Shadowsoul - Pfad der Schatte...

By EvangelinePandima

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„Du musst wissen, ich kenne dich fast dein ganzes Leben lang, ich war in jener Nacht bei dir, als die Dämonen... More

Shadowsoul - Pfad der Schatten - A Book by Madl
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Prolog
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 1
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 2
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 3
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 4
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 5
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 6
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 7
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 8
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 9
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 11
Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 12

Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 10

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By EvangelinePandima

Kapitel 10 – Zur Hölle mit Dämonen

Die Wintersonne schien hell durchs Fenster und weckte Cassy am nächsten Morgen. Verschlafen richtete sie sich auf und sah sich um. Zane war nirgends zu sehen, vielleicht hielt er ja auch gerade nach Dämonen Ausschau. Sie streckte sich genüsslich, so gut hatte sie noch nie in ihrem Leben geschlafen. Doch ein Blick auf ihren Wecker brachte sie schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Es war schon nach zehn! Verdammt sie hatte hundertprozentig verschlafen! Schnell wie der Blitz sprang sie auf, schnappte sich ihre Sachen und hastete ins Bad. In Rekordzeit war sie wieder draußen und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Sie sah Sarah neben John auf dem Sofa sitzen, Jared kniete davor und war in noch mehr Unterlagen vertieft. Zane konnte sie immer noch nicht sehen. Langsam begann sie sich zu fragen wo er war. Dann kam die Erkenntnis, dass Sarah und John regelrecht kuschelten, endlich bei ihr an. Erstaunt warf sie ihrer Freundin einen fragenden Blick zu.

Diese zuckte nur die Schultern. „Ich habe mich entschieden, ihm zu verzeihen.“ Bei ihren Worten hoben sowohl John als auch Jared den Kopf und sahen sie an.

Jared stand auf und kam auf sie zu. „Ah, die letzte Schattenseherin ist also endlich wach. Wir dachten schon die Dämonen hätten dich einfach aus deinem Zimmer entführt.“

Verlegen senkte sie den Kopf. „Tschuldigt. Nach so einem harten Tag musste ich mich mal erholen. Nicht jeder ist ein übernatürliches Wesen aus einer Parallelwelt.“

Jared schüttelte den Kopf. „In unserer Welt sind wir nicht übernatürlich. Dort sind wir so normal wie ihr Menschen in der euren. Also zählt das nicht.“

„Ist auch egal. Sorry, dass ich zu spät bin, zufrieden?“

„Ja. Nur noch eine Frage: Hast du eine Ahnung wo dein Schatten sich rumtreibt? Keiner von uns hat ihn heute schon gesehen.“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich hab ihn heute auch noch nicht gesehen. Aber ich frag mal wo er ist.“

„Wie meinst du das?“

Statt auf Jareds Frage zu antworten schloss sie die Augen.

Zane wo bist du?

Keine Antwort.

Zane?! Wo bist du verdammt noch mal! Zane!?

Cassy? Ist es wichtig? Sie war so verblüfft über seinen abweisenden Tonfall, dass sie für einen Augenblick zu antworten vergaß.

Na ja…wir fragen uns alle wo du bist. Stimmt irgendwas nicht? Als er nicht sofort antwortete machte sich ein flaues Gefühl in ihrem Magen breit. Irgendwas war schief gelaufen.

Zane was ist passiert...Zane…Zane sag mir jetzt sofort was los ist!

Das weiß ich noch nicht, nur dass die Straßen voll von Dämonentrupps sind. Ich bin gerade mitten in einem Kampf. Mach dir keine Sorgen, ich bin so schnell wie möglich zurück!

Cassy schrie auf, in Gedanken und in echt. In einem Kampf?! Komm sofort zurück, bitte! Wo bist du? Antworte mir!

Doch Zane hatte ihre Kommunikation bereits beendet. Panisch schlug sie die Augen auf und blickte in die besorgten Gesichter von Sarah und den beiden Nachtmahren.

