behind the screen

By 07nia11

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Tessas Leben ist alles andere als ein Traum. Ihr Vater trinkt und schlägt sie und ihre Stiefmutter behandelt... More

Verlosung!
Behind the Screen wird veröffentlicht!
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50 ★☆
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Kapitel 82
Kapitel 84
Kapitel 85
Kapitel 86
Kapitel 87
Dankessagung
Zusatzkapiteeeeeeel
Zusatzkapitel (dieses Mal wirklich)
Zusatzkapitel 2
Veröffentlichungen und Co.

Kapitel 83

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By 07nia11

Kennt ihr das, wenn ihr euch nicht sicher seit, ob etwas wirklich geschehen ist, oder ihr es nur geträumt habt?
Als ich das zweite Mal meine Augen aufschlug, kam es mir so vor, als hätte mein ganzes Leben nur geträumt. Ein einziger langer Albtraum.

Mein Kopf war ganz schwer und taub und das helle Licht, welches durch ein Fenster herein fiel, schmerzte in den Augen. Ein kehliges Stöhnen entring sich mir und schien dabei meinen Hals in Flammen zu setzen.
Zittrig kroch meine Hand zu meiner Kehle hoch und legte sich kalt um sie.
Verdammt, ich hoffte das hier gehörte noch zu dem Albtraum dazu.

"Ich glaube sie ist wieder wach."
Selbst wenn ich Ciaras Stimme nicht sofort erkannt hätte, bezweifelte ich, dass ich es geschafft hätte mich auch nur aufzusetzen. Ich wollte einfach nur liegen bleiben und vielleicht in Ohnmacht fallen. Ja, das hörte sich entspannend an.
War ich wirklich durchs Krankenhaus gelaufen oder hatte das alles nur in meinem Kopf stattgefunden?
So wie ich mich momentan fühlte konnte ich mir nur schwer vorstellen auch nur aufs Klo zu gehen.

Stühle wurden mit leisem Scharben zurückgeschoben und ich zauberte mein bestmögliches Lächeln aufs Gesicht, während Ciara dicht gefolgt von... Dyan in mein Blickfeld kamen.
Beinahe wäre mir mein Gesichtsausdruck entglitten.

Tiefe Augenringe schmückten die Augen der Geschwister,bei Dyan noch von einem Bartschatten unterstützt. Dazu schienen ihre Haare schon länger keine Haarbürste mehr gesehen zu haben, so wie sie in alle Richtungen abstanden und um die flauschigen Jogginghosen beneidete ich sie schon fast, auch wenn es so aussah, als wären die beiden Junkies, die aus einem verdreckten Loch von einer Gasse gekrochen waren.
Trotzdem konnte man bei Ciaras herzlichen Blick meinen, dass ihr nicht einmal klar war, wie sie aussah.

"Hey Süße". Ihr Lächeln war so vorsichtig, als könne sie mich mit einem Gefühlsausbruch zerbrechen und Dyans Gesicht war versteinert, als würde er sich selbst das nicht trauen.
Okay, um mich hatte es wohl schlimmer gestanden, als ich bisher angenommen hatte.

Ein schwaches Frösteln fuhr durch meinen Körper und ich versuchte irgendwie mit meiner freien Hand, dessen dazugehöriger Arm unter meinem Körper eingeklemmt war, den Saum der Decke ein Stück höher zu ziehen. Doch als bei dem Versuch schmerzhaft durch meine rechte Seite zog, hielt ich zischend inne.
Mit einer ungeschickten Bewegung befreite ich meinen Arm, wobei es mich noch einmal schmerzhaft durchfuhr, und schlang ihn dann ganz fest um meine Mitte, als könne er verhindern, dass ich auseinander falle. Ich konnte das Pochen meines Herzens in der Magengrube spüren.
Augenblicklich tauchten Hände auf, die für mich die Decke hochzogen und ich öffnete gequält lächelnd die Augen, welche ich wohl im Schmerz zusammen gekniffen hatte.
"Danke", krächzte meine Stimme und versagte prompt, teils durch einen Hustenanfall, teils durch Dyans Kopf, der über meinem schwebte.

Aber mein Verstand wurde schnell von diesem sexy drei Tage Bart abgelenkt, denn einmal angefangen mit dem Husten, schien mein Körper gar nicht mehr aufhören zu wollen, bis ich schon dachte, meine Luftröhre von innen umzustülpen. Gleichzeitig wurde ich dabei auch noch so stark durchgeschüttelt, dass das Stechen in meiner Seite immer schlimmer wurde, bis mein Oberkörper plötzlich angehoben und dann ein Glas Wasser an meine Lippen gedrückt wurde.
Ich versuchte den Kopf abzuwenden. Wie sollte ich denn auch trinken, während der Husten immer schlimmer wurde? Aber der Vollidiot mit dem Wasser gab nicht nach, bis ich mich eher daran verschluckte, als dass ich es absichtlich schluckte.
Trotzdem beruhigte es unglaublich schnell das Kratzen in meiner Kehle und sobald ich kurz nach Luft schnappen konnte nahm ich noch einen kräftigen Schluck und noch einen und noch einen, bis das Glas leer war und mein Herzschlag sich wieder beruhigt hatte.

Atemlos blickte ich ziellos in den Raum und wurde vorsichtig wieder runtergelassen.
Ich versuchte mich wieder auf die beiden Gesichter zu konzentrieren und schnitt eine Grimasse.
"Nochmals danke." Wirklich gesund hörte ich mich ja immer noch nicht an.
Geräuschvoll atmete Ciara aus, als müsste sie schwer an sich halten, und schüttelte frustriert den Kopf. "Das kommt nun Mal davon wenn man zwei Tage nach seiner OP meint durch die Gegend laufen zu müssen."
Hey! Gab es nicht irgendeine Regel, die besagt, dass man kranken Menschen keine vernichtenden Blicke zu werfen durfte?

Verlegen biss ich mir auf meine spröden Lippen. "Sorry?"
Ein frustriertes Seufzen plus Augenverdrehen waren die Antwort. "Jaja, wir wissen beide, dass es dir nicht Leid tut."
Also so wie ich mich momentan fühlte, fragte ich mich schon, was mich da geritten hatte.

Mein Blick glitt zu dem Jungen im Raum hinüber, der bisher noch nichts gesagt hatte. Obwohl, eigentlich wusste ich ziemlich genau, was mich angetrieben hatte.
Dyans Augen trafen auf meine und ich wandte schnell verlegen den Kopf ab.

Verdammt. Wenn ich hier raus war, musste ich mir Mal dringend Gedanken um diese Schmetterlinge machen. Und ja, selbst ich konnte mir nichts mehr vormachen. Wenn mein von einem Unfall benebeltes Ich sogar einzig und allein auf diesen Jungen fixiert war, gab es dazu nicht mehr viel zu sagen. Außer vielleicht, dass er der Bruder meiner besten Freundin war und Frauen wahrscheinlich öfter wechselte als seine Unterhose. Jaja, mein Leben war ja nicht schon kompliziert genug...

Mit weit aufgerissenen Augen schoss mein Kopf wieder zu den Geschwistern herum. "Warte Mal was?! Zwei Tage?! Dann ist es ja schon Montag! Wieso seit ihr nicht in der Schule?!"
Irgendwas stimmte hier gar nicht, so wie Ciara plötzlich meinem Blick auswich und nervös das Gewicht verlagerte.
Misstrauisch betrachtete ich sie aus schmalen Schlitzen.

"Um genau zu sein ist es sogar schon Mittwoch Morgen und wir waren die letzten Tage von der Schule freigestellt."
Ich war mir nicht sicher, was mich mehr umhaute. Dyans tiefer Bariton oder die Information, dass schon VERDAMMTE VIER TAGE vergangen waren?!
Auf jeden Fall brachte ich nicht mehr zusammen, als immer wieder ungläubig den Mund zu öffnen und ihn ohne einen Ton gesagt zu haben wieder zu schließen, sodass es still im Zimmer blieb.

