The Bucket List

By applepie1912

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Ein ganzes Leben in 100 Tagen --- Jolina war ein niedliches, aufgewecktes Mädchen. Stets fröhlich. Stets lebe... More

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Prolog
Tag 100 // Tag 99
Tag 96 // Tag 95
Tag 94 // Tag 90
Tag 89 // Tag 88
Tag 87 // Tag 85
Tag 83 // Tag 82
Tag 81 // Tag 79
Tag 76 // Tag 74
Tag 73 // Tag 71
Tag 70 // Tag 69
Tag 67 // Tag 62
Tag 61 // Tag 60
Tag 58 // Tag 57
Tag 55 // Tag 54
Tag 53 // Tag 52
Tag 50 // Tag 49
Tag 48 // Tag 46
Tag 45 // Tag 44
Tag 43 // Tag 40
Tag 39 // Tag 38
Tag 37 // Tag 36
Tag 35 // Tag 32
Tag 30 // Tag 29
Tag 27 // Tag 23
Tag 22 // Tag 21
Tag 18 // Tag 17
Tag 16 // Tag 15
Tag 12 // Tag 11
Tag 9 // Tag 7
Tag 4 // Tag 3 // Tag 2
Dank

Tag 0 // Epilog

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By applepie1912

Tag 0

Diese Zeilen schreibe ich im Krankenhaus. Es geht mir schlecht. Das hier ist das Ende.

Also Mrs D. Da ich nicht mehr in der Lage sein werde, von meinem Tod zu berichten, spulen wir das Ganze ein Stück vor:

Ich werde wahrscheinlich in meinem Krankenhausbett liegen, vollgedröhnt mit Schmerzmitteln. Ich hoffe, Kyle ist bei mir. Und meine Familie und Nathalie und Logan. Und Mortem. Es ist ein schöner Gedanke, meinen letzten Atemzug meinen Liebsten zu schenken.

In meiner Fantasie malte ich es mir immer so aus, dass ein Film vor meinen Augen vorbeiziehen würde und mir all die glücklichen Momente noch einmal offenbaren würde. Wahrscheinlich sieht Mortem ihn mit mir zusammen.

Ich liege also hier in meinem Bett und projiziere diesen Film. Für Sie und für mich. Ich finde es schön, meine Geschichte mit den schönsten Momenten zu beenden.

Ich sehe also meine Kindheit. Wie mein Dad mir Fahrradfahren beibringt und mich vor Spinnen beschützt. Wie Mum mir Eis macht und mir Zöpfe flechtet.

Ich sehe meine Jugend und die Zeit mit Zoey und Bianca. Wie wir ein unbesiegbares Trio sind. Und dann sehe ich meinen Tumor. Es ist eine Wende in meiner Geschichte. Aber nicht immer bringen Veränderungen Schlechtes mit sich.

Denn als Nächstes sehe ich Kyle, Nathalie und Logan. Diese Menschen übernehmen den Großteil meines Todesfilmes. Ich sehe, wie ich Kyle im Kreativen Schreiben gegenübersitze und wie wir uns hassen. Ich sehe Nathalie, wie sie mir beim Kotzen zu schaut. Sie steht da an die Klotür gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt und betrachtet mich mit hochgezogenen Augenbrauen. Wow, ich weiß ja, dass die Schule echt scheiße ist, aber dass du sie buchstäblich zum Kotzen findest, ist echt 'ne krasse Nummer. Und dann zerrt sie mich zur Schulschwester und bringt mich anschließend nach Hause. Ab diesem Moment war ich sehr froh, eine Freundin gefunden zu haben. Du bist eigentlich ganz schön okay, Jo.

Ich sehe, wie ich Kyles Auto stehle und wie ich Logan kennen lerne. Ich sehe unsere wachsende Freundschaft.

Ich sehe, wie ich Nathalie aus meinem Leben aussperre und sie wegschicke, weil ich mir selbst nicht erlaubte, mich jemandem zu öffnen.

Ich sehe, wie ich Kyle in den Computerraum zerre und in zwinge mit mir meine Liste abzuarbeiten. Wie wir schließlich angeln fahren und diesen riesigen Fisch fangen.

Ich sehe Sie, Mrs Dickinson, wie sie mich zum Schreiben ermutigen.

Ich sehe mich bei meiner Therapeutin Dr. Della Bryson sitzen. Ich erzähle ihr von meinen Bedenken, den Leuten zu erzählen, dass ich sterben werde, aus Angst davor, wie sie mich dann ansehen könnten. Dr. Della Bryson fragt mich daraufhin, was ist, wenn sie mich nicht so ansehen. Ich höre mich verächtlich schnauben. Das werden sie.

Ich sehe, wie Nathalie und ich bei den Golden Girls sind und wie sie sich mit den Grannys streitet. Ich sehe Kyles kleine Schwester. Ich sehe, wie wir das Footballspiel gewinnen und auf Kyles Party tanzen. Ich kippe vor Kyle um und wir landen auf dem Dach, auf dem ich ihm alles erzählte. Ich werde sterben, Kyle. Und zwar schon sehr bald.

Ich sehe Mum, mit der ich bei Dr. Daniel Harper sitze und wie wir über das Hospiz reden. Ich sehe, wie die Menschen in der Schule über mich Bescheid wissen und wie tief verletzt Nathalie ist. Wie Kyle mich dazu auffordert, diese Geschichte aufzuschreiben. Mrs Dickinson meinte, auf dem Papier hätte ich tausend Leben und ich müsste nur damit beginnen, sie aufzuschreiben. Nur dass ich für tausend Leben keine Zeit habe. Also beginne ich ganz einfach mit meinem eigenen.

Ich sehe Logan und Maya und wie ich seinen Wingman spiele. Mehr oder weniger. Ich sehe Logan und mich, wie wir mit dem Auto fahren, während Nathalie auf der Rückbank schläft. Das Zuhause ist deine Konstante.

Schließlich sehe ich uns, wie wir im Kino sitzen mit unseren Ballkleidern, weil Nathalie weglaufen will. Ich sehe Kyle, Nathalie und Logan, die meine Eltern zu Hause bekochen und mich dann aus dem Haus schmuggeln, als ich eine Attacke habe und wie wir auf dem Dach tanzen. Ich sehe Kyle. Immer wieder Kyle. Und ich habe mich in dich verliebt.

Wie wir uns küssen und uns der Illusion hingeben, einfach nur zwei ganz normale Teenager zu sein, die den Sommer ihres Lebens haben. Ich sehe, wie wir im Regen tanzen und mit Nat und Logan den Roadtrip machen. Ich sehe uns auf dem Festival feiern. Ich sehe mich mit Nathalie und Logan durch die Schule tanzen.

Ich sehe die letzte Therapiestunde mit Dr. Della Bryson, ich sehe das Hospiz und wie ich Lucy kennenlerne.

Und dann sitzen wir wieder auf dem Dach. Das verfluchte Dach. Wir lachen und reden und ich hörte mich fragen: »Wenn das Leben an meinem Todestag an mir vorbeizieht, was werde ich dann sehen?«

Jetzt wusste ich es. Jetzt hatte ich die Antwort. Ich würde ein glückliches Leben sehen.

Ein ganzes Leben in 100 Tagen.

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Epilog

Zwei Tage später starb Jo. Sie starb mitten am Tag. Die Sonne schien und die Kinder spielten sorgenlos im Park. Sie alle bemerkten nicht, dass gerade ein wunderbares Mädchen von uns ging. Keiner tat das. Auch ich nicht. Ich erfuhr es erst, als ihre Mum mich anrief und mir unter Tränen alles berichtete. Danach musste ich mich setzen. Ich starrte auf den Weg vor mir und dachte an gar nichts.

Die Welt hört nicht auf, sich zu drehen, wenn jemand stirbt. Würde sie das tun, stünde sie schon längst still. Aber in diesem Moment auf der Parkbank setzte meine Welt aus. Denn sie hatte jemand sehr Wichtiges verloren.

Eine Woche später ging ich in die Schule. Heute war der letzte Tag vor den Ferien und alle waren damit beschäftigt, sich über Camps auszutauschen oder ihre letzten Arbeiten einzusammeln. Ich dagegen musste meinen Spind noch leerräumen.

Nathalie und Logan kamen mir auf dem Flur entgegen. Nat fiel mir um den Hals, Tränen schimmerten in ihren Augen. Logan klopfte mir mit trauriger Miene auf die Schulter. Auch wenn Jo jetzt fort war, sie hatte mir zwei wunderbare Freunde geschenkt.

Während ich schließlich mein Schließfach entrümpelte, kam Mrs Dickinson zu mir. Sie lächelte kurz und hielt mir dann ein Ringbuch entgegen.

»Sie war ein gutes Mädchen«, sagte sie und atmete tief durch. Ich schluckte schwer, meine Kehle schnürte sich zusammen. »Sie hat mir diese Zeilen in ihren letzten Tagen geschickt. Eure Geschichte ist traurig und eigen und ganz wundervoll. Ich habe nichts mehr hinzuzufügen und deshalb habe ich mir die Freiheit genommen, sie binden zu lassen. Du solltest sie an einen Verlag schicken.« Mrs Dickinson nickte bestimmt und sah mir fest in die Augen. »Sorg dafür, dass sie unsterblich wird.«

Als Mrs D. ging, starrte ich in meinen leeren Spind. Und als ich die Tür zu knallte, wusste ich, dass nichts mehr so sein würde wie vorher. Die Highschool war etwas Besonderes, aber diese Zeit war jetzt vorbei. Jo war weg und sie würde nie wiederkommen.

Ich sah auf das Ringbuch und wandte mich schließlich zum Gehen. Da fiel ein kleiner Zettel heraus. Ich erkannte die Handschrift von Mrs Dickinson. Ihre Letzten Worte.

Das waren Jos letzten Worte. Das war Jos Vermächtnis für die Nachwelt. Aber warum hatte sie Letzte Worte großgeschrieben?

Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Unsere letzten Worte. Die Aufgabe von Mrs D. Die Aufgabe, die sie aushängen wollte. Ich rannte schon fast zum Klassenzimmer für Kreatives Schreiben. Ich lief die Wand ab und suchte bei den Aushängen nach Jos Namen. Und als ich ihn fand, stockte ich. Die Erinnerungen prasselten auf mich ein und ich wurde auch etwas traurig. Dies war kein Ort, an den ich zurückkehren würde. Ich holte tief Luft und las ihren letzten Aufsatz.

Jos letzte Worte

Früher kannte man mich unter Jolina. Ich war lustig, beliebt und lebensfroh. Dann wurde ich zu Jo. Ich bin krank, sterbenskrank - was die meisten von euch wissen. In meinen letzten Tagen habe ich viel gelernt. Und selbst wenn ich bald nicht mehr hier sein werde, möchte ich euch mein Wissen mitgeben.

Haltet einen Moment inne. Stoppt in dem, was ihr tut und fragt euch: Was wäre, wenn ich jetzt tot umfalle? Was habe ich dann schon alles erreicht? Sind die Dinge, über die ich mich aufrege, wirklich so wichtig? Habe ich überhaupt schon gelebt? Fehler gemacht, Erinnerungen gesammelt?

Ich musste mich mit diesen Fragen auseinandersetzen. Und ich wette, auch ihr werdet auf all diese Fragen keine guten Antworten finden.

Und dann fragt euch: Was möchte ich noch erleben? Wenn Geld, Zeit und Grenzen keine Rolle spielen, was will ich dann noch tun?

Ich mag tot sein, aber ich habe eine letzte Aufgabe für euch: 100 Tage und eine Liste.

Nehmt euch 100 Tage für all die Dinge, die warten konnten. Für die Dinge, für die ihr zu geizig wart oder keine Begleitung hattet. Die zu verrückt waren oder ein zu hohes Risiko hatten. Die euch Angst gemacht haben und weswegen ihr schlussendlich gekniffen habt. All die Dinge, die euren Alltag sprengen und deren Bruchstücke sich dann zu wunderschönen Erinnerungen und Erfahrungen zusammensetzen.

Und dann hakt ihr eure Liste ab. Jeden einzelnen Punkt.

Ihr müsst mutig sein. Mutig, Chancen zu ergreifen und für diese zu kämpfen. Mutig, anders zu sein. Mutig, euren Ängsten ins Auge zu blicken. Mutig, Veränderungen zu akzeptieren. Seid mutig, zu leben.

Wenn man dem Tod ins Auge blickt, weiß man, wie man zu leben hat. Und deshalb habe ich keine letzten Worte für euch. Nur folgenden Rat:

Lebt.

Als ich in meinem Auto saß, knallte ich das Skript auf die Rückbank. Meine Hände zitterten, obwohl draußen sommerliche Hitze herrschte. Ich wusste nicht, wohin ich jetzt fahren sollte, ich wusste nur, dass ich einen bestimmten Song brauchte. Ich klappte beide Sonnenblenden herunter, auf der Suche nach meiner Lieblings-CD. Dabei fiel ein Polaroidfoto herunter. Verwundert hob ich es auf. Es zeigte Jo und mich nach dem Angeln. Mit dem Fisch, den sie gefangen hatte, stand ich da und strahlte in die Kamera. Sie dagegen klammerte sich an der Angel fest und sah nicht ganz überzeugt aus. Ich strich über das Foto und obwohl mir Tränen über die Wangen liefen, musste ich unwillkürlich lachen.

Ich klemmte das Foto an meine Sonnenblende, die ich unten ließ, stellte meinen Song ein und fuhr los. Es war, als wäre es erst gestern, als Jo neben mir auf dem Sitz saß und laut mitsang. Ich konnte ihre Silhouette schon fast neben mir auf dem Sitz sehen. Es war, als wäre sie hier.

Während ich fuhr, sah ich kurz zurück zum Manuskript, das auf der Rückbank hin und her rutschte. Ich war fest entschlossen, es verlegen zu lassen. Ihr Leben steckt zwischen diesen Zeilen. Jetzt ist das Buch zu Ende, aber Jo wird noch nicht gehen. Sie wird nie mehr gehen. Wann immer jemand dieses Buch aufschlägt und zu lesen beginnt, wird eintauchen in die Welt von Jo. Vielleicht wird sie ihm das wirkliche Leben zeigen, ihn zum Nachdenken bringen. Vielleicht begleitet sie ihn aber auch nur bis zur dritten Seite. Das liegt nicht bei ihr.

Jo wird immer da sein und darauf warten, jemanden von der wahren Welt zu überzeugen. Und selbst wenn irgendwann niemand mehr diese Geschichte zur Hand nimmt, wird sie weiterleben. Jeder wird an sie denken, wenn er sein Leben umkrempeln will oder gar wird oder seinen Kindern genau darüber einen Vortrag hält. Sie wird in mir weiterleben.

Wenn man ein Schreiber ist, dann kann man niemals sterben.

Und Jo war ein Schreiber.

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