„Cassy, Süße was ist denn los? Warum hast du so geschrien?“

Sie sah Sarah an und spürte die Verzweiflung in sich aufsteigen. Sie mussten Zane finden, bevor er verletzt wurde. In ihrer Angst vergaß sie vollkommen, dass Zane ja eigentlich weder verwundet noch sterben konnte.

„Zane ist in einen Kampf mit Dämonen verstrickt. Irgendwas stimmt nicht, aber er will mir nicht sagen was! Wir müssen sofort los und ihn suchen!“

Sarah nickte und machte sich sofort daran, alles benötigte zusammenzusuchen, obwohl Cassy nicht wusste was man da zusammensuchen musste. Denn einen Rucksack mit Essen, Trinken und Kosmetik brauchte man ja nun nicht unbedingt auf einer Such-Schrägstrich-Rettungsaktion. Die Nachtmahre sahen sie weiterhin ratlos an.

„Woher weißt du das? Immerhin hat ihn heute noch niemand gesehen. Wir wissen auch gar nicht wo wir suchen sollen, er könnte überall sein!“

Jared raufte sich die Haare, eigentlich eine menschliche Geste, er war wohl schon zu lange unter Menschen gewesen und hatte ein paar ihrer Gewohnheiten übernommen.

„Zane und ich stehen miteinander in Kontakt. Eine Art gedankliche Kommunikation.“

Sie überlegte. „Hey! Wenn er nicht mit mir reden will kann ich ihn orten! Bevor wir auf euch trafen hat er mir gezeigt wie’s geht! Gebt mir nur einen Moment!“

Cassy schloss die Augen und konzentrierte sich darauf seine Energie zu lokalisieren. Durch ihr Training mit ihm fand sie ihn fast sofort. Der Ort ließ sie stutzen, aber sie hatte jetzt nicht die Zeit zu zögern.

„Ich weiß wo er ist! Mir nach!“ Sie stürmte aus der Tür und gab den anderen keine Zeit Fragen zu stellen. Cassy hörte Sarah rufen, achtete aber nicht darauf. Es musste doch irgendeinen Weg geben schneller an ihr Ziel zu kommen. Sie musste so schnell wie ein Schatten werden! Cassy war so fixiert darauf zu Zane zu kommen, dass sie erst gar nicht registrierte wie sich die Welt um sie herum zu verändern begann. Als sie es doch endlich merkte hielt sie verblüfft inne. Sie war in der Schattenwelt! Und das ohne sich auf den Übergang konzentriert zu haben. Entweder war sie als Schattenseherin ein wahres Naturtalent oder sie hatte ein Riesenproblem. Was wenn sie nun nie wieder in ihre Welt zurückkonnte? Doch das konnte sie später klären. Jetzt war es an der Zeit die Schattenfähigkeiten auszuprobieren. Cassy atmete tief ein, sammelte sich und schoss in der nächsten Sekunde davon. Zane hatte recht, in der Schattenwelt war ihre Geschwindigkeit fantastisch. Sie war sogar schneller als der Wind! Obwohl sie alles um sich herum nur verschwommen sah wusste sie ganz genau wann sie die Richtung ändern musste. In nicht mal zwei Sekunden kam sie vor dem Haus ihrer Pflegeeltern zum Stehen. Langsamer ging sie um das alte Häuschen herum in den Garten. Da das Gartentor immer zu war, ging sie einfach durch den Gartenzaun hindurch und blieb wie angewurzelt stehen. Sie sah zu wie Zane gerade einem einzelnen Dämonen sein schwarzes Schwert ins Herz stieß. Doch statt zu Boden zu sinken verpuffte der Dämon in der Luft. Er löste sich einfach in Nichts auf, genau wie wenige Sekunden später Zanes Schwert.

Cassy konnte ihn nur verwirrt anstarren. „Wie…was…wo…?“

Zane drehte sich zu ihr um. „Es ist keine schöne Sache durch ein Schattenschwert zu sterben. Das Wesen löst sich vollständig auf, so als hätte es nie in irgendeiner Art und Weise existiert. Wenn man mit einer normalen Waffe verwundet wurde, besteht manchmal noch eine Chance auf Heilung. Doch nie bei einem Schattenschwert. Egal wie schwach man verwundet wurde, man löst sich auf. Ein grausames Schicksal, nicht wahr?“

Vorsichtig ging Cassy auf ihn zu.

