzen kann. Zumindest Ballett und HipHop zusammen..."

„ Danke Quinn. Also soll ich vorspielen für die Rolle?"

Alle schrien JA und ich machte mich bereit um zu sprechen und zu tanzen...Irgendwie hatte ich jetzt doch Angst und zwar mehr als bei jedem anderen Vortanzen zuvor.

„ Ich bin die Nachtigall, ich tanze und springe, wie der Frühling mit den Blumen spielt. Ich lache und schreie, wie ein kleines Kind.. Aber eines möchte ich nur erreichen, einmal im Leben für den Prinzen tanzen und in die Kompanie aufgenommen werden! Am Sonnabend bei dem königlichen Ball, ist ein Vortanzen, bei welchem ich alles geben werde. Ich muss unbedingt üben und der Nachtigall beim singen lauschen!"

Es war ruhig, keiner wagte es zu atmen, keiner wagte es etwas zu sagen..Weshalb ich mich fertig machte um zu tanzen. Eine kleine Drehung hier, eine HipHop Move da und das war's. Bin ziemlich gespannt, was die anderen davon denken... und ob sie mir die Hauptrolle geben werden.

Immernoch war es ruhig und keiner machte den Anschein, etwas sagen zu wollen. Doch Alan fing an zu klatschen und die anderen fielen sofort mit ein. Ich merkte deutlich wie ich ihn anlächelte, doch ich drehte mich zu Faye, um es nicht noch auffälliger machen zu wollen, als es gerade schon war.

„ Ich würde sagen, Joyce hat die weibliche Hauptrolle!"

„ Danke Faye!"

Sie umarmte mich und so fingen wir schon heute mit den Kostümen an und auch mit den Bühnenbildern an. Es machte wirklich viel Spaß mit den anderen, aber auch mit Alan. Niemals hätte ich mir erträumt, dass die Menschen der verfeindeten Schule  auch so umgänglich und vor allem freundlich sein können.

Alan ist wirklich nett, lustig und teilweise auch richtig grob, aber ich denke mal das muss er sein um den anderen zu zeigen, dass er nicht doch so ein typisches Weichei ist, wie andere meist denken.

Nachdem der Tag für uns zu Ende war, ging ich mit Faye noch in die Cafeteria, wo wir in Ruhe zusammen aßen und über die Rollen, das Stück und vor allem über die Kostüme redeten.

Eigentlich wollten wir danach zu mir gehen, doch Faye überredete mich dazu,dass wir uns zu Alan setzten und noch eine Weile mit ihm redeten. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten sie steht auf ihn.

Aber eigentlich ist diese Eingebung total hirnrissig, denn sie steht auf Mädchen und na ja, wie sag ich es? Alan ist nun mal keines, sondern ein Junge mit einer Begabung zum Schauspielern... welche ich auch gerne hätte, aber vielleicht habe ich ja andere Begabungen, die ich nur erst entdecken muss?

„ Sorry Faye, aber ich muss los. Hab Tanztraining!"

„ Stimmt,das hatte ich total vergessen... Sehen wir uns morgen früh wieder vor der Schule?"

„ Komme erst um 9:00 Uhr, habe noch diesen Arzttermin!"

„ Okay,dann bis morgen!"

„ Ja,tschüss Faye! Alan!"

„ Tschüss Joyce."

Er lächelte mich noch einmal an, ehe ich mich wieder wegdrehte und durch die Tür nach draußen verschwand. Mein Herz machte zwar keinen Satz, aber ich merkte deutlich wie mein Bauch ein komisches Gefühl annahm, welches ich noch nie zuvor so extrem hatte. Das konnte nureines bedeuten, doch ich wollte, oder eher gesagt, ich will es nicht wahr haben. Ich kenne ihn doch nicht mal!

Das Tanztraining heute war sehr gut. Meine Lehrerin hat mich nur gelobt und war auch sonst sehr beeindruckt von mir, wie eigentlich immer.

Ich gab ihr sogar am Ende noch das Theaterstück, weil ich ihr davon erzählte und sie gern mal hineinlesen wollte.

Anschließend schnappte ich mir meine Sachen und wollte gerade den Tanzsaal verlassen, als ich irgendwie das Gefühl hatte noch eine Hip Hop nummer probieren zu wollen. Deshalb fragte ich meine Tanzlehrerin, ob ich vielleicht noch bleiben könnte um zu üben. Sie stimmte zu,allerdings müsste ich in einer Stunde gehen, da dann die nächste Gruppe dran wäre.

