Jungkook küsste ihn erneut, ein Schmunzeln spielte um seine Mundwinkel als er mit einer Note Zweideutigkeit raunte: „Oder...wir erlauben den Kids einmalig, dass sie ein Lagerfeuer machen dürfen, damit wir das Haus für uns haben..."

Tae antwortete nicht. Stattdessen, liebend gern wäre er fähig gewesen seinen kreisenden Gedanken und Überlegungen eine Stimme zu erteilen, seufzte er matt und schmiegte sich an sein angetrautes Sternenfragment, betrachtete mit einem Hauch Melancholie die rauschende Brandung und das sich darin spiegelnde Abendlicht des brennenden Himmelsplaneten. Die Friedlichkeit, die das stehen am Strand bereithielt, wollte er so lange genießen wie es ihm vergönnt war, war der Aufenthalt an diesem Ort unglücklicherweise limitiert auf abzählbare Stunden. Bald schon würde er der Sonne wieder hinter Türmen aus Glas und Beton seinen Abschied bekunden, auf das sie ihn zum nächsten Sonnenaufgang mit ihrem Licht begrüßen täte.

Jungkook glaubte Tae's Schweigsamkeit als Bitte zu deuten, den trauten Moment ohne Worte zu begleiten und sich an dem Naturspektakel zu erfreuen, von dem sie Zeuge wurden. Der Schwarzhaarige kannte das friedliche Gemüt seines Liebsten, lange Jahre über erlernte er die Kunst zu perfektionieren, den ozeanblauen Augen jeden unausgesprochenen Wunsch zu erfüllen. Also hielt er brav den Mund und drückte seinen Gefährten ein Stückchen enger an sich, folgte den ozeanblauen Augen hin zum Meer und genoss die laue Brise, die durch die schwarzen Haare streichelte. Hinter ihm hörte er die Kinder Lachen, ihre schnellen Schritte in dem feinen Sand und wie Cedric sich versuchte Gehör zu verschaffen, es aber in Miles und Noah's Stimmengewirr unterging. Diese wenigen Sekunden, Sekunden die sich wie Jahre anfühlten, machten Jungkook klar, dass sein Gefährte nicht grundlos schwieg. Dass sein hübscher Kopf mehr zu tun hatte, als er zugeben mochte.

Und dann passierte noch etwas, was dem Schriftsteller wie Steine im Magen lag.

„Sternchen?", flüsterte er beklommen und schluckte. „S-sieh mich an, ja?"

Tae, der keine Hemmungen zeigte und seinen Kopf nur so weit zu seinem Gefährten drehte, dass das Glitzern in den ozeanblauen Augen seine Gefühle verriet, kam dieser Bitte nach und war sich nicht sicher, weshalb der Anblick des Sonnenunterganges abermals diese bitteren Ängste auslöste. Es war doch längst passiert, längst ruhte dieses düstere Kapitel in ihrer Vergangenheit – wieso dann wohnten die Stimmungen noch immer tief verankert in seinem Unterbewusstsein?

Jungkook senkte schuldbewusst den Blick, er ertrug es nicht mitanzusehen, wie sich Tränen aus den ozeanblauen Augen lösten und stumm über die blassen Wangen perlten. Reue? Angst? Nachwirkende Gefühlsstürme, die sich in schwachen Momenten wie diesen über ihn hermachten? Unentschlossenheit. Denn Tae wurde erst jetzt klar, warum er nicht mehr dem Ozean angehörte. Warum er von seiner Heimat verstoßen wurde. Die Gestaltwandlung hatte ihm nicht nur die Flosse und die Zaubermagie genommen, sondern darüber hinaus die Fähigkeit, jemals wieder in Kontakt mit dem mysteriösen Meervolk zu treten. Das Privileg seiner ozeanischen Abstammung war nichts mehr wert. Der Zauber des Menschseins hatte ihn im Gegenzug die Gabe gekostet, unter Wasser atmen und leben zu können. Der Ozean hatte Tae freigesprochen...und von sich gestoßen. Gänzlich.

Er war durch und durch zu einem bedeutungslosen Menschen geworden.

„Tae, Schatz", fing Jungkookk bedächtig an zu formulieren, stellte sich direkt vor seinen Liebsten und führte beide Hände an seine Wangen, vorsichtig hob er die Daumen um die salzigen Perlen zu trocknen, die ihm selbst Kummer bereiteten. Ein Effekt der Liebe, verknüpfte Schicksale und geteilte Emotionen. Jungkook hatte es noch nie ertragen, seinen Engel aus der anderen Welt traurig zu sehen. Seufzend lehnte er seine Stirn gegen die andere und schloss die Augen, fühlte die Wärme und fühlte ebenso, wie allein diese zutrauliche Geste genügte, um ihm inneren Frieden zu beschenken.

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