„Aber du hast Jared getroffen und er ist noch am Leben.“ Sie blieb direkt vor ihm stehen.

„Da habe ich ihn nicht mit meinem Schwert, sondern nur mit meiner Schattenenergie getroffen. Außerdem hatte ich nicht die Absicht ihn umzubringen. Mal eine andere Frage: Was machst du schon wieder in der Schattenwelt?“

Cassy zuckte verlegen die Schultern. „Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, es ist einfach so passiert. Ich wollte so schnell wie möglich zu dir, ich dachte du wärst in Schwierigkeiten. Erst jetzt ist mir wieder eingefallen, dass du ja nicht sterben kannst. Sorry, hab wohl etwas überreagiert.“

Zane staunte nicht schlecht, dann kehrte er in die Schattenwelt zurück und nahm sie ganz unvermittelt in seine Arme. Sie schloss die Augen und schmiegte sich glücklich an ihn.

„Ich hatte Recht, du bist ein wahres Naturtalent im Umgang mit deinen Kräften. Die meisten Schattenseher, selbst deine Eltern mussten sich lange konzentrieren bevor sie in meine Welt wechseln konnten. Ich habe noch nie von einem Schattenseher gehört, der so eine gute Verbindung mit den Schatten hatte wie du.“

Sie errötete und zog sich aus seinen Armen zurück, um ihn ansehen zu können.

„Danke. Ich hätte auch nicht gedacht, dass der Übergang so fließend vonstattengehen würde. Ich hab es ja noch nicht mal richtig gemerkt. Und dabei war es erst mein zweiter Übergang, du könntest also durchaus Recht haben. Aber wieso bist du eigentlich hier im Garten meiner Pflegeeltern?“

Sofort wurde Zane ernst und drehte sich zum Haus um. „Ich habe nach Dämonenspähern Ausschau gehalten. Ihre Spur führte mich direkt hierher. Cassy, ich glaube deinen Adoptiveltern ist etwas zugestoßen. Wir sollten nachsehen. Aber ich möchte, dass du die ganze Zeit über unsichtbar bleibst, nur fall irgendetwas passiert. Versprich es mir!“

Sie nickte. „Versprochen. Lass uns gehen, oh ich hoffe ihnen ist nichts passiert!“

Schweigend betraten sie das Haus. Sobald sie das Chaos sah, erfasste sie das allumfassende Gefühl der Furcht. Hier musste etwas Schreckliches passiert sein. Cassy wusste, sie waren nicht mehr da, vielleicht lebten sie auch gar nicht mehr. Bevor sie vollkommen in Panik ausbrechen konnte legte Zane seine Hand auf ihre Schulter.

„Keine Angst, wir finden sie. Ich suche hier unten, du gehst nach oben. Wir bleiben die ganze Zeit über in Kontakt. Falls ich etwas finde sage ich dir sofort Bescheid.“ 

Sie teilten sich auf um nach einer Spur ihrer Pflegeeltern zu suchen. Mit einem mulmigen Gefühl stieg Cassy die Treppen zum ersten Stock hinauf. Auch hier herrschte überall Unordnung und Zerstörung. Sie suchte zuerst im Schlafzimmer ihrer Eltern, fand aber nicht einwas. Schnell suchte sie im Badezimmer und im Zimmer ihrer Schwester. Nichts. Doch zu ihrer großen Erleichterung fand sie auch nirgendwo Blutspuren, also bestand die Hoffnung, dass ihre Pflegeeltern und ihre kleine Schwester noch am Leben waren. Sie könnte es sich nie verzeihen, wenn sie ihretwegen gestorben waren.

