behind the screen

By 07nia11

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Tessas Leben ist alles andere als ein Traum. Ihr Vater trinkt und schlägt sie und ihre Stiefmutter behandelt... More

Verlosung!
Behind the Screen wird veröffentlicht!
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50 ★☆
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 82
Kapitel 83
Kapitel 84
Kapitel 85
Kapitel 86
Kapitel 87
Dankessagung
Zusatzkapiteeeeeeel
Zusatzkapitel (dieses Mal wirklich)
Zusatzkapitel 2
Veröffentlichungen und Co.

Kapitel 81

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By 07nia11

Dyans Sicht

Tatsächlich hatte ich nicht erwartet, dass es eine so große Erleichterung sein würde, meine Mutter hier zu haben. Doch als der Polizist uns nach der Anklage gefragt hatte, war mir das Ganze zu viel geworden. Ich wollte nicht etwas tun, dessen Folgen mir nicht mal bewusst waren, zudem hätte es sicherlich auch nicht mehr lange gedauert, bis unsere Mom entweder Ciara oder mich angerufen hätte, um zu fragen ob etwas passiert sei oder wo wir uns so spät noch aufhielten. Ja, wenn meine Mutter mal zu Hause war konnte sie wirklich sehr aufdringlich sein, vor allem wenn sie Schwierigkeiten witterte.

Während wir fast drei Stunden auf weitere Informationen über Tessa gewartet hatten, musste ich ihr erstmal alles bis ins kleinste Detail erzählen und dass sie bei jedem meiner Worte ein Jahr zu altern schien, hatte mir nur wenig dabei geholfen, meine eigene Angst im Zaum zu halten.
Ich hasste warten. Ich war ein Mensch der handelte,  seine Probleme in die Hand nahm und das beste daraus machte. Aber hier ruhig herumzusitzen, meinen Freunden dabei zu zusehen, wie ihnen nacheinander erschöpft die Augen zu vielen und meinen Gedanken ausgeliefert zu sein, war ungefähr so quälend, wie meine Hand ins Feuer zu halten und nicht zurückzuziehen.

Dass Tessa das hier nicht überstehen könnte hatte ich für mich ausgeschlossen. Wenn ich diese Option erst gar nicht in meinem Kopf zu lies, dann würde es auch nicht dazu kommen.
Aber das alles hier war deswegen trotzdem noch geschehen.
Mir war es kaum möglich nicht in eine Panikattacke auszubrechen, wie sollte ich da diese nagende Angst je wieder vergessen?
Mir fiel es schon jetzt schwer, Tessas Vater nicht einmal zu zeigen, wie es war das Opfer zu sein, wie sollte ich mich dann erst beherrschen, wenn ich die ganze Geschichte kannte?
Wie konnte ich Tessa ja wieder auch nur für eine Sekunde aus den Augen lassen, nachdem ich sie so gesehen hatte?

Ich war noch immer schwer verwundert darüber, wie rapide sich meine Ansichten in den letzten zwei Wochen verändert hatten, aber im Vergleich zu den letzten Stunden war das noch gar nichts.
Mir war gar nicht klar gewesen, was Angst alles bewirken konnte. Oder wie schnell man doch alles verlieren konnte.

Wie schwerelos fühlte sich mein Arm an, als ich meine Hand auf die meiner Mutter legte. Überrascht schaute sie zu mir rüber und ich entgegnete ihren Blick mit vollem Ernst. "Danke, dass du hier bist, Mom.  Ohne dich hätte ich das hier nicht geschafft."
Ich schluckte schwer und drehte mich wieder nach vorne. Doch meine Mutter musterte mich weiterhin von der Seite und auch ohne ihr Gesicht zu sehen, wusste ich wie traurig sie war.

"Ich weiß, wie es ist um eine Freundin zu bangen. Da braucht jeder eine stützende Hand."
Ihre Hand drehte sich unter meiner, bis sich ihre Finger mit meinen verflechten konnten.
"Und ich weiß auch wie tief die Freundschaft mit einer Anderson Frau geht."

