Die Erbin des Faerynthrons...

By marie-weber

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Elodye ist die letzte Faeryn - und damit die letzte Erbin des Faerynthrons. Eine Faeryn ohne Faerynglanz auf... More

Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 4
Danksagung
SURPRISE!!!
UPDATE!!!
Updates?

Kapitel 5

218 25 36
By marie-weber

Elodye

Die letzten Stunden vor unserem Eintreffen in Erredas zogen sich hin wie die langen Winternächte des Nordens. Sie schienen Ewigkeiten anzudauern, und mit jedem Schritt schlug mein Herz stärker. Ich war noch nie in der Capita gewesen, ich kannte sie nur aus Bildern und Mamas Erzählungen von ihrer Zeit bei Hofe. Selbst Dandelia war bereits mehrmals in Erredas gewesen, ihre Familie lebte dort und sie ging regelmäßig mit Großmutter dorthin, um die neusten modischen Kreationen für uns einzukaufen. Doch ich durfte sie bisher nie begleiten, was vor allem an meinem fehlenden Glanz lag und der Tatsache, dass ich die Thronerbin war, die letzte Faeryn. Um meine Sicherheit willen waren wir in den entferntesten Winkel der Partierre meiner Familie gezogen, eine der kleinsten, nördlichen Inseln, wo niemand wusste, dass ich die zukünftige Herrscherin war. Dort interessierte sich niemand für die königliche Familie und ihre dramatischen Entwicklungen. Einige wussten nicht einmal, wie der regierende Monarch überhaupt hieß.

Mama neben mir redete unaufhörlich auf mich ein, immer wieder wiederholte sie den Ablauf. Ich würde durch das östliche Stadttor in Erredas einreiten, da dort die, wie Mama es nannte, „Große Treppe", lag, die direkt durch die Ringe zum Palast führten. Oben, auf dem höchsten Ring und unmittelbar vor den Palasttoren, würde ich absteigen, und die jahrhundertealten Worte an mein Volk richten, wie König Methyn, und der König vor ihm, und der vor ihm. Immer wieder betonte Mama, wie wichtig dieser Einritt war, dass es meine erste Handlung als Königin war, eine Art Feuerprobe, und dass nichts schief gehen durfte. Ich schwieg, bis sie mich dazu aufforderte, die einstudierten Worte aufzusagen. Immer und immer wieder, bis ich beinahe losgeschrien hätte. Irgendwann schien sie zufrieden zu sein, und mit ihrer Stille umhüllten mich nur noch die Geräusche der Pferdehufe auf dem weichen Waldboden, das Knarren der vollbeladenen Wagen und das Rauschen der Waldblätter.

Ich atmete tief ein und aus. Die Waldluft im Süden roch ganz anders, als die in meiner Heimat. Viel süßer und schwerer, und im Laufe unseres Ritts mischte sich immer mehr das Salz des Meeres darunter. Wir kamen Erredas immer näher. Ich hatte erwartet, dass ich von der südlichen Hitze längst kollabiert wäre, allerdings war die Sonne noch nicht vollständig aufgegangen, und die Furcht vor dem Kommenden ließ mich frösteln. Der Wald lichtete sich vor uns und vor mir lag das Glitzern der See, die Erredas wie ein Halbmond umrandete, und die Landbrücke, die die Stadt mit dem Festland verband. In der Ferne strahlten die weißen Mauern des Palastes, der sich wie ein leuchtender Berg in den Himmel erhob. Dies war also mein neues Zuhause. Es sah furchteinflößend aus, als würde es alle meine Geheimnisse kennen und mir drohen, mich damit bloßzustellen. Die gepflasterte Landbrücke vor uns war menschenleer. Es war noch viel zu früh für den Durchgangsverkehr, und alle Bewohner würden sich im Stadtinneren tummeln, in der Hoffnung, einen Blick auf den zukünftigen Herrscher werfen zu können, wenn er das Tor durchschritt.

Auf mich.