In ihrem alten Zimmer herrschte das größte Chaos, wahrscheinlich hatten die Dämonen hier nach etwas gesucht. Bestimmt kamen sie nur her, weil sie dachten Cassy wäre vielleicht hier. Dabei wurden sie sicher von ihrer Familie unterbrochen. Das würde zumindest erklären wieso im ganzen Haus nichts mehr dort lag wo es hingehörte. Schließlich stand sie vor der Treppe, die zum Dachboden führte. Allerdings glaubte sie nicht, dass die Dämonen auch dort gesucht hatten. Nach kurzem Überlegen entschied Cassy sich doch hinauf zu gehen. Sie konzentrierte sich, damit sie nicht durch die Treppenstufen hindurchging, sondern drauftrat. Immerhin war sie immer noch in der Schattenwelt. Normalerweise gab die alte Treppe jedes Mal ächzende Töne von sich und quietschte fürchterlich, aber nun war sie vollkommen still. So als würde niemand sie benutzen. Diese Stille jagte Cassy eiskalte Schauer über den Rücken. Vorsichtig glitt sie durch die geschlossene Dachluke und betrat den Dachboden. Er war bis oben hin mit Gerümpel, Spinnweben und stickiger Luft vollgestopft. Anscheinend waren die Dämonen nicht bis auf den Dachboden vorgedrungen, es sah alles so aus wie immer. Wahrscheinlich wussten die nicht mal was ein Dachboden war. Langsam bahnte sie sich einen Weg durch das verstaubte alte Zeugs und die gestapelten Kisten. Sie wusste nicht wie, doch auf einmal stand sie mitten in einem solchen Kistenstapel. Erschrocken sprang sie mit einem Aufschrei zurück und landete nach einigem Herumgestolpere letztendlich mit ihrem Hintern auf dem Boden. Schon wieder. Sie mochte zwar leicht in die Schattenwelt hineinkommen, aber den Dreh, wie man sich als Schatten bewegte hatte sie immer noch nicht richtig raus. Mühsam rappelte Cassy sich auf und klopfte aus reiner Gewohnheit eigentlich nicht existierenden Staub von ihren Hosen. Plötzlich hörte sie weiter hinten ein leises Rascheln und obwohl alles durch den Nebel der Schattenwelt verschwamm konnte sie eine winzige Bewegung ausmachen. Vorsichtig ging sie darauf zu. Hinter einigen Kisten und alten Möbeln gab es einen geringfügigen Spalt. Zwischen den Kisten und der Wand eingeschlossen kauerte eine kleine zitternde Gestalt. Ihre Adoptivschwester Jessica! Sie hatte den Kopf auf die Knie gelegt und weinte leise, ihre kurzen goldenen Locken lagen wirr über ihre Schultern verteilt. Erschrocken keuchte Cassy auf. Sie wollte sie fragen was passiert war, doch in der Schattenwelt konnte ihre siebenjährige Schwester sie weder, sehen, hören, noch anfassen. Aber sie konnte schlecht einfach so sichtbar werden, Jessica würde sich nur noch mehr ängstigen. Doch ehrlich gesagt war ihr ihre Adoptivschwester wichtiger als ihr neustes Geheimnis. Außerdem würde sie es eh früher oder später erfahren. Also konnte sie es genauso gut jetzt enthüllen.

Dieses Mal schloss Cassy die Augen nicht und konzentrierte sich einfach nur. Der Nebel der Schattenwelt verschwand, die Farben und Konturen kamen zurück. Der Übergang war wieder vollkommen mühelos, fast so leicht wie atmen. Sobald sie sichtbar wurde trat sie vorsichtig auf ihre Schwester zu.

„Jessie, bist du okay? Was ist passiert? Wo sind Mom und Dad?“

Mit einem Schrei sah diese auf, doch als sie Cassy erkannte, beruhigte sie sich etwas. Alle Feindschaft war für den Augenblick vergessen.

„Cassidy! Da waren überall diese hässlichen Kerle, auf einmal waren sie im ganzen Haus! Mom schrie mich an ich solle mich auf dem Dachboden verstecken und dann, wenn sie weg sind Hilfe rufen. Ich hatte solche Angst. Ich…ich konnte mich einfach nicht mehr rühren. Bitte sag mir, dass sie nicht tot sind. Was wollten diese Kerle überhaupt von ihnen?“

Behutsam nahm Cassy sie in den Arm und strich ihr mit einer Hand übers Haar.

