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Es war schöner Nachmittag in der Galerie. Ich konnte einen Käufer für eines meiner Lieblingsbilder begeistern. Eine Künstlerin, die sich an den alten Techniken orientierte und damit gerade unsere ältere Kundschaft ansprach. Dabei war in der Galerie alles vertreten.

»Jenna, können Sie nachher abschließen? Wir haben noch einen Termin mit einem Künstler, den ich unbedingt für die Galerie gewinnen möchte.« Meine Chefin sortierte ein paar Rahmen, während sie mit mir über die Schulter sprach.

»Klar, kein Thema. Darf man fragen, wer der Künstler ist?«

»Eine junge aufstrebende Dame, sie zeichnet wundervolle Landschaften, die so real wirken, als seien es Fotos. Es wird Ihnen gefallen.« Sie lächelte mich an. Die Begeisterung war kaum zu übersehen.

»Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, ob sie mehr Zeit hier verbringen möchten?«

Ich hoffte so sehr darauf, dass sie es noch einmal ansprechen würde. Denn sobald ich meine Taschen packte und bei Rick einziehen würde, brauchte ich mehr Geld und damit diesen Job hier umso mehr. Hinzu kam, dass ich die Galerie und meine Arbeit hier liebte und mir vorstellen konnte, nach meinem Studium hier weiterzuarbeiten. Vielleicht würde ich dann auch mal mit auf die großen Auktionen fahren.

»Liebend gern. Ich liebe es hier zu sein.«

Sie richtete sich nun auf und schenkte mir ihr herzliches Lächeln.

»Das freut mich Jenna. Wir möchten eine zweite Galerie in Back Bay eröffnen und ich würde Ihnen hier gerne viel mehr Verantwortung geben.«

Mein Herz schlug fest gegen meine Brust. Ich konnte es nicht glauben.

»Das wäre wundervoll. Sie können sich immer auf mich verlassen.«

Die Klingel der Ladentür riss uns aus unserem Gespräch heraus und ich drehte mich freudig zu dem eingetretenen Kunden um, der einen Helm unter seinem Arm trug und mich frech angrinste. Verdammt. Christian hatte gesagt, er wolle mich abholen und mich ein bisschen mit Emmi durch die Stadt fahren lassen.

»Sorry, ich hab es vergessen. Ich muss heute etwas länger arbeiten.«

»Kein Thema Jen.« Er blickte auf das Schild an der Tür. »Die zwei Stunden werde ich auch noch aushalten.« Er zwinkerte mir zu, als er seinen Helm auf der Fensterbank ablegte und durch die Galerie schlenderte.

»Wenn Sie ein Date haben...«, setzte meine Chefin an, doch ich schüttelte nur den Kopf.

»Wir sind Freunde, kein Date. Es ist alles gut. Ich schließe dann ab.«

»Wunderbar. Dann haben Sie beide noch einen schönen Abend.«

Mit diesen Worten verschwand sie durch die Tür und ich wusste, sie wollte mir mit ihrem Blick sagen, dass es gewisse Dinge gab, die mir hier in der Galerie besser nicht in den Sinn kommen sollten.

»Wie waren die Vorlesungen?«, fragte ich etwas lauter, weil ich nicht wusste in welcher Ecke sich Christian gerade versteckt hatte.

»Ganz gut, die letzten Prüfungen laufen.« Er blickte sich eines der Bilder an.

»Dann solltest du auch mal langsam mehr lernen.« Ich lachte kurz auf und ging hinter den Tresen noch ein paar Belege sortieren.

»Wenn ich ehrlich bin, von mir aus könnte ich auch durchfallen.« Es war leise, aber laut genug, dass ich es hören konnte. Mein Kopf schnellte in die Höhe.

»Wieso?«

»Vielleicht entgehe ich so den Geschäften meines Vaters und vielleicht mag ich Boston mittlerweile lieber als Seattle.«

by your sideWhere stories live. Discover now