Wie ein kleines Kind hopste ich nun also vor Freude durch die Luft und machte mich dann bereit um zu tanzen, wenn die Musik einsetzte.

So konzentriert wie ich war, bemerkte ich nicht mal, wie jemand den Tanzsaal betreten hat und mir nun zuschaute. Ich realisierte es erst, als die Musik aus war und diese Person anfing zu klatschen.Nachdem ich dann in den Spiegel schaute um zu sehen wer es war, wurde mir schlagartig schwindelig. Es war nämlich Alan.

„ Hey!Ich dachte schon du kannst Ballett gut tanzen, aber das du HipHop noch besser kannst! Wow!"

„ Hi,was machst du hier? Danke!"

„ Meine Mutter hat in einer Stunde noch einen Kurs und ich gucke meistens zu!"

„ Sag nicht deine Mutter ist Frau Herbert!?"
„ Genau das ist sie!Sie hat den Namen von meinem Stiefvater angenommen, ich wollte den von meinem Vater jedoch behalten. So fühle ich mich noch mit ihm verbunden..."

„ Oh okay?...Und warum bist du schon eine halbe Stunde früher hier? Außerdem,hatten wir doch viel früher Schluss?"

„ Hatten wir, aber du bist ja auch nicht sofort zum Training gegangen."

„ Stimmt wohl, aber auch nur, weil ich noch mit Faye geredet hatte und wir uns dann zu dir setzten."

„ Siehst du. Faye hat mich die ganze Zeit mit Fragen gelöchert! Irgendwann musste sie auf die Toilette und ich habe meine Chance ergriffen, nahm meine Sachen und bin dann gegangen. Ich schwöre, sie ist wirklich nett und es ist lustig mit ihr zu reden, aber sie redet halt einfach auch unglaublich viel..."

„ Keine Angst, sie will nichts von dir!"

„ Hä,das verstehe ich jetzt nicht? Wie kann man denn nur nichts von mir wollen?"

„ Wow,du übertreibst ja mal gar nicht!"

„ So bin ich eben!"
Er lächelte mich kurz an, drehte sich dann weg,zog seine Schuhe aus, schaltete dann Musik an und fing an zu tanzen.Ich konnte gar nicht anders als ihm zuzugucken, seine Bewegungen waren so harmonisch und elegant. Am Ende musste ich sogar etwaslächeln, als er zum HipHop überging und mir zuwinkte mit ihm zutanzen. Natürlich konnte ich dieses Angebot nicht ablehnen, denn imTheaterstück müssten wir beiden eh zusammen tanzen, weshalb alsonicht schonmal damit anfangen und sich etwas kennenlernen.

„ Dutanzt echt gut Nachtigall!"

„ Danke der Werte Herr Prinz!"

„ Gerne!"

Wir lächelten uns an und gingen, als würden wir das immer machen, vomHipHop in Ballett über.

Einlautes klatschen brachte uns jedoch zum zusammenzucken und ich stießmich von ihm ab, woraufhin er mich losließ und ich ein wenig nachhinten schwankte, mich aber wieder fangen konnte und mein Gleichgewicht nicht verlor. Nachdem ich mich dann etwas erholt hatte,bemerkte ich das meine Tanzlehrerin, also Alan seine Mutter,diejenige war, welche applaudiert hatte.

„ Frau Herbert, ist die Stunde denn schon um?"

„ Nein,du hast noch eine Viertelstunde! Aber ich habe zufällig mitbekommen,dass mein Sohn auch hier ist. Deshalb dachte ich, ich schau docheinfach mal vorbei."

„ Hey Mama! Ich wollte eigentlich vorbeischauen, aber dann habe ichgesehen, dass Joyce hier ist und habe total vergessen mich bei dir zumelden. Sorry!"
„ Schon okay, Schatz! Ihr beiden tanztwirklich gut zusammen, wie lange übt ihr schon heimlich?"

„ Wir haben heute zum ersten Mal zusammen getanzt Frau Herbert!"

„ Was?Wirklich? Das glaube ich euch nicht! Ihr kennt euch doch auch schonlänger!"

„ Seit gestern um genau zu sein Mama!"

„ Wow und dann harmoniert ihr schon so gut zusammen? Warum denkt ihr Beidennicht mal darüber nach zusammen anzutreten bei dem Wettkampf?"