Wir hielten an, und Dandelia und Mama kleideten mich in das schwere, schwarze Kleid, jenes für den Einritt vorgesehen war. Es war Tradition, dass der zukünftige Herrscher nach dem Ableben des Regenten in Trauerflor in die Stadt einritt, um seine Verbindung zum trauernden Volk und um seine eigene Trauer, und somit Unschuld am Tode des Monarchen, zu symbolisieren. Dandelia betupfte sicherheitshalber erneut meine Hände und Wangen mit Puder, Mama platzierte den formellen Schleier, der weit über meine Schultern und Cassias Rücken fiel. Mittlerweile war ich ein nervöses Wrack. Ich verdankte es einzig und allein Cassias Ruhe nicht das Bewusstsein zu verlieren. Den Einritt musste ich alleine schaffen, ohne Mama oder Dandelia an meiner Seite. Ein Monarch musste stark sein für sein Volk. Und wenn er es nicht einmal schaffte, alleine seine Capita zu betreten, war dies kein Zeichen großer Stärke. Mama, die Garde und die Bediensteten würden nachfolgen.

Bevor ich erneut Cassia bestieg drückte mich Mama überraschend herzlich an sich.

„Sei stark, mein Liebling. Du bist es, was dieses Land braucht. Zeige es ihnen."

Dandelia knickste formell, doch auch sie war mit den Nerven am Ende, sie fiel dabei beinahe hin. Ein Bediensteter half mir in den Sattel, und Mama und Dandelia drapierten den Schleier, sodass er fließend über meinen Körper und Cassia fiel. Die Soldaten reihten sich formell rechts und links von mir auf und sanken nacheinander auf die Knie, während ich an ihnen vorbeiritt. Das Klicken von Cassias Hufen war das Einzige, das die gespenstische Stille durchschnitt, während ich auf die Stadttore zuritt. Je näher ich Erredas kam, desto bedrohlicher türmte es sich vor mir auf. Es schien, als würde es jeden Moment zusammenstürzen und mich unter sich begraben.

Binnen weniger Minuten hatte ich das verschlossene Stadttor erreicht. Cassia kam davor zum Stehen und zittern hob ich die Hand, um gegen das uralte Holz zu klopfen.

„Wer begehrt Einlass?", hörte ich gedämpft die Worte eines Wachsoldaten.

Meyre

Das Metall meiner Rüstung raschelte und klapperte bei jedem meiner Schritte. Ortis und Zerka waren lange hinter mir zurückgefallen. Die rothaarige Taschendiebin hatte sich geschickt durch das Getümmel davontragen lassen, doch nach einigen Straßenkreuzungen hatte ich sie endlich wieder im Visier.

„Auf Befehl der Stadtwache, bleib stehen!", rief ich ihr zu, doch sie rannte weiter durch das Wirrwarr der Gassen. Ich stöhnte genervt. Bei einem einfachen Diebstahl gab es höchstens eine Verwarnung. Es gab keinen Grund, so panisch davonzurennen. Es sei denn, sie war bereits vorbestraft. Sie kannte sich gut aus in den verwinkelten Gässchen der Stadt, doch ich kannte sie besser. Ich bog scharf ab und schnitt ihr dadurch den einzigen verblieben Fluchtweg ab. Ich hatte sie erfolgreich in eine Sackgasse getrieben. Remnos wäre stolz. Innerlich klopfte ich mir auf die Schulter.

„Auf Befehl der Stadtwache, heb die Hände und auf die Knie!" Ich legte die Hand an den Schwertknauf an meiner Seite, bereit, es zu ziehen.

Trotz des kleinen Dauerlaufs war ich, dank Remnos' unerbittlichen Trainings, glücklicherweise kaum außer Atmen. Sie dafür umso mehr. Sie hob die rechte Hand über den Kopf, wie ich es angeordnet hatte, die andere ließ sie an ihren Hals gleiten.

„Keine Bewegung!" Ich zog das Schwert und hoffte inständig, dass diese Situation nicht auf die Art eskalieren würde, die ich gerade befürchtete.

Sie lächelte hämisch und zog eine silberne Kette mit einem Anhänger aus ihrem Ausschnitt. Die blank polierte Münze schimmerte im Licht der untergehenden Sonne feuerrot.

