Ankunft

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„Wir können tauschen.", sagte Bruno noch und schaute mich fragend an. Kurz überlegte ich und stimmte schließlich zu.
Bruno übergab mir langsam seinen Walkman. Ohne zögern lag auch schon mein Gerät, welches Musik abspielte, in seiner Hand. Schnell setzte ich die Kopfhörer auf und drückte auf einen Knopf.
Der Junge neben mir hatte ein komplett anderen Musikstil. Es waren Lieder wie
Sweet Child O' Mine - Guns N' Roses oder
Livin' On A Prayer - Bon Jovi.
Mir lag diese Musik nicht sonderlich nah aber es war interessant zu wissen was Bruno's Geschmack war.

Was musste er sich wohl gedacht haben, als er sich mein Mixtape anhörte? Die Musik war sicher nicht sein Geschmack. Allerdings zögerte er nicht sein Walkman wieder von mir zu verlangen. Ganz im Gegenteil. Er saß einfach nur neben mir und schaute manchmal rüber. Ich konnte spüren, dass er Glücklich war.

Nach ungefähr einer weiteren Stunde waren wir auch endlich in Hawkins angekommen. Die erste Person, die ich sah, war Max. Sofort eilte ich aus dem Auto und rannte in ihre Arme.
Freude und Erleichterung übernahmen mich. Ich ließ meinen Gefühlen freien Lauf.

Auch Max freute sich mich wieder zu sehen. Sie drückte mich fester, als bei unserem Abschied vor einiger Zeit, an sich.

„Ich habe dich auch vermisst.", nuschelte das rothaarige Mädchen in meine Schulter. Ich antworte nur mit einem Drücken, da ich meine Antworten lieber durch Emotionen zeigte. Es fühlte sich gut an endlich wieder in ihren Armen, die mich behüteten, zu sein. Wir schwankten langsam hin und her und lösten uns letztendlich wieder voneinander.

Das Mädchen schaute mich nun mit ihren feuchten Augen und einem warmen Lächeln auf den Lippen an. Ich wischte mir die Tränen von der Wange und sagte mit leicht zitternder Stimme :„Die sind von der Freude."

Meine Tasche schmiss ich nun um meine Schulter und meine Hände rutschen in die Jackentaschen der leicht dunkelbraunen Lederjacke, welche ich vorher über meine Arme gleiten ließ. Ich beobachtete nun, wie Max auch El begrüßte. Tief atmete ich die warme Sommerluft von Hawkins ein. Es mag komisch klingen aber ich könnte schwören, dass die Luft in Hawkins einer der besten Gerüche gewesen war. Sie hatte etwas süßliches aber auch frisches an sich.

„Hier war mal mein Zuhause.", wandte ich an Bruno, der die Straße genau musterte. Ertappt schaute er in meine Augen und sagte :„Ich war hier noch nie."

Der Junge näherte sich mir langsam. Dabei unterbrach er den Kontakt, den unsere treffenden Augen schafften, nicht. Ich tat es ihm nach. Niemals würde ich zuerst weg schauen. Mir wurde gesagt, dass es ein Zeichen der Schwäche sei und schwach war ich nie.

„Das ist Bruno.", erklang es schräg hinter mir.

Sofort unterbrach er den Kontakt, den unsere Augen prägten, und räusperte sich. Ich schaute noch für einige Sekunden in sein Gesicht, bevor ich mich ebenfalls umdrehte.
El, Max und Leila standen nun vor uns. Joyce beobachtete alles vom Auto aus.

„Max.", sagte das rothaarige Mädchen knapp und hielt Bruno ihre Hand hin. Bruno nahm sie entgegen. Erst jetzt viel mir auf, dass er schwarze Kurzfingerhandschuhe trug.
Dabei war es Sommer.

„Ich fahre zu Hopper.", rief Joyce aus dem Nichts. Ich nickte ihr nur zu und sie fuhr los.

„Wo ist Mike?", fragte El und schaute sich um.
Max lachte auf und antwortete :„Keine Sorge. Wir gehen ja schon los."

Auch ich lächelte auf. Ich hatte es vermisst in Hawkins zu sein. Es war praktisch mein erstes richtiges Zuhause gewesen.