Ich wagte es nicht, nachzufragen oder mich wieder ihr zu zu wenden, aber ich hoffte sie würde weiter sprechen, mich ablenken bevor ich verrückt wurde.

"Tessas Mutter und ich waren ungefähr im gleichen Alter,als ich euren Vater und sie Tessas Vater heiratete und es dauerte natürlich nicht lange, bis wir uns auf einem Geschäftsessen trafen." Ihr leises Lachen erschien viel zu laut in dem bedrückenden Wartezimmer, doch es war trotzdem schön mal wieder einen fröhlichen Laut zu hören, nach der Ewigkeit der letzten Stunden.

"Erika und ich fühlten uns in Mitten der Anzugträger und Nobeldamen gleichermaßen verloren, auch wenn unsere schicken Abendkleider darüber hinwegtäuschen sollten, da war es wirklich schön eine Gleichgesinnte zu treffen. Keiner dieser abgehobenen, aufgesetzten Frauen, sondern eine Normalsterbliche, die in das Ganze genauso unerwartet hineingerutscht war wie ich.
Danach hoffte ich bei jeder weiteren Veranstaltung sie wieder zu treffen und ich wurde nur selten enttäuscht. Unsere Männer, eure Väter, schienen stets das Gleiche Interesse gehabt zu haben, sodass es nur eine Frage der Zeit gewesen war, bis sie sich als Rivalen gegenüberstanden. Ich glaube es ging damals um eine Lagerhalle, die beide für ihre Produktion haben wollten.
Doch zu dem Zeitpunkt hatten Erika und ich uns schon längst befreundet. Fast jeden Mittag waren wir zusammen einen Kaffee trinken oder sonst irgendwie zusammen unterwegs. Sie wurde sogar nur einige Monate nach mir schwanger!
Aber so starrköpfig wie Männer nun mal sind wollten eure Väter nicht, dass wir uns weiter trafen, nachdem sie sich wegen dieser dämlichen Lagerhalle in die Haare bekommen hatten. Zu oft schnappte der andere dem einen etwas weg oder brachte ein ähnliches Produkt auf den Markt. Es war wirklich zum Verrückt werden! Aber das war für uns stets etwas unter unseren Männern gewesen, das keinen Einfluss auf unsere Freundschaft hatte. Wahrscheinlich hatten wir beide zu wenig Geschäftssinn, um deswegen dem anderen böse zu werden. Euren Vätern ließen wir dabei erst gar keine Chance. Vielleicht konnten wir sie nicht dazu zwingen einander zu mögen, aber uns trennen konnten sie auch nicht. Wir trafen uns so oft wie es ging und nachdem du und Tessa auf der Welt wart hatten wir sogar noch mehr Gemeinsamkeiten. Ihr habt früher so oft miteinander gespielt, dass kannst du dir gar nicht vorstellen! Erst als ich dann noch mit Cara schwanger wurde, verkomplizierte sich das alles.
Am Anfang war es noch immer kein Problem aber irgendwann fing dein Vater an herumzuspinnen, er wolle nicht, dass seine Kinder einem so schlechten Einfluss ausgeliefert werden. Natürlich habe ich trotzdem versucht, euch mit zu den Treffen zu nehmen, aber sobald ich mit euch das Haus verlassen wollte, wurde ich von ihm aufgehalten, bis ich schließlich nachgab und mich viel seltener und nur noch ohne euch mit Erika traf.
Ihr wart damals noch viel zu klein, als dass du dich heute noch an sie erinnern könntest."

Meine Mutter seufzte, doch ich konnte nicht genau bestimmen, ob die Erinnerung mehr positive oder negative Gefühle in ihr hervorriefen.
Mich erstaunte es jedenfalls. Tessa und sollten Sandkastenfreunde sein? Noch skurriler konnte mein Leben nicht mehr werden.