„Ganz ruhig Jessie, ich bin jetzt da. Ich glaube nicht, dass Mom und Dad tot sind. Diese Kerle von denen du sprichst brauchen sie lebend. Und na ja was sie wollten…bin ich.“

Ihre Adoptivschwester sah mit geröteten Augen verwundert zu ihr auf.

„Wieso, was sollten die schon von dir wollen?“

„Ist ‘ne lange Geschichte. Jetzt müssen wir dich erst einmal in Sicherheit bringen. Du kannst auf keinen Fall hier bleiben.“

Sie wollte gerade aufstehen, als sie eine Nachricht von Zane erhielt und erstarrte augenblicklich.

Ich habe auf dem Küchentisch eine Nachricht für dich gefunden. Sie haben deine Pflegeeltern entführt und wollen dich im Austausch für sie, ansonsten sterben die beiden.

„Was?!“ Cassy schrie sowohl im Geiste als auch in der realen Welt. Vor Schreck zuckte ihre Adoptivschwester zusammen.

„Cassidy? Warum schreist du, was ist denn passiert?“ Jessie war kurz davor in Tränen auszubrechen.

Cassy konzentrierte sich jedoch ausschließlich auf Zane.

Ich bin sofort da.

Nein, es wäre besser, wenn du dort bleibst wo du bist. Ich komme zu dir

Angst erfasste sie. Wieso wollte Zane nicht, dass sie herunterkam? Was hatte er außer dem Brief vielleicht noch entdeckt?

Zane ich habe Jessica gefunden, wir sind auf dem Dachboden.

Gut.

Während ihres Gesprächs hatte sie ununterbrochen die Kisten angestarrt. Jetzt rüttelte ihre Schwester heftig an ihrem Arm. Blinzelnd erwachte sie aus ihrer Starre und sank daraufhin vor ihrer Schwester zusammen.

Mit dem Kopf in den Händen und bebenden Schultern saß sie da und versuchte verzweifelt nicht in Tränen auszubrechen. Als Jessie sie ihr die Hand auf den Arm legte sah sie zu ihrer kleinen Schwester auf.

„Cassy, was ist los? Warum weinst du? Was zur Hölle geht hier vor?“ Es war das erste Mal, dass Jessica ihren Spitznamen verwendete.

„Ja…zur Hölle…Zur Hölle mit Dämonen!“

Beißende Wut durchströmte regte sich in ihr, erfasste ihren ganzen Körper und weckte in ihr den Wunsch jeden einzelnen Dämonen umzubringen. Sie alle sollten dafür bezahlen, dass sie ihr normales Leben zerstört und ihr ihre richtigen Eltern genommen hatten! Sie schrie, sie weinte und schrie erneut. All die unterdrückten Gefühle brachen sich Bahn. Cassy verlor ihre Nerven, verlor die Kontrolle über sich selbst. Jessica versuchte verzweifelt sie zu beruhigen, doch sie hatte keine Chance. Dunkle Energie begann sich um sie herum zu sammeln. Schattenenergie. Schwarze Nebel türmten sich zu gigantischen Wellen auf und verschlangen alles um sie herum. Schreiend klammerte Jessie sich an ihren Arm und versuchte nicht in die Wogen aus Dunkelheit zu geraten. Diese Energie war absolut tödlich, das spürte sie. Destruktiv und doch merkwürdig vertraut. Wunderschön. Cassy wollte sie nutzen, sie wollte mit ihr all diejenigen zerschmettern, die ihr und ihrer Familie jemals wehgetan hatten. Die Dunkelheit, ihre Dunkelheit würde sie alle verschlingen und auslöschen. Ein kleiner Teil ihrer Seele schrie sie solle aufhören, doch dazu war sie zu verletzt, zu durcheinander.