Meine Güte, wenn ich schon so lange hier war und die beiden nicht einmal in die Schule gegangen waren, wusste inzwischen bestimmt die halbe Stadt bescheid, dass ich ich im Krankenhaus lag.
Übelkeit stieg in mir auf. Generell, wie viel wussten überhaupt die Leute? Meine Freunde?
Entsetzt entwich mir ein kleines Wimmern.

"Ähhm... also ich werde Mal deinen Arzt suchen. Der wird sich bestimmt mit dir unterhalten wollen. Und ich könnte jetzt auch wirklich einen Kaffee vertragen. Wollt ihr auch einen? Ach, ich bringe einfach ein paar Tassen mit. Der Kaffee aus der Cafeteria ist gar nicht schlecht. Aber um die Uhrzeit werden sich bestimmt viele einen Kaffee holen. Naja egal, wir haben ja Zeit." Immer weiter brabbelnd wich Ciara Stück für Stück zurück und strebte auf die Tür zu, während ich ihr immer noch nur baff hinterher schauen konnte.

"Also, bis gleich!" Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss und lies uns erneut in Stille zurück.

Ich blinzelte zwei Mal. "Ähm... okay..." Mit einem Räuspern versuchte ich die Panik aus meiner Stimme zu vertreiben. Trotzdem traute ich mich nicht in Dyans Gesicht zu blicken, aus Angst was ich dort wohl vorfinden würde. Er hatte so viel gesehen...
Ich betrachtete meine strähnigen Haare, die sich um meinen Kopf türmten.

"Es tut mir Leid." Irritiert schnellte mein Blick zu diesen unglaublich tiefen Augen, bevor ich ihn wieder unter Kontrolle hatte.

"Was redest du da. Mir sollte es Leid tun, dass ich euch so viele Umstände gemacht habe." Nur noch aus dem Augenwinkel bekam ich mit, wie ein Schatten über sein Gesicht huschte, als ich den Kopf schon wieder wegdrehte. Mir fehlte der Mut, mich ihm offen zu stellen. Dafür war sein Einfluss zu stark auf mich. Dafür hatte er zu tief in mich hinein gesehen.

Mein Gott, reiß dich zusammen Tessa!

"Sag das nie wieder." Die Härte in seiner Stimme stoppte sofort den Vortrag über Selbstkontrolle, den ich mir innerlich selbst gab. Meine Finger krallten sich in die Decke.
"Ich will dass du mir sofort versprichst, so etwas nie wieder zu sagen, klar?!"
Reflexartig verspannte ich mich bei dem harschen Ton und wollte im Bett von ihm weg rücken, doch der bestimmte Druck an meinem Kinn zwang mich ihn direkt anzusehen.
"Ich will nicht hören, dass du dich als Ballast ansiehst. Dein Vater war ein Spast. Ein kleines mieses Stück Dreck, der nicht die Eier in der Hose hatte die Schönheit seiner Tochter zu erkennen. Aber ich tue das. Okay, zugegeben, ich war selbst lange genug ein Arschloch, aber inzwischen bin ich schlauer. Durch dich. Und selbst wenn ich das ganze Schuljahr wiederholen oder dir in der Weltgeschichte hinterherreisen müsste, das wären keine Umstände."
Mir blieb das Herz stehen, dann schlug es doppelt so schnell weiter.
Meine Augen brannten und ich entriss ihm mein Kinn, auch wenn die heftige Bewegung in meinem Körper schmerzte.
Er wusste alles. Oh mein... es stellten sich mir alle Haare auf. Ich musste hier raus! Ich musste weg von ihm! Wussten es auch die anderen? Niemals hätte er das erfahren dürfen...

Bist du denn vollkommen gehirnamputiert?! Hast du nicht gehört was er sonst noch gesagt hat? Lass dein Vater nicht dein ganzes Leben bestimmen! Er hat dir schon genug zerstört. Es dreht sich nicht alles um ihn. Es geht um dich! Und momentan geht es um dich und diesen schnuckeligen Typ der dir gerade sein Herz vor die Füße gelegt hat!

"Tessa, bitte sieh mich an!"

Die ersten Tränen kullerten mir über die Wangen, während alles in meinem Kopf durcheinander wirbelte. Ich wollte nicht, dass jemand so viel über mich wusste. Jetzt stand nichts mehr unter meiner Macht. Ich hatte den letzten Rest Kontrolle abgegeben.
Gott, mir entglitt alles...

"Du bist zu mir gekommen. Praktisch in meine Arme gefallen. Ciara hat mir erzählt, wie du immer zu meinen Namen gewimmert hast. Jetzt lass mich auch für dich da sein! Lass mich an dich ran!"

"Wieso solltest du das noch wollen?!" Man konnte nicht mehr sagen, dass ich wie ein menschliches Wesen sprach. Es war eher etwas zwischen kreischen, wimmern und schreien, dass sich immer höher schraubte.
"Wer will schon in meine Nähe? Ich bin so schmutzig. Ich fühle mich so schmutzig! Keiner hätte das wissen sollen." Irre huschten meine Augen durch den Raum.

"Jetzt wissen wir es aber!" Erneut wurde mein Kinn gepackt. "ICH weiß es! Und ich würde es auch nicht anders wollen. Ich will dich kennen, ich will dich beschützen, ich... ich will dich an meiner Seite, immer!"

Alles in mir erstarrte.

Dyan drehte meinen Kopf zu ihm.
"Vielleicht willst du das zwar nicht, aber ich werde dich nicht gehen lassen. Du bleibst bei mir! Und wenn du doch nicht... mehr willst ist das auch okay! Aber ich werde nicht aufgeben. Ich werde einfach so lange an deiner Seite bleiben, bis du es akzeptierst."
Ich hätte ihm kein Wort geglaubt. Hätte ich nicht direkt in seine Augen gesehen, ich hätte ihm nicht geglaubt. Aber, verdammt, wie sollte man diesen Augen nicht vertrauen?

Meine blassen schmalen Finger umschlossen seine Handgelenke und ich sah, wie kurz Unsicherheit in seinem Gesicht aufblitzte, als befürchtete er ich würde ihn wegstoßen. Und für einen kurzen Moment überlegte ich das auch. Es war so viel leichter niemanden an sich heran zu lassen, als sich wirklich mit Gefühlen auseinander zu setzen. Ich schuldete niemandem etwas, ich musste auf niemanden achten. Doch jetzt gerade war etwas anderes noch viel leichter.

Den Schmerz ignorierend, zog ich mich hoch bis ich seine Lippen erreichte, und drückte meine auf seine.

Es dauerte keinen Bruchteil einer Sekunde, da lies er sich schon auf meinen Kuss ein und umschloss mein Gesicht mit seinen warmen Händen.
In mir war ein solches Durcheinander, dass ich nicht einmal fassen konnte, was hier geschah. Aber ich spürte, dass es richtig war. Dass es das war, was ich wollte und brauchte.

Schließlich unterbrach ich unseren kurzen Kuss mit einem erstickten Auflachen. "Also ich würde das zwar liebend gern noch Stunden weiter machen, aber ich habe das Gefühl, als würde gleich die Naht aufreißen. Oh man! Wie habe ich es denn bitteschön geschafft bei diesen Schmerzen zu dir zu laufen. Und verstehe das jetzt bitte nicht falsch, ich würde für dich vieles auf mich nehmen, aber selbst ein Halbgott würde das nicht schaffen..." Dyan unterbrach mich mit einem weiteren Kuss und ich konnte gar nicht anders als zu lächeln, so richtig fühlte sich das an.
Doch anstatt den Kuss wieder zu beenden und auf meinen Zustand Rücksicht zu nehmen, vertiefte Dyan ihn noch und strich immer wieder auffordernd mit der Zunge über meine Unterlippe, bis ich nachgab und den Mund öffnete.
Ab diesem Punkt war jeglicher Schmerz vergessen.
Ich war so versunken in Dyan und dieses neue und doch schon so vertraute Kribbeln zwischen uns, dass mir gar nicht auffiel, wie er sich immer weiter über mich beugte, sodass mein Kopf schließlich wieder auf dem Kopfkissen ruhte.

Als er sich schließlich doch wieder von mir löste, war ich völlig atemlos und wusste nicht mehr wo unten und oben war.
"Ich bin so froh, dass du das alles überstanden hast."
Seine raue Stimme jagte mir einen Schauder über den Rücken, während Dyan seine Stirn an meine legte und kleine Kreise mit seinen Daumen auf meine Wange bis runter zu meinen Mundwinkeln zog.
"Danke, dass du hier bist."
Geborgen schloss ich meine Augen und genoss es einfach, Dyan so nah bei mir zu haben. Ich weiß nicht, wann das das letzte Mal der Fall gewesen war. Aber so sicher hatte ich mich stets in den Armen meiner Mutter gefühlt.
Zu Hause.

Erschrocken drehte ich den Kopf weg, als die Tür plötzlich geöffnet wurde und der Lärm vom Gang ins Zimmer eindrang. Einige Sekunden später, wurde sie hinter Ciara und zwei Ärzten wieder geschlossen.
Peinlich berührt lief ich rot an, als mir auffiel, dass Dyan sich nicht die Mühe gemacht hatte, sich wieder ordentlich aufzurichten und immer noch weit über mich gebeugt da stand. Zusammen mit meinem verwuscheltem Aussehen, auch wenn das eher von den Tagen ohne Dusche oder sonstigem stammte, gaben wir wahrscheinlich ein ziemlich eindeutiges Bild ab.
Den Blick der Ärzte und vor allem Ciaras nur zu deutlich bewusst, drückte ich Dyans Schulter so fest wie ich es in der liegenden Position hinbekam weg, um sein Oberkörper nach oben zu schieben.
Bei diesem Muskelklotz konnte man sich meinen Erfolg ja vorstellen. Schließlich gab er aber doch nach und richtete sich genüsslich langsam auf, nicht ohne mir noch einen bedeutungsvollen Blick zu zuwerfen.
Mein Gesicht wurde noch heißer. Na dankeschön.

"Ähm.. äh guten Tag." Überzeugender hätte ich den Gruß auch nicht mehr hervorbringen können, aber wenigstes beendete er trotzdem die peinliche Situation, indem er wieder Leben in den Raum brachte.
Der ältere Arzt der beiden räusperte sich und trat auf das Krankenbett zu.
"Guten Morgen, Miss Anderson. Schön sie mal, nun ja, bei vollem Bewusstsein kennen zu lernen."
Seine Augen wanderten kurz zu Dyan, den ich, wenn ich den Arzt anschaute nur noch aus dem Augenwinkel sah, und seine Augenbraue zog sich kritisierend nach oben.
So langsam befand sich wohl all mein Blut in meinem Kopf.

"Freut mich auch", fiepte ich und erlangte damit wieder seine volle Aufmerksamkeit. Unter dem wachsamen Blick der drei, traute ich mich nicht mal auch nur den Kopf einen Millimeter in Dyans Richtung zu drehen.

"Nun ja, wie geht es Ihnen? Sind Ihre Scherzen erträglich? Wir haben Ihre Schmerzmitteldosis über die Nacht reduziert, daher sollten Sie etwas klarer sein als das letzte Mal."
Ich beobachtete den zweiten Arzt, wie er ein Brett an das mehrere Blätter geklemmt waren aus einem Fach, das an das Bett anmontiert war, nahm.
"Äh, es ist etwas unangenehm sobald ich mich bewege, aber völlig in Ordnung, danke der Nachfrage."
Mein Blick richtete sich wieder auf den Älteren und ich bekam noch gerade so mit, wie sich seine Mundwinkel zu einem kurzen Schmunzeln hoben.
"Das ist mein Job. Mein Name ist übrigens Dr. Havin. Ich habe ihre Operation geleitet und werde Sie weiter behandeln, bis Sie entlassen werden können.
Das neben mir ist Dr. Cardell, mein Assistenzarzt, er war ebenfalls bei Ihrer OP anwesend und steht Ihnen zur Verfügung, sollte ich gerade beschäftigt sein. Dr. Cardell, wie sehen die Werte der Patientin aus?"
Mir schwirrte etwas der Kopf von der kurzen Ansage, versuchte mir aber nicht anmerken zu lassen, dass es mir schon an diesem Punkt zu viel wurde. Eigentlich wäre es mir am liebsten, wenn die Ärzte wieder gehen würden. Ich wollte nicht darüber nachdenken, wie knapp es gewesen war oder dass ich noch länger im Krankenhaus bleiben musste.
Ein unangenehmer Druck breitete sich in meiner Brust aus.

"Alles Bestens, Doktor. Ms. Anderson scheint sich gut zu erholen."

Ich hatte keine Augen für das beruhigende Lächeln des Assistenzarztes, stattdessen kaute ich geistesabwesend auf meiner Unterlippe herum und starrte einen Punkt hinter der Schulter von Dr. Havin an. Ich hatte mich schon von vielen Verletzungen erholt.
"Das freut mich zu hören. Dürfte ich mir dann kurz die Nähte ansehen?"
Dyan musste mich anstumpen, um mich auf die Frage aufmerksam zu machen und ich schüttelte irritiert den Kopf.
"Äh... ja klar."

Für einen kurzen Moment betrachtete mich Dr. Havin aufmerksam, bevor er noch einen Schritt näher herantrat und nach dem Saum der Decke griff.
Reflexartig zuckte meine Hand, doch ich krallte sie ins Bettlaken, um sie an Ort und Stelle zu halten.
Der Arzt hielt in seiner Bewegung inne und warf mir wieder einen prüfenden Blick zu.
Ich merkte wie mir das Herz bis zum Hals schlug und fürchtete mich selbst vor der heftigen Verteidigungsreaktion meines Körpers. Aber... ich wollte einfach nicht angefasst werden.
"Wäre es Ihnen lieber, wenn Sie oder einer ihrer Freunde die Naht freilegen würde?"
Mir war es unangenehm, so verklemmt zu erscheinen, aber ich hatte die letzten Jahre alle Blutergüsse, Schrammen und Prellungen verborgen und sie nicht vor versammelter Mannschaft gezeigt. Das hier war so... seltsam.
"Wenn... wenn es ok wäre würde ich es gerne selbst machen."
Ohne zu zögern nickte Dr. Havin und trat wieder einen Schritt zurück, um mir meinen Freiraum zu geben.
Entschlossen runzelte ich die Stirn und wagte es nun doch, mich Dyan zu zuwenden.
"Kann man das Kopfende irgendwie hochfahren?" In meinem Bauch kribbelte es nervös.
Anstatt zu antworten drückte er auf einer kleinen Fernbedienung, die auf einer Ablage auf seiner Seite des Bettes lag und mir bisher noch gar nicht aufgefallen war, und das Bettende fuhr langsam nach oben, bis ich fast aufrecht saß.

Zitternd stieß ich den Atem aus und löste unter Aufgebot all meiner Selbstdisziplin die Finger aus dem Laken.
Ich wollte das nicht.
Ich wollte mich nicht vor diesen Ärzten so verletzlich zeigen. Ich wollte selbst nicht die Wunden sehen, die Narben, die bleiben würden. Und ich wollte nicht, dass Ciara und Dyan das sahen. Schon klar, vorspielen konnte ich wohl keinem mehr etwas. Aber das volle Ausmaß konnte niemandem bewusst sein. Und das SOLLTE es auch nicht!

Unsicher schwebte meine Hand über der Decke. Aus dem Augenwinkel versuchte ich einen Blick auf die Gesichter der Ärzte zu erhaschen, doch ich war zu unruhig, um irgendetwas zu erkennen.
Würden sie es akzeptieren, wenn ich ihnen die Untersuchung verweigern würde?

Lass endlich los. Diese Leute wollen dir helfen, kannst du das nicht zu lassen?