"Mit den Jahren hat sich glücklicher Weise die Beziehung zwischen euren Vätern wieder gebessert. Sobald sich die Firmen in unterschiedliche Richtungen weiter entwickelt hatten, konnten die beiden wenigstens wieder zu zweit in einem Raum stehen. Aber nachdem du in deine Trotzphase gekommen warst, die hoffentlich bald mal vorbei ist", zwinkernd stupste sie mich in die Seite," habe ich es erst gar nicht mehr versucht, dich zu überreden mit mir zu kommen und schließlich... hatte Erika den Autounfall."
Moms Augenbrauen zogen sich über ihren glänzenden Augen zusammen.

"Kannst du dich an den Zeitungsbericht erinnern?" Bitter lachte sie auf. "Naja, was heißt hier einer, einen Monat lang stand es in jeder Zeitschrift der Region!
Wie Aasgeier haben sie sich auf die Beiden gestürzt, wochenlang haben sie keine Ruhe gefunden."
Leider konnte ich mich noch zu gut erinnern- auch wenn es mir damals vollkommen egal gewesen war.
Mom war wie ein Geist durch unser Haus geeilt, immer wieder stehen geblieben und spontan in Tränen ausgebrochen. Auch in der Schule war ein riesen Trubel gewesen. Der Direktor hatte extra eine Trauerfeier für die Andersons organisiert, doch nur Mr. Anderson war erschienen. Tessa hatte man erst Wochen später wieder in der Öffentlichkeit gesehen.

"Ich habe mich noch nie so einsam gefühlt, wie damals. Besonders die ersten Tage waren schlimm. Ich konnte gar nicht glauben, dass Erika einfach weg sein sollte! Richtig realisiert habe ich es erst, als ich ganze fünf Stunden in unserem Lieblingscafé auf sie gewartet hatte.
Man kann sich gar nicht vorstellen, dass diese Menschen, die wie ein Fels in der Brandung wirken, genauso vom Leben angreifbar sind wie wir.
Das hier durchzustehen ist für euch alle mehr als nur grausam", sie fasste mit einer ausladenden Handbewegung all meine Freunde ein. "Ihr seit noch so jung. Aber ich würde dir raten dir diesen Schmerz zu merken, er ist der deutlichste Beweis dafür, wie tief eure Verbindung zu einander ist."

Mir war schon etwas mulmig zu mute, so etwas mit meiner Mutter zu besprechen, aber die Worte wollten einfach aus mir heraus. Ich konnte sie nicht für mich behalten.
"Dass werde ich nicht. Dass KANN ich gar nicht. Tessa gehört zu uns, das steht fest."

Meine Mutter schenkte mir ein schiefes Lächeln und ich wandte mich schnell ab. Gott, war mir plötzlich  warm.

Um mich wieder etwas zu beruhigen konzentriere ich mich auf Ciara, die sich auf Marcos Schoß ausgestreckt hatte und sich die letzten Stunden etwas erholt hatte, gerade aber verschlafen die Augen öffnete.
Ihr schien noch nicht ganz bewusst zu sein, wo sie sich befand, denn ihr Blick huschte suchend durch den Raum, bis er schließlich an Marco hängen blieb.
Unwohl ließ ich meinen Blick weiter schweifen. Mir gefiel es nicht, dass ich anscheinend nicht mehr Ciaras Fixpunkt war, aber vielleicht gehörte das dazu.
Sie war nicht mehr meine Kleine. Sie begann sich selbstständig zu machen und das war gut! Auch wenn es mir missfiel.

