| 51. Kapitel |

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„Herr, der Orden des Phönix hat die Absicht, Harry Potter am nächsten Samstag bei Einbruch der Dunkelheit von seinem gegenwärtigen sicheren Aufenthaltsort wegzubringen", sagte Severus, und rund um den Tisch wurde das Interesse spürbar. „Samstag ... bei Einbruch der Dunkelheit", wiederholte der Lord und blickte dabei gedankenverloren Severus in die Augen. Jeder andere hätte seinem stechenden Blick wohl kaum standgehalten, doch Snape blickte ihm gelassen entgegen. Dafür, dass er zu spät gekommen war, hatte er erstaunlich viel Selbstbewusstsein. Ich stattdessen war seit knapp zehn Minuten anwesend und hatte mich allein mit den ekelerregenden Todessern herumschlagen müssen. „Gut. Sehr gut. Und diese Information stammt ..." - „Von der Quelle, über die wir gesprochen haben", endete Severus. Ich schluckte schwer und dachte an die letzte Ordenssitzung. Dort hatte Kingsley nun das Ruder übernommen und uns angeordnet, dass wir ihnen diese Information eigentlich nicht hätten zuspielen dürfen. Eigentlich hätten wir ihren Plan verraten müssen, aber nicht den genauen Tag der kleinen Evakuierungsaktion. Yaxley warf Bedenken ein, wurde von dem dunklen Lord jedoch schnell zum Schweigen gebracht.

Anschließend sprachen sie über den kommenden Sturz des Ministeriums. Scrimgeour war in großer Gefahr, und ich hatte Kingsley schon oft gewarnt, jedoch wurden keine Maßnahmen getroffen, um den Zaubereiminister zu schützen. Er war selbst Leiter des Aurorenbüros gewesen und würde sich selbst schützen können, so Kingsleys Worte, ehe er sich von mir abgewandt hatte und verschwunden war. Ich schreckte aus meinen Gedanken auf, als der dunkle Lord sagte: „Ich war leichtsinnig, und so haben Glück und Zufall, die alles zerstören, außer die bestgeschmiedeten Pläne, meine Vorhaben vereitelt. Aber jetzt weiß ich es besser. Ich habe die Dinge begriffen, die ich früher nicht begriffen habe. Ich muss derjenige sein, der Harry Potter tötet, und der werde ich sein." Wurmschwanz zu unseren Füßen schrie wehklagend auf. Viele der Versammelten blickten verdutzt nach unten, ignorierten den kleinen Mann jedoch weitestgehend. Der Rotäugige räusperte sich und fuhr fort: „Wie ich gerade sagte, ich habe etwas begriffen. Ich werde mir zum Beispiel von einem von euch einen Zauberstab ausleihen müssen, ehe ich mich auf den Weg mache, um Potter zu töten." Entsetzen machte sich in den Gesichtern seiner Anhänger breit. Geschockt umklammerten meine Finger den Saum meines Pullovers, und Erleichterung machte sich in mir breit, als ich den dünnen Stab erfasste. Nagini hatten ihn mir nicht leichtsinnig entwenden können. „Catherine, ich wüsste keinen Grund, warum du deinen Zauberstab besitzen solltest. Eine solch mächtige Hexe wie du sollte diese Art der Magie beherrschen, nicht?", der Herr wandte sich an mich und ich sank in meinem Stuhl zu seiner rechten zusammen.

„Deinen Zauberstab", forderte er mich auf und streckte mir seine langen, dünnen Finger entgegen. Zögernd, jedoch kommentarlos reichte ich ihm meinen Zauberstab. „Aus was besteht er?", fragte er mich interessiert und drehte ihn bewundernd in seinen Händen. „Bergahorn, mein Herr", antwortete ich leise. Kaum merklich zuckte er zusammen. Es war bekannt, dass Bergahorn sich nur Zauberer und Hexen aussuchte, die abenteuerlustig waren. Das Holz war nicht für alltägliche Zauber geeignet. „Der Kern?" - „Einhornhaar", antwortete ich und Bellatrix, rechts neben dem Lord, lachte heißer auf. „Nun, dieser Zauberstab wird nicht auf mich hören. Er ist", der Lord stockte einen Moment, „Zu gut, wenn man es so nennen möchte, für mich." Er, dessen Name nicht genannt werden darf, wandte sich von mir ab, warf mir meinen Zauberstab zu und befragte nun Lucius Malfoy, der ihm schließlich auch seinen Zauberstab übergab. Bellatrix freute sich über diese wundervolle Aufgabe, wurde von ihm jedoch nieder gemacht, als er sie auf die Hochzeit von Remus und Tonks ansprach. Ich senkte meinen Blick und sah auf meine Hände, die meinen Zauberstab fest umklammert hielten. Für einen Moment kam mir der Gedanke, dass ich den Lord einfach umbringen sollte. Niemand beleidigte einfach so meinen Patenonkel und dessen Frau.

Das Thema wurde ein weiteres Mal gewechselt, als der Lord auf Charity Burbage, eine Lehrerin aus Hogwarts, die Muggelkunde unterrichtet hatte, wies. Sie flehte bei Severus um Gnade, selbst meinen Blick streifte sie. Sie wurde still, als sie mich erkannte. Erschrocken weiteten sich ihre Augen, als sie mich erkannte. Womöglich hätte sie als Letztes von mir erwartet, mich hier anzutreffen. „Schweig! Nicht genug damit, dass sie den Verstand von Zaubererkindern verdirbt und besudelt, hat Professor Burbage letzte Woche auch noch eine flammende Verteidigung der Schlammblüter im Tagespropheten geschrieben. Sie sagt, dass Zauberer diese Diebe ihres Wissens und ihrer Magie akzeptieren müssten. Die abnehmende Zahl der Reinblüter ist laut Professor Burbage ein höchst wünschenswertes Phänomen ... sie würde uns am liebsten alle mit Muggeln paaren ... oder sogar noch lieber mit Werwölfen ..." Niemand lachte. Verachtung lag in der Luft. „Avada Kedavra." Die Leiche der Lehrerin knallte förmlich auf den Tisch. Todesser zuckten entweder zurück oder fielen wie Draco und ich von ihren Stühlen. „Abendessen, Nagini", sagte der Lord und sofort schlängelte sich die Schlange auf die tote Lehrerin zu. Ich wollte auf dem Boden sitzen bleiben, doch ich rappelte mich sehr langsam auf und setzte mich wieder auf den Stuhl. Ich sah auf den Boden und konnte und wollte nicht mitansehen, wie die Schlange diese Frau zerfleischte. Sie hatte das nicht verdient.

***

Allein zu wissen, dass sich Fred heute in Lebensgefahr bringen würde, brachte mich schier um den Verstand. Normalerweise war ich es sonst immer gewesen, die irgendwelchen gefährlichen Aufgaben des Ordens übernommen hatte, doch dieses Mal machte ich mir fürchterliche Gedanken um den Rothaarigen. Doch genauso machte ich mir Sorgen um George, Fleur, Bill und alle anderen Beteiligten. Kurz vor der Hochzeit der beiden mussten sie noch ein letztes Mal ihr Leben riskieren.

Die wenigen schwarzen Strähnen, die sich langsam, aber sicher aus meinem Haarpäckchen lösten, wirbelten mir um den Kopf. Der lauwarme Wind, der sich über England zog, machte es mir schwer, gerade auf dem Besen sitzen zu bleiben. Gedankenverloren strich ich über die Maserungen des Komet 2-60. Seit meinem fünften Schuljahr war ich nicht mehr auf einem Besen gesessen, was ich jedoch alles nur dieser dummen Trulla namens Umbridge zu verdanken hatte. Ich hatte es vermisst, mich in den Himmel zu erheben, und doch war ich heute in Mission unterwegs. Meine linke Hand umklammerte den Zauberstab fest, während ich meine Nase hochzog und mir anschließend meine Kapuze überzog und die Todessermaske festschnürte. Ich hatte keine Lust darauf, mich vor allen anderen verteidigen zu müssen. Denn im Moment wussten nur Fred und Fleur von meinen Machenschaften. Selbstverständlich auch Kingsley, Remus, Tonks, Arthur und Mad-Eye, die heute mit von der Partie sein würden, doch ich wollte es Harry nicht direkt unter die Nase reiben. Ich drehte meinen Besen mit der Windrichtung und blickte nach rechts. Auch Draco hatte seinen Besen gedreht und wartete neben mir.