„ Nein,tut mir leid Frau Herbert, ich habe monatelang alleine daraufhingearbeitet und ich kann, aber werde mich jetzt nicht neueinstellen!"

„ Das ist verständlich!"
„ Aber wenn es Sie beruhigt Frau Herbert.Ihr Sohn und ich spielen in meinem Theaterstück die Hauptrollen und müssen dort zusammen tanzen. Vielleicht könnten wir ja hier üben?"

„ Das ist eine großartige Idee! So macht ihr Beiden das bitte! Ich werde euch auch helfen wenn ihr möchtet?!"

„ Also ich habe nichts dagegen. Wie sieht's mit dir aus Joyce?"

„ Ich bin einverstanden! Wann geht es los?"

„ Wann hättest du deine nächste Trainingsstunde?"

„ Morgen um 14:45 Uhr!"

„ Gut,dann gehen wir morgen zusammen und fangen an zu üben!"
„Allerdings ist Joyce morgen alleine, denn ich habe ein Seminar,welches ich nicht verschieben kann! Ist das schlimm für euch?"

„ Nein Mama, alles okay. Joyce und ich kriegen das alleine hin, immerhin sind wir schon groß!"

„ Bist du das wirklich mein Schatz?!"
„ Mama, übertreibe bitte nicht!"

„ Schon gut, schon gut."

In diesem Moment schaute ich auf die Uhr und bemerkte, dass die Stunde schon um war. Deshalb griff ich nach meiner Tasche, zog meine Schuhe an und verabschiedete mich von Alan und seiner Mutter. Beide haben mir noch einmal gewunken und dann war ich auch schon durch die Tür nach draußen gegangen.

Da stand ich nun, mitten auf der Straße, mit einem guten, aber auch ungutem Gefühl im Magen. Ich wusste nicht ob ich mich jetzt freuen sollte, weil ich mit Alan zusammen tanzen werde, oder aber ob ich mich jetzt schlecht fühlen sollte, weil ich ihn schon auf eine gewisse Art und Weise irgendwie gerne habe...

Irgendwann werde ich schon wissen, was das mit meinem Herzen, Magen und Kopf auf sich hat, aber solange lebe ich in den Tag hinein und genieße jede Sekunde. Mit inbegriffen sind natürlich die Stunden die ich mit Alan(und seiner Mutter) verbringen werde...

Heute  nahm ich ausnahmsweise mal den langen Weg nach Hause, denn irgendwiehatte ich noch nicht das Bedürfnis mit meiner Cousine und meinenEltern reden zu wollen. Sie wissen nämlich immer noch nicht, dassich das Theaterstück geschrieben habe und das ich die weiblicheHauptrolle spielen werde.. Irgendwie habe ich Angst vor derenReaktion. Immerhin habe ich länger als geplant an diesem Stück gesessen.

Geplant waren nämlich um die 10 Wochen, doch fertig war ich erst nach 4Monaten.. und das ist ein herber Rückschlag, aber umso mehr freueich mich, dass es so gut bei allen angekommen ist.

Gut,ich habe die Haustür erreicht und wenn ich jetzt hindurch gehe, michan den gedeckten Tisch setze und anfange zu essen, ohne etwas zusagen, würden alle wissen, dass ich etwas verberge. Also alle Kartenwerden heute Abend offen auf den Tisch gelegt.

„ Hi Mom! Dad!"

„ Hallo Schatz!"

„ Da ist ja unser kleiner, großer Sonnenschein!"

„ Bitte Dad, du sollst mich nicht immer Sonnenschein nennen!"

„ Wenn du aber nun mal bei Sonnenschein auf die Welt gekommen bist!"

„ Hach."

„ Wie war die Schule Joye?!"
„ Hallo Violet schön dich zu sehen.Danke, mir geht es auch gut!"
„ Wow, hast du deine Tage?"

„ Nein,aber kann man nicht einmal gefragt werden wie es einem geht, wenn mannach Hause kommt? Oder zumindest begrüßt werden? Ist das denn zuviel verlangt?"

Anschließend kam meine Cousine, Violet, auf mich zu, nahm mich in den Arm, sagtemir Hallo und fing an zu lachen. Danach setzten wir uns alle an denTisch und fingen an zu essen, zu reden und zu lachen. Bis die Spracheauf das Theaterstück meiner Schule kam.