Ich brauchte aber bisher noch nie Hilfe! Ich schaffe es allein zu überleben, ich habe bisher alles bewältigt, was auch immer mir vor die Füße geworfen worden war. Weshalb sollte ich das jetzt ändern?

Weil sich schon längst alle geändert hat! Du hast dich gegen deinen Vater gewehrt. Du hast nicht stillschweigend hingenommen was er dir angetan hat. Weil du wieder etwas von Bedeutung hattest, hast!

Bilder flackerten vor meinen Augen auf. Schläge die ich pariert hatte, einzelne Gedanken, die mich angetrieben hatten.

Mit einem einzigen Ruck zog ich die Decke von mir herunter, die Übelkeit unterdrückend, die in mir aufstieg.
Keine zurück mehr...

Mein Körper war nur von einem dieser ekligen Krankenhaushemden umhüllt, sodass man den Stoff leicht nach oben schieben konnte, bis eine gerötete Naht an meinem Oberschenkel enthüllt wurde.
Ich konnte mich noch zu gut an die Scherbe erinnern, die in meinem Fleisch gesteckt hatte.
Angestrengt schluckte ich den Kloß in meinem Hals hinunter.

"Wir konnten die Scherbe ohne große Probleme entfernen. Sie hatte keine wichtigen Gefäße beschädigt, auch wenn Sie viel Blut verloren hatten."

Taub nickte ich während mein Blick an der Daumen langen Naht hängen blieb.
Wie viel hatte wohl gefehlt, um die Oberschenkelaterie zu durchtrennen? Wie knapp hatte mein Vater davor gestanden, mich umzubringen?

Ein Räuspern riss mich aus meinen Gedanken, doch ich machte mir nicht die Mühe mich zu Dr. Havin umzudrehen.

"Wenn Sie nun bitte ihren Bauch entblößen könnten? Wir mussten einige Blutungen in ihrem Bauchraum stoppen, die wohl bei dem Autounfall entstanden sind."

Da wäre ich mir nicht so sicher. Vielleicht hatte mich Vater auch in den Magen getroffen, während unseres Kampfes, oder der Wurf hatte dafür gesorgt.
Ein schwerer Stein legte sich in meinen Magen, doch ich gehorchte und schob den Stoff noch höher und höher, sodass zuerst eine weiße Baumwollunterhose und schließlich eine weitere Naht von meinem rechten Hüftknochen quer über den Bauch sichtbar wurde.

Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen.
Oh mein Gott. Dieser Schnitt war so lang. So... so...
Es brannte gefährlich in meinen Augen.

"Es tut mir Leid, Ms. Anderson, aber nun müsste ich sie doch kurz anfassen. Wir müssen überprüfen, ob alles auch wirklich so verheilt, wie es soll."

Meine Hand zitterte heftig, als ich sie an meinen Mund hob.
Die Augen konnte ich nicht von der feinen Naht nehmen und die Vorstellung von dem klaffendem Loch, das sie zusammenhielt, nicht vertreiben.
Meine Unterlippe bebte. Die erste Träne löste sich aus meinen Augen und floss langsam meine Wange hinunter.

"Machen Sie was nötig ist, Doktor."
Meine Stimme klang erstaunlich fest, für die dunkle Schlucht, in die ich zu fallen schien.

Sanft wurde die nächste Träne von einem Finger abgefangen und ich wendete mich seltsam stumpf Dyan zu, der mich aus dunklen Augen musterte.
"Mir tut es so leid, Tessa. Alles was du durchstehen musstest. Es tut mir so Leid."

Seine Worte erfüllten mich nicht mit Dankbarkeit, sie waren hohl, auch wenn ich die Absicht hinter ihnen zu schätzen wusste.
Trotzig straffte ich die Schultern.

"Ich tue mir nicht Leid. Mir tut mein Papa Leid. Mir tut die gute Seele Leid, die zu diesem Monster wurde und mir tut es Leid, was auf diesen gebrochenen Mann noch zukommen wird.
Dyan, kannst du bitte die Polizei anrufen. Ich will Jonah Tobias Anderson anklagen."

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