Stay! (GirlxGirl) [Jensoo]

Silence

Kälte dringt durch ihre Kleidung direkt bis in ihre Knochen.
Beider Beine baumeln von der Brücke.
Es ist still.
Die Geräusche der nächtlichen Stadt scheinen Jennies Ohren nicht zu erreichen. Als hätte sich eine Blase um die beiden Mädchen gebildet.
Jisoo sagt nichts. Bis jetzt hat sie noch gar nichts gesagt.
Jennie ist sich nicht sicher, ob sie jemals wieder etwas zu ihr sagen wird.
Aber sie sitzt neben ihr und in der Blase wird es wärmer.
Ob ihr auch wärmer wird?
Sie denkt nicht, denn Jissos Augen sind kalt.
Eiskalt.
Sie ist nicht gesprungen, aber tot ist sie trotzdem.
Und obwohl Jennie sieht, wie sich ihre Brust hebt und senkt, im Rhythmus ihres Atems, ist kein Funken Leben in ihr zu entdecken.

Sie trägt einen Pullover, der vergessene Erinnerungen in Jennie wiedererweckt.
Sie setzt an um etwas zu sagen, doch noch vor dem ersten Ton steht Jisoo auf, klettert über die Brüstung zurück auf die Straße und verharrt dort einen Moment.
Sie ballt kaum merklich ihre Hände zu Fäusten und jetzt ist sich Jennie sicher, dass sie noch am Leben ist. Sie geht den Weg zurück, den sie erst heute Abend beide hinter sich gelegt haben.
Sie folge Jisoo, ein paar Schritte weiter hinten.
Ihr Weg führt zu einem schäbigen, kleinen Imbiss. Sie bestellt nichts, doch nach einigen Minuten serviert ihr ein älterer Mann mit faltigem Gesicht eine Schüssel Nudelsuppe.
Sie muss sehr oft hier sein, denn im Gegensatz zu Jennie grüßt er sie freundlich, mit glitzernden Augen und höflichen Worten.
Jennie bestellt gebratenen Reis.
Während des Weges hierher muss die Blase geplatzt sein, denn der Geruch und die Geräusche aus der Küche dringen scharf und laut an Jennies Ohren.
Jisoo isst schnell.
Jennie legt nach der Hälfte ihres Tellers die Stäbchen zur Seite, da ist Jisoo bereits fertig.
Jennie betrachtet sie, ohne es zu verbergen.
Ihr Gesicht ist runder geworden.
Ihre Arme weicher und ihre Brüste größer.
Sie ist wunderschön.
Sie war schon immer schöner als jeder andere, den Jennie jemals zu Gesicht bekommen hat, aber jetzt macht sie jedem Engel Konkurrenz.
Das schummrige Licht der Wandleuchten schimmert auf ihrem feuchten Haar.
Damals war es dunkelbraun.
Das Lila steht ihr unverschämt gut.
In Jennies Gedanken schiebt sich das Bild von Flora der griechischen Blütengöttin.
Jisoo schlägt sie um Weiten.
Ihre Augen zerbersten das Bild in Jennies Kopf, als Jisoo sie genauso unverwandt betrachtet.
Dunkle Ringe umranden ihre braunen Augen.
Ihre Augen.
So leer.
Jennies Herz wird von tausend Pfeilspitzen bombardiert.
Sie folge Jisoos Blick auf meinen Teller.
Sie steht auf, legt einen Schein auf den Tisch und verlässt das Lokal.

Das Geld reicht auch für Jennies Bestellung.