„Ich stehe im Dienst des Weißen Panthers." Obwohl sie eindeutig außer Atmen war, klang ihre Stimme gelassen und triumphal. Das durfte jetzt bitte nicht wahr sein.

„Und inwiefern sollte mich das davon abhalten, dich zu verhaften? Dadurch erreicht man keine Immunität gegenüber dem Gesetzt." Naja, eigentlich schon. Und das wussten wir beide. Der „Weiße Panther" war der Straßenname von Obert Mertellier, dem einflussreichsten Nobelisten der Stadt. Er war reich und machte sich Freunde, indem er die auch reich machte. Selbst wenn ich sie inhaftierte, innerhalb weniger Stunden wäre sie wieder auf freiem Fuß und ich würde bis zum Eintritt in die Altersruhe Erstlingen die Rüstung anlegen und Latrinen schrubben, oder morgen tot in der See treiben.

„Zeig es mir." Vorsichtig trat ich einige Schritte auf sie zu und als ich nah genug war zog ich den Anhänger entgegen. Mir sah das Profil eines Panthers mit gefletschten Reißzähnen entgegen, das Wappentier der Mertelliers. Sie sagte also die Wahrheit.

„Was arbeitest du für ihn? Kammerzofe, Küchenhilfe...?" Ich wollte mehr über sie herausfinden. Ich bezweifelte, dass Obert Mertellier seine Verbindungen wegen einer Küchenhilfe spielen ließ. Ich wusste, dass die Wache schon seit Jahren versuchte, Obert Mertellier wegen seiner zahlreichen Verbrechen dran zu bekommen, doch es fehlten immer die Beweise. Zeugen.

Sie zog spöttisch die Augenbraue nach oben.

„Ich tue die Dinge für ihn, die sonst niemand zustande bringt."

Na wunderbar. Sie war seine Mätresse. Damit wusste sie garantiert alle schmutzigen Geheimnisse, aber aussagen würde sie garantiert nicht. Aber noch schockierender fand ich, dass sie wahrscheinlich nur ein paar Jahre älter war, als ich, und Obert Mertellier war sicher dreifach so alt.

„Ich nehme an, wir sind hier fertig." Graziös erhob sie sich und ging an mir vorbei. Sie wusste genau wie ich, dass ich sie nicht auf die Station nehmen würde.

Zähneknirschend ging ich zurück zu meinen Erstlingen. Ortis und Zerka waren ebenfalls dorthin zurückgekehrt.

„Die Schicht ist beendet. Feierabend für heute." Auf dem Weg zur Station fing Remnos mich ab. Er wirkte viel zu gut gelaunt. Ich grüßte ihn grimmig und berichtete ihm von der Taschendiebin. Er zuckte mit den Schultern und seufzte.

„Leider hatte sie recht. Selbst wenn du sie inhaftiert hättest, hätte es rein gar nichts gebracht. Aber ich bin mir sicher, dass ich deine Stimmung heben kann." Er zog mich unter ein verwinkeltes Vordach.

„Gerade wurde der Ankunftszeit des Monarchen bestätigt. Er wird wohl in den frühen Morgenstunden hier eintreffen. Und ich habe für dich einen Platz im Spalier klar gemacht." Mein Herz setzte für einen Moment aus. Im Spalier standen ausgewählte Mitglieder der Stadtwache und der Armee. Es war eine der größten Ehren. Ich fiel ihm um den Hals. Ich wollte gar nicht wissen, wie viele Gefallen er dafür eingefordert hatte.

„Du stehst im dritten Ring.", brachte er gequetscht heraus.

„Ich konnte dem Hauptmann schmackhaft machen, dass du dort seit Wochen für die Stadtwache aufgestellt warst und ihn deshalb in- und auswendig kennst."

„Danke.", flüsterte ich.

Obwohl ich kein Freund von Sentimentalität war konnte ich nicht verhindern, dass mir auf dem Weg zur Kaserna einige Freudentränen über die Wangen liefen.

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