Jessie schrie und verlor den Halt, bevor sie jedoch in der endlosen Dunkelheit verschwand, packte sie jemand und zog sie zurück. Gleichzeitig schlangen sich zwei Arme um ihren zitternden Körper. Diese Arme waren genauso schwarz wie die sie umgebende Dunkelheit. Zane. Er hielt gleichzeitig sie und ihre Schwester fest umschlungen.

„Cassy, du musst sofort damit aufhören, sonst zerstörst du noch das gesamte Haus!“

Erst jetzt wurde sie sich der ungeheuren Kraft wirklich bewusst. Ihre Gefühle drohten sie innerlich zu zerreißen. Schluchzend schlang sie die Arme um Zane und schmiegte sie sich enger an ihn. Sie spürte Tränen fließen und ließ es geschehen.

„Ich werde sie alle eigenhändig umbringen! Das schwöre ich! Sie werden dafür bezahlen!“

Zane küsste ihre Stirn. „Mein Engel, das werden sie. Aber jetzt musst du dich beruhigen, ich bitte dich. Besinne dich wer du wirklich bist. Kontrolliere die Energien und lass sie ziehen.“

Er hob mit einem Finger ihr Kinn an, dann küsste er sie, ganz sanft. Inmitten des tosenden Sturms aus Dunkelheit. Auf einmal wurde sie ruhiger, er hatte Recht. Sie würde sich nicht von ihren Gefühlen beherrschen lassen. Sie ließ seinen Kuss all den Zorn und die Trauer fortwaschen. Der Sturm legte sich, bis die letzten schwarzen Nebelschwaden verschwanden. Zane hörte auf sie zu küssen und wischte ihr mit dem Daumen die Tränenspuren weg.

„Wir werden es schaffen, gemeinsam. Doch wir dürfen dabei nicht den Kopf verlieren.“

Cassy konnte nur schweigend zu ihm aufsehen. Bis sie schließlich die Kraft fand Worte zu formen.

„Danke, Zane, danke. Oh, es tut mir so leid, ich habe vollkommen die Kontrolle verloren! Ich…ich…“

Sie begann erneut zu schluchzen.

„Ist schon gut. Du hast niemanden verletzt.“ Liebevoll strich er ihr über die Wange.

„Aber du hast mich zu Tode erschreckt! Und du hast den Dachboden in Schutt und Asche gelegt!“ Erstaunt sah Cassy zu ihrer Adoptivschwester. Dann wurde ihr das Ausmaß ihres Gefühlsausbruchs bewusst, Jessica hatte damit noch untertrieben. Ihr Dachboden existierte praktisch nicht mehr.

Während sie sich mit Schrecken umsah, stolperte Jessie hastig ein paar Schritte fort. Nur um über irgendein Trümmerstück zu fallen. Statt wieder aufzustehen blieb sie liegen und starrte mit Entsetzen in den Augen auf Zane und sie.

Da wurde ihr klar, dass er in seiner schwarzen Schattengestalt für jeden Menschen sichtbar neben ihr kniete. Dann realisierte sie, wie die wabernde Dunkelheit während ihres Gefühlsausbruchs auf Jessica gewirkt haben musste. Kein Wunder, dass sich ihre Schwester in einen Schockzustand befand.

„Oh Gott, Jessie! Es tut mir so furchtbar leid!“ Vorsichtig ging Cassy auf sie zu, immer darauf bedacht keine allzu schnellen oder ruckartigen Bewegungen zu machen. Ihre Schwester musste sie für ein Monster halten. Zane hinter ihr stand auf. Er legte seine Hand auf ihre Schulter und zwang sie so stehen zu bleiben.

„Ich will dich zwar nicht allein lassen. Aber die anderen stehen schon vor der Eingangstür. Ich werde ihnen erklären was passiert ist.“

Sie nickte stumm und sah ihm zu wie er verschwand. Als Cassy wieder zu Jessie sah, waren deren Augen riesengroß geworden.

„Wo ist der schwarze Junge hin?“

Cassy seufzte und ließ sich neben ihr nieder. „Weißt du, es gibt eine Menge, was ich dir erklären muss. Es tut mir so leid, euch da mithineingezogen zu haben.“ Jessica schien ihren Schock bereits überwunden zu haben. Jedenfalls sah sie jetzt nicht mehr zu Tode geängstigt aus. Das war schon mal ein Fortschritt.

Fragend sah sie zu Cassy auf. „Wer war dieser schwarze Mann und was ist da gerade passiert? Wo sind Mom und Dad?“

Ratlos sah sie die alte Mauer vor ihr an. „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.“

Jessie überlegte. „Vielleicht ganz am Anfang? Ist nur so ‘ne Idee.“

Sie atmete tief durch und erzählte der Person, welche sie bis vor kurzem auf den Tod nicht ausstehen konnte, all das, was in den letzten Tagen geschehen ist.

„Ich glaub’s einfach nicht! Deine Geschichte ist voll der Hammer!“

Cassy zuckte mit den Schultern. „Na ja, auf einiges hätte ich auch gut verzichten können. Aber du hast Recht, der Rest ist schon ziemlich cool.“

Jessie sah sie neugierig an. „Und Zane…ist er dein Freund? Immerhin hat er dich geküsst!“ Sie wollte es sofort abstreiten. Doch mitten in ihrem empörten Nein hielt sie inne. Cassy konnte das, was zwischen ihr und Zane bestand nicht einfach ignorieren. Nach einer Weile antwortete sie schließlich.

„Wenn ich ehrlich sein soll weiß ich es nicht. Aber ich glaube schon, wenn so etwas überhaupt möglich ist. Komm, wir sollten langsam nach unten gehen und deine Sachen packen.“

Begeistert sprang Jessie auf. „Cool ich komme mit euch! Das wird ja so was von aufregend! Ich kann’s kaum erwarten ein paar Dämonen den Hintern zu versohlen!“

Cassy schüttelte den Kopf. „Oh nein, du wirst nicht mit uns kommen. Es ist ja eigentlich für Sarah schon viel zu gefährlich! Du gehst zu Oma und Opa. Erzähl ihnen aber nichts von mir und den anderen. Sag nur, dass Mom und Dad bald wiederkommen.“

Jessicas Gesicht verzog sich missbilligend, doch sie gehorchte und folgte ihrer Schwester  nach unten.

„Ich will nicht zu Grandma und Grandpa. Da muss ich immer diesen scheußlichen Grießbrei essen! Und Oma erdrückt mich immer fast. Bitte darf ich nicht wo anders hingehen? Vielleicht zu einer Freundin, oder den Nachbarn.“

Cassy schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, aber bis Mom und Dad wieder da sind habe ich das Kommando. Und bei deinen Großeltern bist du nun mal am besten aufgehoben. Deine Sicherheit ist mir wichtiger als deine Abneigung gegen Grießbrei. Sorry Jessica es muss sein. Wir werden Mom und Dad so schnell wie möglich finden. Das verspreche ich dir.“ Ihre Adoptivschwester  gab sich geschlagen und nickte. Gemeinsam packten sie alle nötigen Sachen (zumindest was davon noch brauchbar war) zusammen. Draußen trafen sie auf Sarah, Jared und John, Zane war auch da, blieb aber in der Schattenwelt. Jessie sah die beiden Nachtmahre bewundernd an, sagte jedoch nichts. Auch erwähnte keiner ihren Gefühlsausbruch. Entweder hatte Zane es ihnen verschwiegen oder alle besaßen genug Taktgefühl und schwiegen ihrerseits. Sofort machten sich alle auf, um ihre kleine Schwester in eine sichere Umgebung zu bringen. Zum Glück wohnten ihre Großeltern nicht allzu weit von ihnen entfernt. So verließen sie wenig später ihre eindeutig unglückliche Adoptivschwester. Jetzt wo wenigstens sie in Sicherheit war, fühlte Cassy sich ein wenig erleichtert. Nun mussten sie nur noch ihre Pflegeeltern finden. Dazu wollten sie sich den Zettel der Dämonen ganz genau ansehen.

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