„ AlsoJoyce, wer hat das Stück eigentlich geschrieben? Ich habe nur einigePassagen gestern Abend bei dir mitbekommen, aber mir kam es nichtbekannt vor."

„ Das kann dir auch nicht bekannt vorkommen Mama.."

„ Also hat es jemand selbst geschrieben? Jemand aus deiner Klasse?"

„ Ja,jemand aus meiner Klasse... Gefällt es dir?"

„ Allerdings.Als ich deinem Vater davon erzählt habe, was ich von dem Stückmitbekommen hatte, war er hin und weg. Dürften wir uns vielleichtmal das Skript anschauen?"

„ Okay!"

Ich stand auf, lief in mein Zimmer und kramte mein Stück hervor. Mitdiesem kehrte ich zurück und überreichte es anschließend meinenEltern. Violet hielt ich ein extra Skript hin, welches sie am Endeauch gerne behalten konnte, aber nur wenn sie wollte.

Gerade als meine Eltern mich fragen wollten ob der oder die Künstlerinseinen Namen drin stehen hatte, blätterte mein Vater eine Seite umund sagte mit ganzem Stolz:
„ Skripted by Joyce Olopaho!"

Meine Mutter war völlig außer Rand und Band. Sie stand viel zu schnellauf, riss dabei ihren Teller runter und er zerbrach. Jedoch schien esihr egal zu sein, denn sie hatte im Moment nur Augen für mich unddas Stück.

Nachdem sie dann eine gefühlte Ewigkeit geschrien und mich umarmt hat, wobeisie mich halb erdrückte, setzte sie sich wieder auf ihren Stuhl undmein Vater räumte die Scherben weg.

„ Also,von deiner Reaktion Mama, gehe ich davon aus, dass dir das Stückgefällt, als auch die Tatsache, das ich es geschrieben habe."

„ Aber Hallo! Welche Rolle spielst du denn in dem Stück?"

„ Eigentlich wollte ich keine Rolle spielen, aber diese Rolle muss jemandübernehmen, der auch Ballett und HipHop tanzen kann. Einige ausmeiner Klasse können zwar eines der beiden Dinge, aber keiner kannbeides, außer ich... Deshalb schlug mein Lehrer vor, dass ich vorder Klasse vorspreche und auch tanze...

Naja nun spiele ich die weibliche Hauptrolle..."

„ Ich habe das Gefühl, egal was du sagst, es wird einfach immer besser!"

„ Mama du sollst nicht immer übertreiben!"

„ Deine Mutter hat Recht Schatz, es wird immer besser!"

„ Papa!"

„ Marie und Renzo haben Recht! Ich finde das auch toll! Wer ist denn deinemännliche Hauptrolle?!"
„ Danke Violet! Ähm, die männlicheHauptrolle hat einer der Typen vom anderen Gymnasium.."

„ Und wie heißt er Schatz?"

„ Alan!"
„Und der Nachname?"

„ Welderau.Alan Welderau."

„ Ist das nicht der Sohn deiner Tanzlehrerin Frau Herbert?"

„ Woher weißt du das denn Papa?"

„ Ich habe die beiden zufällig gesehen vor einigen Wochen und da habe ichmal nachgefragt, wer denn der junge Mann an ihrer Seite ist. Hätteja auch ihr Freund sein können! Immerhin ist heutzutage allesmöglich."

„ Ach Papa, ich glaube nicht, dass sie als verheiratete Frau etwas miteinem so jungen Kerl anfangen würde."

„ Man weiß ja nie!"

„ Was soll denn das jetzt heißen Renzo?"

„ Nichts!"

Ich stand auf, nahm meinen Teller und brachte diesen in die Küche, ohnemeinen Eltern noch einen Blick zuzuwerfen. Anscheinend war ich sovertieft darin den Teller wegzubringen, dass ich nicht merkte, wiemein Handy klingelte. Erst als meine Cousine es mir unter die Augenhielt, hörte ich es wirklich klingeln.

„ Sorry,habe ich wirklich nicht gehört!"
„ Das habe ich gemerkt."

„ Unbekannt?Wer das jetzt wohl ist..."

„ Geh ran und du weißt es."

„ Darauf wäre ich nie gekommen!"

Ich nahm ihr das Handy ab, schob den grünen Fleck nach oben und hieltmir das Handy ans Ohr. Anschließend entfernte ich mich in RichtungHaustür um mich davor auf die Treppe zu setzen.

„ Hallo?"
„Hi, hier ist Alan, ich wollte nur anrufen, damit du meine Nummerhast."

„ Okay.Hi!"

„ Hi!"

„ Ähm,du hättest doch auch schreiben können.."

„ Ja,aber so weißt du sicher, dass ich es bin und ich dich nichtverarsche."

„ Von wem hast du meine Nummer?"

„ Habe Quinn gefragt."

„ Hätte ich mir denken können, Remy wäre mein zweiter Vorschlag gewesen."

„ DeinFreund?"

„ Nein,Remy ist mein Exfreund."

„ Achso, ich dachte, weil ihr..."

„ Nein,wir waren mal zusammen, aber uns wurde eindeutig klar, dass dieFreundschaft dicker ist als das was wir fühlen. Aber was rede ichdich eigentlich voll, mit meinen Liebessachen."

„ Ach,dass stört mich nicht. Von mir aus kannst du reden was du willst,ich hör dir gerne zu."

„ Okay...Ich würde ja noch mehr erzählen, aber ich muss leider noch den Textlernen. Solltest du vielleicht auch mal machen."

„ Habe ich sogar schon getan. Deshalb habe ich ja jetzt gerade angerufen,ich hoffe ich habe nicht gestört!?"

„ Nein,ich war eh gerade fertig mit essen. Was machst du gerade?"

„ Ich habe eben tanzen geübt, den Text etwas gelernt und jetzt rede ichgerade mit dir und du?"

„ Zuerst habe ich mit meinen Eltern und meiner Cousine Abendbrot gegessen undso ganz nebenbei habe ich ihnen erzählt, dass ich das Theaterstückgeschrieben habe und die weibliche Hauptrolle spielen werde. Dannhaben meine Eltern etwas rumgezickt, meine Cousine, Violet, hat sichnicht bewegt und ich bin schließlich einfach aufgestanden und habe aufgeräumt. Schlimm ist das, wenn die sich anzicken, ey wirklich!Sorry, ich rede zu viel.."

„ Allesgut!"

Er lachte, ich hörte es deutlich, er lachte. Wow, schonmal ein Schrittnäher an einer guten Verbindung angekommen. Vielleicht wird es jadoch noch was mit der Freundschaft und es endet nicht imfeindseligen. Das würde ich mir zumindest wünschen, denn um ehrlichzu sein, mag ich Alan wirklich gerne.

„ Tut mir leid, aber ich muss leider wieder rein. Sehen wir uns morgenAlan?"
„ Klar, wir müssen doch üben!"

„ Gut,dann bis morgen! Hat Spaß gemacht mit dir zu reden!"

„ Finde ich auch! Bis morgen!"

Er legte auf, ich ging wieder rein, schlich jedoch in mein Zimmer. Dortzuckte ich zusammen, denn Violet saß in meinem Zimmer, auf meinemBett.

„ Alta!Musst du mich eigentlich immer erschrecken?"

„ Sorry,ich wollte nur mit dir reden!"

„ Was los?"

„ Sag du es mir."

„ Hä?"

„ Du und dieser Alan, läuft da was?"

„ Ich kenne ihn seit gestern!"

„ Bedeutet ja nichts! Findest du ihn hübsch?"

„ Schlecht sieht er jetzt nicht aus, aber das bedeutet rein gar nichts!"

„ Sage ich auch gar nicht. Ich wollte nur wissen, ob du ihn gut aussehendfindest, nicht mehr und nicht weniger."

„ Sorry..."

„ Schon gut. Hast du ein Bild von ihm?"

„ Auf dem Handy nicht, aber warte im Internet könnte vielleicht etwassein."

„ Dann guck mal nach. Ich bin gespannt."

Ich suchte zehn Minuten, bis mir auffiel, dass ich auch einfach aufInstagram hätte nachgucken können. Bestimmt hat er da Bilder vonsich gepostet, mit viel Glück zumindest.

Und wer es glaubt oder nicht, er hat tatsächlich ein Bild mit seinemGesicht hochgeladen.

„ Hier!"

„ Sieht nicht schlecht aus. Wie alt war er doch gleich?"

„ 17 glaube ich.. auf jedenfall ist er in der elften Klasse, aber wegendem Stück bei uns."

„ Na dann kannst du dich ja an ihn ranmachen!"

„ Ey lass das. Wir tanzen und spielen nur zusammen. Nicht mehr und nichtweniger."

„ Werden wir ja noch sehen!"

„ Bitte Violet, halt dich da einfach raus. Ich kann mich schon alleine anjemanden ran machen, wenn ich möchte."

„ Möchtest du denn?"

„ Gerade nicht, nein. Ich möchte erstmal Schule zu Ende machen und mich dannum den Rest kümmern."

„ Du hast aber noch fast 2 Jahre, solange schaffst du das doch eh nicht."

„ Wow,du hast wirklich viel vertrauen in mich..."

„ Ach Joyce, du weißt dich genau wie ich es meinte."

„ Wie läuft es denn mit deinem Freund?"

„ Ich habe doch gar keinen.."

„ Tja,da habe ich am Samstag aber was ganz anderes gesehen. Eigentlichwollte ich dich nur abholen."

„ Shit!"

„ So kann man das auch sagen! Ich habe genau gesehen wie de Typ dichgeküsst hat, ihr euch umarmt habt und du dich nicht von ihm trennenkonntest. Doch, deine Liebe Cousine wollte dich ja abholen, weshalbdu dich doch von ihm losreißen musstest! Denkst du ich bin taub unddumm? Ich habe gehört was du zu ihm gesagt hast."
„ Wiesohast du denn nichts gesagt?"

„ Warte,was sagtest du zu deinem Freund: MeineCousine holt mich jetzt ab. Sie ist eine Zecke, ich sag es dir.Manchmal erhoffe ich mir, dass sie einfach geht und ich sie nichtmehr ertragen muss!Soll ich noch mehr zitieren, oder reicht es dir?"

„ Es tut mir leid. Aber du warst so normal, so als wäre nichtsgewesen..."

„ Was hätte ich denn sagen sollen? Vielleicht, das seitdem du bei unswohnst, ich das Gefühl habe, du würdest mir meine Eltern wegnehmenwollen!? Du wärst doch die Erste gewesen, die dann geschrien hätte.Also ich muss mich nicht an der Vergangenheit festklammern um nachvorne zu schauen, ich kann es nämlich auch so."

„ Ich auch!"

„ Ach wirklich? Du denkst immer noch an deine erste Beziehung und daran wirihr beiden damals zusammengekommen seid. Du hältst doch daran fest,dass es bei jeder Beziehung so sein muss."

„ Joyce,ich wusste wirklich nicht, dass du zugehört hast. Sonst hätte iches doch gleich erklärt."

„ Wie wäre es denn gewesen, so etwas erst gar nicht zu sagen? So und nungeh bitte, ich möchte noch meinen Text lernen und würde dann auchschlafen gehen wollen."

„ Aber Hauptsache vier Tage später erst sauer auf mich sein!"
„ Bin ich schon die ganze Zeit, aber du hast es darauf geschoben, dass ichangeblich meine Tage habe. Also, würdest du jetzt bitte mein Zimmerverlassen?!"

„ Okay,ich gehe schon."

Violet stand auf, drehte sich noch einmal kurz um und verließ dann mitschuldbewusstem Blick mein Zimmer. Ich glaube ja, dass sie innerlichhoffte, ich würde ihr jetzt folgen, die Entschuldigung die sieversucht hat raus zudrücken, annehme und alles andere vergesse. Aberdie Person, die so etwas vergessen kann und drüber hinwegblickt, binich nicht mehr. Anmerken lasse ich mir das zwar nicht, aber innerlichkocht alles bei mir. Wut konnte ich noch nie wirklich gut vor anderenrauslassen, nur bei meinen Eltern gelingt es mir einmal auszuschalten und meine Stimme zu erheben. Manchmal vergesse ich sogar was ich dann letztendlich sage, aber ich weiß, dass es immer wieder etwas lautersein musste, denn meine Nachbarin fragt öfters gerne mal, welches Huhn wir nun schon wieder geschlachtet haben.

Nachdem ich mich etwas beruhigt hatte und noch etwas lernen konnte, legte ichmich auch schlafen.

Obwohl der Mittwoch nie wirklich anstrengend ist, da wir nur drei Stunden inder Schule sind, brauche ich mindestens acht Stunden schlaf um michauf die Tanzschritte vorzubereiten und alles andere an Planungdurchzugehen. Es ist nämlich doch nicht so leicht, wie ich am Anfang dachte. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es trotzdemschaffe.