Da war es: Das Haus der Wheelers.
Lange hatte ich es nicht mehr gesehen. Kurz vor meiner Abreise hatte ich viel Zeit mit Max und Lucas verbracht. Natürlich habe ich auch Zeit mit Dustin und Mike verbracht. Ich war auch oft bei Steve und Robin im Laden. Da die Starcout Mall zerstört wurde, haben die beiden vorläufig ein Job in einem Laden voller Spielautomaten bekommen. Keith, ein 'Kumpel' von Steve, der auch dort arbeitet, hatte ihnen den Job verschafft.

„Mike!", rief El und riss mich aus den Gedanken. Ich schreckte leicht zusammen, was mir erneute Aufmerksamkeit von Bruno verschaffte.
El sprang Mike förmlich in die Arme.
Der dunkelhaarige öffnete uns die Tür, da seine Mutter anscheinend nicht da war.

„Kommt rein. Am besten in den Keller.", sagte er schnell und Schritt zur Seite.
Mit festen Schritten ging ich die Treppe hinunter. Wie gewohnt knarrte die Treppe auf. Selbst dieses Geräusch hatte ich vermisst.
Mein Blick richtete sich von Boden hinauf und da saßen sie alle. Lucas, der uns als erstes bemerkte, Dustin, der sich sofort erhob und Will, der an einem Tisch etwas vorbereitete.

Vielleicht irrte ich mich und Will hatte einen guten Grund nicht mit mir zu fahren. Während meines Gedankenganges begab ich mich neben den Jungen und schaute ihn verträumt an. Ich beobachtete, wie Will kleine Figuren eines Spiels auf eines der Kästchen, die sich auf einem Spielbrett befanden, stellte.

Natürlich hatte ich auch die anderen begrüßt.
Erst jetzt bemerkte mich der Junge neben mir. Er räusperte sich und gab mir ein Kuss auf die Wange. Als wäre nie etwas geschehen. Nun legte er ein Arm um mich und sagte leise :„Tut mir leid, dass ich die letzten Tage so blöd zu dir war.“

Eigentlich hätte ich argumentieren sollen, stur sein sollen aber ich habe es einfach so hingenommen. Immerhin wollte ich, dass wieder alles wie früher wurde. Für einen kurzen Moment war alles um uns ausgeblendet aber durch Max lautes, sie wisse es doch, kamen sie alle wieder zurück.

Will und ich hatten unsere Beziehung den anderen vorenthalten. Natürlich wussten es El, Bruno, Leila und die anderen aus unsrem neuen Wohnort aber niemand aus Hawkins wusste es. Ich hatte es nicht mal Max erzählt, obwohl sie wusste, dass da was zwischen mir und Will war.

„Was baut ihr da auf?“, fragte ich schnell, um vom Offensichtlichen abzulenken.

„Wir bereiten eine neue Runde d&d vor.“, antwortete Mike, der nun vor mir und Will saß.

„Ich muss euch noch was erzählen. Es ist -“, fing ich an wurde jedoch von Mike unterbrochen.

„Das kann sicher noch warten.“, kam zurück.

Ich löste mich aus Will's Griff und stand auf. Meine gute Laune war wieder verschwunden. Schön, dass alles so geblieben ist wie früher. Sowohl die gut als auch die schlechten Seiten. Langsam bewegte ich mich auf dem alten Sessel zu. Bruno hatte mir tatsächlich mein Platz geklaut. Naja, er konnte es ja nicht wissen aber er hatte mir meinen Platz genommen.

„Rutsch mal!“, sagte ich mit leicht genervter Stimme. Sofort tat er das was ich sagte. Tatsächlich passten wir zusammen auf den Sessel. Es war zwar etwas eng aber es passte.

„Entschuldige, ich wollte nicht so gemein rüber kommen.“, sagte ich und überschlug meine Beine.

„Was ist den los?“, fragte er und nahm den gerade geschafften Platz ein. Er entspannte nun seine angespannte Muskulatur.

„Es ist wahrhaftig alles wie früher geblieben.“, antwortete ich auf seine Frage.

„Das ist doch gut.“

„Man kann das von zwei Seiten sehen. Spielt keine Rolle.“

Ich beugte mich nun über den Jungen neben mir und griff nach einer Chipstüte. So wie früher. Ich setzte mich wieder hin, öffnete die Tüte und griff hinein.

Stranger Things:„Die Rückkehr" Where stories live. Discover now