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Die Straße ist kaum befahren, die Stadt still. Es knirscht wann immer Jennies Schuhe den nassen Asphalt betreten.
Jisoo geht schnell, und Jennie ist sich sicher, dass sie versucht sie loszuwerden.
Aber das kann sie nicht tun. Komme was wolle, jetzt wo sie hier ist, bleibt sie auch. Sie wird nicht gehen, nicht...nicht noch einmal.

Unter einer Straßenlaterne bleibt Jisoo unvermittelt stehen. Jennie bleibt hinter ihr, gibt ihr Raum, und wartet.
Nach etlichen Minuten, so scheint es, bricht das Schweigen unter einem langen, ungeduldigen Seufzen.
„Du trägst meine Schuhe."
Sie hat den Kopf in den Nacken gelegt, sieht Jennie immer noch nicht an, und starrt hinauf in das Licht der Laterne.
Unmittelbar sieht Jennie hinab und betrachtet die schmutzigen Vans.
Ja, die gehören Jisoo.
„Ja."
Jennies Stimme klingt matt in ihren eigenen Ohren und sie könnte sich schlagen, für das Fehlen jeglicher Emotionen.

Leise räuspert sie sich.
„Du trägst meinen Pullover."
Feuchte Strähnen umrahmen Jisoos Gesicht. Sie nickt.
Jennie sucht nach Worten, nach irgendetwas, das sie sagen könnte. So schnell will sie nicht wieder in Schweigen verfallen.
Sie hat Jisoos Stimme so vermisst.
Die Worte kommen nicht.
„Ich-" startet sie einen Versuch, doch weiter weiß sie auch nicht.
Ihr Herz schmerzt, es droht zu platzen.
„Jisoo-" jetzt schluchzt sie.
Wann hat sie angefangen zu weinen?
Verdammt.
Jisoo verspannt sich, ballt erneut ihre Hände zu Fäusten, lässt wieder locker, und gibt einen beinahe spöttischen Laut von sich.
„Komm mit."
Jennie ist so überrascht, dass sie sich erst in Bewegung setzt, als Jisoo ihr schon weit voraus ist. Hastig holt sie auf.

Sie gehen weiter in Schweigen, halten zwischendurch an einem Kiosk, in dem Jisoo eine Flasche Weißwein kauft.
Jennie folgt ihr auf Schritt und Tritt. Still.

Ihr Weg endet an der Eingangstür zu einem Wohnblock.
Sie betreten ihn, steigen Treppen, öffnen eine weitere Tür, und Jennie hebt zum ersten Mal wieder den Kopf.
Das muss Jisoos Wohnung sein.
Jennie sieht sich um.
Auf den ersten Blick weiß sie nicht, ob sie die Wohnung als leer, oder vollgestellt bezeichnen soll.
Die Küchenniesche ist ein Chaos. Nicht unordentlich, aber dreckig. Soßenflecken überall, aufgerissene Packungen von Müsli und Chips. Töpfe stapeln sich.
Gegenüber der Küche, eine geschlossene Tür.
Jisoo deutet darauf. „Bad."
Auf die Küche folgt der Wohnbereich, Wände bedeckt von gähnend leeren Regalen, deren Inhalt sich offenbar auf dem Boden ausgebreitet hat. 
Bücher, Kerzen, Stifte, Filme und die Liste wurde nur länger.
Jennie wendet ihren Blick letztendlich ab.
Mittendrin steht eine Couch.
Ordentlich drapierte Decken und Kissen, farblich sortiert.
Es gibt eine weitere Tür, die Jisoo jetzt ansteuert, die Weinflasche im Arm wie einen Schatz von größter Wichtigkeit.
Sie sieht von Jennie zu der  Couch und zurück.
Ausdruckslos.
„Sofa. Kannst' schlafen."

Damit verschwindet sie im Nebenzimmer, und zieht die Tür hinter sich zu, kräftiger als eigentlich notwendig.

Und Jennie bleibt zurück.

Inmitten der aufgeräumten Unordnung.

Stay! (GirlxGirl) [Jensoo]Where stories live. Discover now