Unbewusst hatte ich ein anderes Pärchen beobachtet. Sie waren bereits hier gewesen, als unsere Gruppe hereingekommen war und doch verharrten sie noch immer in genau der selben Haltung.
Der Mann drückte die Frau eng an seine Burst, beide den starren Blick in die Ferne gerichtet.
Ich würde sie auf 50 schätzen. Vielleicht etwas älter.
Vor zwei Stunden waren mir die anderen wartenden Leute aufgefallen. Wie sie alle auf die ein oder andere Weise genau das gleiche taten. Starr da sitzen sich mit dem 'was wenn...?' quälen. Wenn noch ein Partner dabei waren, dem anderen Trost spenden, soweit das denn überhaupt möglich war.
Auf wen warteten sie wohl alle? Die junge Frau in der hinteren Ecke vielleicht auf eine Freundin. Sie schaute sich schon seit dem sie hier war mit leerem Blick Fotos auf ihrem Handy an.
Die drei älteren Herren hinter uns vielleicht auf einen Verwandten. Sie hatten sich Geschichten aus ihrer Kindheit erzählt, was sie damals alles zusammen angestellt hatten.
Egal auf wen, sie durch litten gerade die gleiche Hölle wie wir und dafür verdiente jeder von ihnen einen Heldenorden.

Mein Kopf fuhr mit einem Ruck herum, als ich eine Bewegung an der Tür vernahm. So war es jedes Mal gewesen, wenn sich etwas in diesem Raum zu schnell für uns trauernde, zurückgebliebene Zombies bewegte und jedes Mal stockte mir der Atem, wenn es sich wirklich um einen Arzt handelte.
Hatte das Warten endlich ein Ende? Würde er uns sagen können wie es um Tessa stand? Alles in meinem Kopf wirbelte durcheinander. Mein Versprechen mir selbst gegenüber so viel Geduld zu haben, wie nötig sein würde. Meine Angst, meine Hoffnung, alles.
Fest krallten sich meine Hände um die Armlehnen und ich fragte mich, ob ich es schaffen würde Abdrücke im Holz zu hinterlassen. Bei den ernsten Schritten mit denen der Arzt den Raum durchquerte bestimmt.
Ich sollte mich beruhigen. Bestimmt würde er zu dem älteren Paar laufen. Sie warteten schon viel länger. Sie würden Gewissheit bekommen, dass es ihrem Liebsten gut ginge und vor Glück in Tränen ausbrechen. 

Doch der Arzt hielt auf uns zu.

Mir blieb die Luft weg.

Meine Mutter und ich erhoben uns gleichzeitig und ihre ruhige Präsenz neben mir gab mir die Kraft, nicht einfach auf den Arzt zu zurennen und ihn so lange zu schütteln, bis die gewünschten Informationen einfach aus ihm herauspurzelten.
Ich durfte jetzt keine Schwäche zeigen, ich musste der Fels in der Brandung sein, bis Tessa diesen Job wieder übernehmen konnte.
Mit all meinem Selbstbewusstsein und Mut blickte ich der unbestimmten Variable, dem Arzt dessen Worte alles kippen konnten, tapfer entgegen.

Er blieb vor uns stehen, die Hände locker herabhängend. Das war doch ein gutes Zeichen oder? Oder wurden Ärzte vielleicht trainiert, nicht anhand ihrer Körpersprache Rückschlüsse möglich zu machen? Ich hoffte es mal nicht.

"Sind sie die Angehörigen von Tessa Anderson?"

Seine Augen waren braun. Eine tiefe Farbe. Eine in der man versinken und sich der Realität entziehen konnte.
Steif hob und senkte sich mein Kopf. Ein müder Abklatsch eines Nickens.

"Gut. Sie ist jetzt aus der OP raus."
Zwischen seinen Worten schienen Ewigkeiten zu liegen. Ein nervöses Kribbeln fuhr mir den Arm herauf und mal wieder hätte ich alles dafür gegeben, bei Tessa sein zu können. Ihr zumindest körperlich zu vermitteln, dass sie nicht alleine war.
Konnte der Mann nicht mal schneller reden?

"Es hat lange gedauert und unsere Chirugen haben sehr gründlich arbeiten müssen, doch wir haben ihre Freundin wieder vollkommen zusammengeflickt."

Im ersten Moment erreichten nur Bruchstücke seiner Aussage mein Gehirn. Lange... Chirugen... zusammenflicken. Worte, die sich nicht schön anhörten.
Doch mit jeder Sekunde die mein Kopf arbeitete breitete sich das zögerliche Lächeln auf meinen Lippen weiter aus, bis es sich zu einem breiten Grinsen entwickelte.
Sie hatte es geschafft! Tessa hatte es geschafft!
Neben mir stieß Ciara ein langgezogenes Fiepen aus, als hätte sie sich so kurzfristig nicht entscheiden können, ob sie nun lieber schluchzen oder auflachen wolle und hätte sich einfach für etwas zwischen drin entschieden.
Ich konnte nicht anders, als weiterhin dümmlich zu grinsen. Ich blickte mich in unserer Runde um. Ob es ihnen gerade auch so vor kam, als würden sie einige Zentimeter über dem Boden schweben? Ich hatte das Gefühl in diesem Moment alles zu schaffen. Alles was noch kommen mochte, sobald ich Tessas Gesicht sehen würde, sie mich mit ihren grünen Augen anfunkeln und von mir aus mich für all die dummen, so dummen Worte verprügeln würde, bis ich mit ihr ein Krankenhauszimmer teilen musste, würde es mir keine Probleme mehr bereiten.
Sie hatte es geschafft.
Ich spürte wie sich ein Arm um meine Schulter schlang und lächelte in das strahlende Gesicht meiner Mutter, deren Augen zwar gefährlich glitzerten aber das Leuchten in ihnen glich das allemal wieder aus.

"Können wir zu ihr?" Die tiefe, belegte Stimme überraschte mich, zum einen weil sie nicht zu all den euphorischen Gefühlen passte, die mich überschwemmten, zum anderen weil sie Dan gehörte. Dan, der die Fäuste so fest geballt hielt, dass sie zitterten und dessen Augen trübe und verzweifelt wirkten.
Nicht weniger irritiert drehte sich nun auch der Arzt, welcher bisher zu meiner Mutter und mir gesprochen hatte, zu meinem Freund um.

"Äh, sie wird gerade in ein Zimmer verlegt und es wird sicherlich noch einige Stunden dauern, bis sie wieder erwacht. Bis dahin sind höchstens zwei Besucher erlaubt. Wer von Ihnen das ist, überlasse ich euch."
Der Arzt warf einen kurzen Blick auf seine Uhr, bevor er sich wieder meiner Mom zuwendete. "Wenn sie keine Fragen mehr haben, würde ich in einer Stunde wieder bei Ihnen vorbei schauen. Sollte bis dahin irgendwas passieren oder Ihnen doch noch etwas einfallen, dass Sie wissen möchten, können Sie einfach eine Schwester nach Dr. Santis schicken."

"Ich denke fürs Erste wissen wir alles, was von Bedeutung ist. Vielen Dank, für alles was sie getan haben." Mom lächelte aufrichtig dankbar, was der junge Herr noch mit einem Nicken wahrnahm, bevor er sich umdrehte und wieder aus dem Saal verschwand. Mir war klar, dass ihm dabei all die anderen Wartenden verzweifelt hinterher blickten. Für sie war die Folter noch nicht zu Ende.

Meine Kehle schnürte sich zusammen, als mir erneut mit aller Macht klar wurde, dass ich nun Gewissheit hatte. Ich musste keine Angst mehr haben, nicht mehr um Tessas Leben bangen. Sie würde wieder vollkommen Gesund werden.

Ergriffen und dankbar schloss ich die Augen.
Mein Herz pochte gleichmäßig und ruhig. Etwas dass es die letzten Stunden über nicht getan hatte. Alles würde gut werden.

"Ich will zu ihr." Die Stimme lies mich wieder die Augen öffnen und lenkte meine Konzentration, wie die aller anderer, erneut auf Dan.
Fiebrig huschte dessen Blick von Gesicht zu Gesicht, als müsse er uns alle gleichzeitig anschauen.
"Ich werde zu ihr gehen."

Verwundert runzelte ich die Stirn. "Lass ihr etwas Zeit. Eure Beziehung... ist immer noch etwas aufgewühlt. Sie sollte sich erstmal erholen. Dann könnt ihr alles klären."
Obwohl die Worte meiner Schwester vollkommen sachlich gehalten waren und sie sicherlich im Recht lag, verdunkelten sich Dans Augen augenblicklich und ich reagierte noch im gleichen Moment, als er sich in Bewegung setzte.

Ich bekam seine Arme zu packen und zog ihn mit einem heftigen Ruck rückwärts, bevor er Ciara mit seinem gesamten Körpergewicht tacklen konnte, obwohl er bei ihrem schnellen Ausfallschritt an Marcos Seite sie wahrscheinlich eh verfehlt hätte.

"Ihr werdet mich zu ihr lassen! Ihr kennt sie doch alle gar nicht! Nur ich weiß wer sie wirklich ist! Lass mich los!", Dans lautes Heulen war beängstigend, nicht mehr normal.
Mit zusammengepressten Lippen zog ich ihn enger an mich, um ihn besser unter Kontrolle halten zu können, doch Dan war nicht schwach. 
Ich spürte, wie meine Finger von seinem linken Arm abrutschten und versuchte schnell meinen Griff wieder zu verstärken. Aber Dan hatte den Schwachpunkt wohl gefühlt und entwand mir mit einer geschickten Drehung  sein Handgelenk.
Fluchend musste ich mich unter seiner wild schwingenden Faust ducken und reagierte aus alleinigem Instinkt, indem ich ihm schnell und präzise die Füße unter dem Körper wegzog.
Aufbrüllend kippte Dan um, zog den Kopf jedoch schnell genug ein, um nicht all zu hart mit ihm aufzuschlagen.

Schnell lies auch ich mich nach vorne fallen, sodass ich Dan, der bereits versuchte wieder auf die Beine zu kommen, mit meinem Körper am Boden festhielt.

"Beruhige dich Dan!" Mein Versuch zu ihm durchzudringen, ging in seinem Gebrüll unter.
"Ich gehe zu ihr! Lasst mich sofort zu ihr!"
Überfordert konnte ich nichts anderes tun, als ihn weiterhin still zu halten, während er sich mit aller Kraft versuchte aufzubäumen. Und Dan war stark. Wir hatten schon oft genug miteinander trainiert als dass ich das wusste.
Trotzdem schaffte er es mich zu überraschen, als er mit aller Macht gegen mich ankämpfte. Nur mit einem lauten Grunzen schaffte ich es ihn unten zuhalten.

Was war nur los mit ihm?!

Mir war zwar aufgefallen, dass er schon vorhin mitgenommen gewirkt hatte, aber dieser ausraster passte gar nicht zum Wesen meines Freundes. Wieso reagierte er nur so brutal?

Die Antwort fiel mir noch im selben Moment ein. Es ging um Tessa. Wie nah am Abgrund hatte ich mich die gesamte Zeit gefühlt? Selbst jetzt zitterte noch ein Teil in mir, als würde er um sein Leben laufen müssen.
Irgendwie schaffte es Tessa in uns allen die extremsten Gefühle auszulösen. Sie war wie... wie eine Droge!

"Du darfst zu ihr!" All seine Gegenwehr fiel innerhalb einer Sekunde in sich zusammen. Große, grüne, wilde Augen starten zu mir auf.
"Ciara und du, ihr werdet bei Tessa bleiben, bis sie aufwacht", mein Atem kam keuchend und nachdem Dan weiterhin ruhig blieb, entspannte ich meine verkrampften Muskeln.

"Ich verstehe dich. Du darfst  zu ihr." Mein tiefer Atemzug hallte in der sonstigen Stille, doch das störte mich nicht. Ich hatte all meine Konzentration auf Dan gerichtet, versuchte ihm nicht nur wörtlich sondern auch körperlich das Gefühl von Verständnis zu vermitteln.

Langsam richtete ich mich auf, zu erst auf die Knie dann auf die Füße. Als ich schließlich stand streckte ich meinem Freund die Hand hin.

Es dauerte einen Moment, in dem Dan zögerte, dann akzeptierte er meine Hilfe und lies sich von mir auf die Beine helfen.

"Danke".


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