Das ferne Donnergrollen eines Motorrades und das anschließend hysterische Lachen von Lestrange rissen mich aus meinen Gedanken. Gleichzeitig drehten Draco und ich unsere Besen herum und blickten dem Gewitter aus roten und grünen Lichtblitzen entgegen. Ich stoß ein kurzes Stoßgebet an Merlin und hoffte, dass wir alle gut aus dieser Geschichte hinauskommen würden. Ich lehnte mich nach vorn und jagte einem Besen hinterher. Das Einzige, was ich jedoch tat, war einige nicht wirklich hilfreiche Zaubersprüche auf die Paare zu werfen, nur um sie die meiste Zeit zu verfehlen. Selbst das tat ich auch nur, um nicht aufzufallen. Insgeheim hoffte ich, dass ich niemanden verletzte. Doch kurz darauf stieg ich auf und versteckte mich hinter den dichten Wolken. Unter mir erstreckte sich das Meer an roten, grünen und weißen Sprüchen, wobei ich wusste, dass die grünen wohl nur von den Todessern stammten. Ich nahm die Maske ab und versuchte tief durchzuatmen. Meine Luftröhre zog sich zusammen, und panisch schnappte ich nach Luft. Ich konnte da nicht wieder hinunter. Wenn ich jemanden aus Versehen entwaffnen würde und dieser sich nicht mehr verteidigen könnte, so würde ich mir dies niemals verzeihen können. Was wäre, wenn dieser jemand wegen mir starb? Wenn es Fred wäre?

Erschrocken zuckte ich zusammen, als sich wie aus dem Nichts plötzlich ein grüner Totenkopf vor mir erstreckte. Ich riss meine Augen auf und erkannte, was geschehen war. Jemand war gestorben. Das dunkle Mahl prangte in den Wolken und war das Zeichen der Todesser sich zurückzuziehen. Ich schluckte und wollte mir nicht vorstellen, was geschehen war. Langsam lenkte ich meinen Besen gen Boden. Ich landete auf einem verlassenen Parkplatz. Hin und wieder flackerte das Licht darauf, doch sonst war niemand darauf zu sehen. Das fahle Licht, das die Neonleuchten ausstrahlten, wirkten nicht sonderlich beruhigend, und erschrocken zuckte ich zusammen, als Draco neben mir landete.

Ich sah zu ihm und ging langsam auf ihn zu. Die Maske hielt ich fest umschlossen. Das Gesicht des Jungen war aschfahl, als er sich überbeugte und kurz darauf ein Schwall Erbrochenes auf den Boden klatschte. Ich stellte mich neben ihn und strich ihm beruhigend über den Rücken. Als er sich wieder beruhigt hatte, richtete er sich mit Tränen in den Augen auf und keuchte: „Ich möchte das nicht mehr. Ich will nicht mehr!" Ich nickte verstehend und murmelte: „Ich auch nicht. Aber sieh doch, in knapp einem Monat wirst du wieder in Hogwarts sein und das alles wird dich nicht mehr betreffen. Das verspreche ich dir." „Das kannst du doch nicht wissen! Er sieht dich als treueste Dienerin an! Er hat dich sogar lieber als Bellatrix! Er wird uns umbringen, wenn wir uns gegen ihn stellen" - „Ich weiß."

Wir schwiegen uns an. „Wirst du zu uns kommen?", fragte Draco nach einer Weile, doch ich schüttelte meinen Kopf. „Nein, sag einfach, dass du mich verloren hast. Wir sehen uns bei der nächsten Sitzung. Oder du meldest dich, falls ich dir bei irgendetwas helfen kann", antwortete ich und nickte ihm zu. Draco verstand und trat einige Schritte zurück. „Gut, viel Glück" - „Dir auch", antwortete ich und trat ebenfalls ein paar Meter zurück. Dann schloss er seine Augen und disapparierte. Ebenso wie ich keine Sekunde später.

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt