| 57. Kapitel |

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Bei Gringotts hatten wir unsere Erledigung schnell hinter uns gebracht. Wir belegten den Kelch mit einem Verdopplungszauber und verschwanden anschließend wieder auf der wenig besuchten Gasse. Sehnsüchtig blickte ich am bunten Laden der Zwillinge hoch. Seit der Hochzeit stand das Geschäft praktisch still. Den kleinen Posthandel, den sie im Hinterzimmer von Muriel eröffnet hatten, würde uns wohl nur für wenige Wochen über dem Wasser halten. Doch wer wusste schon, wie lange das hier alles noch gehen würde. Wie lange der Orden den Todessern die Stirn bieten könnte.

„Möchtest du hineingehen?", fragte Narzissa mich und legte ihre Hand auf meine Schulter. Ich schluckte schwer und nickte. Langsam ging ich auf die Ladentür zu, ehe ich mich umsah und diese ohne jegliche Zeugen öffnete und anschließend darin eintrat. Ich war schon ein wenig stolz, dass man die Tür nicht mit einem einfachen Alohomora öffnen konnte. Wenn man es nur damit versuchte, so würde man von oben bis unten mit Schleim bespritzt werden. So hatten wir sichergestellt, dass nur die Zwillinge, Lee und ich Zutritt hatten.

Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus, als wir in den Verkaufsbereich eintraten. Alles war noch so wie vor unserer Abreise in den Fuchsbau. Die Produkte standen in den Regalen und warteten dort auf ihren nächsten Besitzer. Ich führte Narzissa durch die verwirrenden Reihen an Regalen und führte sie hoch in den Wohnbereich. Gedankenverloren entschuldigte ich mich für die Unordnung, doch wer hätte gedacht, dass ich mit einer bekannten Todesserin eine Hausführung machen würde. Bücher lagen verstreut auf dem Boden herum, ebenso wie verschiedene Zeichnungen für neue Erfindungen und die verschiedensten Kleidungsstücke. Wir waren noch nie der Ordentlichsten gewesen, doch jetzt schämte ich mich ein bisschen für die Unordnung. Im Haus der Malfoys war kein Staubkörnchen zu sehen.

„Ihr wohnt nicht mehr hier?", fragte sie überrascht, als wir uns am Esstisch niederließen. Ich schüttelte meinen Kopf: „Nein, es wäre zu gefährlich. Jedenfalls meint Molly das. Keine Sorge, wir haben eine sichere Unterkunft." Ich biss mir auf die Lippe. Womöglich hätte ich dies nicht sagen sollen, doch jetzt war es auch schon zu spät. Doch irgendwie hatte ich Vertrauen in Narzissa gefasst. Sie würde uns wohl kaum verraten. „Du bist nicht so wie wir anderen", sagte sie plötzlich und überrascht drehte ich mich zu ihr um. Fragend sah ich sie an. „Du hast den Mann nicht getötet. Kein anderer hätte auch nur überlegt, doch du hast ihn verschont", führte Narzissa auf und sah auf den Tisch. Der Tagesprophet lag dort aufgeschlagen und zeigte ein großes Bild von Dumbledore. „Ich kann nicht töten. Ich habe es einmal getan und möchte es kein weiteres Mal machen", murmelte ich und dachte an den Todesser, den ich auf der Hochzeit umgebracht hatte. Er tat mir leid. Vermutlich hatte auch er Familie gehabt, jetzt standen Sie vor dem Nichts. Für einen Moment hielt ich mir die Hand vor den Mund, als ich wieder das Gefühl hatte, dass Galle in mir aufstieg. Doch das Gefühl legte sich.

„Ich sage dir das jetzt im Vertrauen, und ich möchte, dass du niemanden davon erzählst. Ich bin in Wahrheit keine von euch. Ich war nie eine richtige Todesserin. Ich war von Anfang an auf Potters und Dumbledores Seite. Auf der Seite des Ordens. Doch ich hatte keine Wahl. Dumbledore hat mich dazu gezwungen, als dein Mann mir damals das Angebot gemacht hat. Ich musste es machen. Des Friedens willen", sagte ich und sah zu ihr auf. Narzissa jedoch wartete lange, ehe sie antwortete: „Ich finde es gut, dass du anders bist. Du wärst vermutlich schon längst Tod, wenn du dich uns nicht angeschlossen hättest. Aber keine Sorge, dein Geheimnis ist bei mir sicher." Sie legte ihre Hand auf meine. Ich nickte dankend. Wir schwiegen.

„Wie lange hast du diese Übelkeit schon?", fragte Narzissa mich, und überrascht von dem Themawechsel zog ich meine Augenbraun hoch. Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, zwei, drei Wochen vielleicht", antwortete ich. „Wann hattest du das letzte Mal deine Periode?", fragte sie mich und ein besorgtes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. Ich zog die Schlüsse. Und panisch wich mir alle Farbe aus dem Gesicht. „Sie kommen schon seit einiger Zeit ziemlich unregelmäßig. Eigentlich seitdem", ich brach ab, raffte mich dann jedoch auf und fuhr fort: „Das letzte Mal wahr wohl vor zwei Monaten." „Darf ich?", fragte Narzissa mich und deutete auf meinen Bauch. Ich nickte. Behutsam rückte sie mit ihrem Stuhl zu mir heran, und legte mir anschließend ihre kalte Hand auf den Bauch. Sie schloss ihre Augen und nach gefühlt einer halben Ewigkeit sagte sie: „Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht für dich ist, aber du bist schwanger. Du erwartest ein Kind Kate."

Fassungslos fuhr ich mir durch die Haare. Ein Kind zu diesen Zeiten auf die Welt zu bringen, war wohl die dümmste Idee, auf die ich jemals hätte kommen können. „Kate, es ist doch nicht das Kind vom Herrn?", fragte Narzissa alarmiert, doch sofort schüttelte ich meinen Kopf. Seit Weihnachten war er mir nicht mehr zu nahegekommen. Hatte sogar etwas abstand von mir gehalten. Es war Freds Kind, und ich konnte ihr auch genau sagen, an welchem Datum wir unseren Nachwuchs gezeugt hatten. Ich schluckte schwer.

***

Ich stieg aus den grünen Flammen und klopfte mir anschließend den Ruß von der Kleidung. Severus Snape sah von einem Stapel Pergamente auf und musterte mich kritisch. „Was willst du hier Kate?", fragte er mich und legte seine Feder auf die Seite. Ich ging auf ihn zu und setzte mich ihm gegenüber auf den Stuhl. „Du musst mir einen Gefallen tun", forderte ich ihn auf, doch der Schwarzhaarige schüttelte nur seinen Kopf. „Nein. Wir leben in anderen Zeiten. Ich kann dir keinen Gefallen mehr machen", wehrte er sofort ab und widmete sich wieder seinen Schriftrollen. „Severus bitte. Du weißt doch gar nicht, was ich von dir verlange", bettelte ich, doch er unterbrach mich. „Nein, der dunkle Lord überwacht alles. Er hat seine Augen und Ohren überall. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich jetzt nicht mehr unter seinem direkten Auftrag arbeite", schnitt er mich ab und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an.

„Das ist es, was ich auch möchte. Ich möchte nicht mehr für ihn direkt arbeiten", sagte ich und richtete mich im Stuhl auf. Schützen legte ich eine Hand auf meinen Bauch. „Kate, ich bin nicht in der Lage, dich aus seinen Diensten zu stellen. Du bedeutest ihm annähernd so viel wie Nagini. Er wird dich nicht gehen lassen", wehrte Snape ab. Ich schluckte schwer. Tränen bildeten sich in meinen Augen. „Es ist schon genügend, dass er die Carrow Geschwister in Hogwarts eingeschleust hat. Da kann ich mir um dich nicht auch noch Sorgen machen", fügte er an und fuhr sich seufzend über die Augenbrauen. „Das ist es auch, was ich möchte. Ich möchte in Hogwarts arbeiten", murmelte ich, stand jedoch auf, um ihm deutlich zu machen, wie ernst ich es meinte. „Es sind alle Stellen besetzt. Ich kann dich nicht einstellen" – „Severus bitte", flehte ich, „Es geht doch nicht mehr nur um mein Leben." „Um welches Leben geht es denn sonst? Der Weasley? Der wird sich schon zu Recht finden, wenn er nicht den Namen des Lords ausspricht. Er hat Greifer arrangiert, die jeden aufspüren, der seinen gefürchteten Namen ausspricht. Er wird umgebracht werden, falls er dies tut", sagte Snape und stand ebenfalls auf. Mit den Fäusten lehnte er sich auf den Schreibtisch. „Nein, es geht nicht um Fred", murmelte ich und blickte auf den Boden. Ich wünschte mir so sehr, dass es Fred wäre, um den es ginge, doch ich hatte keine andere Möglichkeit. Das Kind zu verlieren, wäre im Moment wohl das Beste, doch das konnte, und wollte ich nicht. Ich wollte Fred ein gesundes Kind schenken. Ein Kind, das wir aufwachsen sehen würden und ein Kind, das wohl zwei der ältesten Blutlinien vereinen würde. Bei Merlin, dieses Kind in mir sollte leben. Unter allen Umständen.

„Sag mir, um wen es geht!" – „Verdammt noch mal, ich bin schwanger Severus. Stell mich bei dir ein, und ich kann für mein Kind sorgen! Es braucht doch seine Mutter."

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt