Shadowsoul - Pfad der Schatten - Kapitel 9

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„Vergiss es, ich mag dir zwar nicht an die Gurgel gegangen sein, aber ich bin immer noch stocksauer auf dich!“ Cassy musste lächeln, mit so etwas hatte sie in ihrem ganzen Leben nicht gerechnet. Sie beobachtete noch eine Weile, wie Jared im Kreis lief und Sarah und John sich erneut in die Haare kriegten. Doch sie brauchte jetzt erst einmal etwas Ruhe.

„Ich muss über einiges nachdenken. Wenn ihr mich braucht, ich bin im Schlafzimmer, aber klopft bitte vorher an.“ Alle drei nickten und sie ging in ihr kleines Zimmer. Nachdem sie die Tür abgeschlossen hatte, ließ sie sich mit einem Seufzer aufs Bett fallen. Sie schaute hoch zur Decke, dann schloss sie für einen Moment die Augen. So viel war passiert. Von heut auf  morgen wurde ihre komplette Welt auf den Kopf gestellt. Jetzt wo sie in ihrem Bett lag, kam ihr das alles mehr und mehr wie ein Traum vor. Immer wieder kehrten ihre Gedanken zu Zane zurück. Warum war er kein Mensch? Und warum liebte sie ihn überhaupt, sie wusste so gut wie nichts über ihn! Na gut, das lag wohl eher daran, dass er selbst nichts über sich wusste. Diese Beziehung hatte doch absolut keine Zukunft! Sie musste aufhören sich Gedanken darüber zu machen. Jetzt war doch ein guter Zeitpunkt, um ihre Fähigkeiten zu üben. So konnte sie sich wenigstens ablenken. Cassy überlegte. Sie wollte jetzt niemandes Gedanken lesen und mit Zane wollte sie sich auch nicht unterhalten, schließlich versuchte sie Abstand zu gewinnen. Aber sie konnte den Schattenblick ausprobieren. Sarah hatte Recht, sie musste diesen Trick mit ihren Augen so schnell wie möglich beherrschen. Sie schloss die Augen und stellte sich die Schattenwelt vor. Nun hatte sie auch eine konkrete Vorstellung und es dauerte nur Sekunden. Sie öffnete die Augen und staunte, wie anders ihr Zimmer jetzt aussah. Die Farben waren verschwunden, alles schien nur noch aus Nebel zu bestehen. Cassy richtete sich auf und sah sich um. Du meine Güte, sie konnte sogar durch Objekte durchsehen! Sie sah alle Klamotten, welche in ihrem Schrank hingen, sie konnte sogar durch die geschlossene Tür in ihr Badezimmer sehen! Das war gleichzeitig schräg und cool. Nun verstand sie auch warum diese Gabe so wichtig war, sie konnte Dinge sehen, die ihr sonst verborgen geblieben wären. Ihr Blick wanderte durchs Zimmer und blieb an ihrem kleineren Schrank hängen. Dort lag neben ihrem alten Schulzeug die kleine weiße Katze, das einzige Erinnerungsstück an ihre Eltern. Cassy stand vom Bett auf und hockte sich davor.

„Das gibt’s doch nicht!“ Mit dem Schattenblick konnte sie erkennen, dass an um ihr Halsband ein Zettel gewickelt war. Sie öffnete den Schrank und holte das kleine Kuscheltier heraus. Doch dort wo der Zettel hätte sein sollen, griff ihre Hand ins Leere. Der Zettel war in der Schattenwelt, sie konnte ihn also nicht erreichen! Deswegen hatte sie ihn auch früher nie bemerkt. Aber wie sollte sie ihn jetzt lesen, wenn sie keine Möglichkeit hatte an ihn heranzukommen? Sie musste irgendwie in die Schattenwelt. Zane konnte und wollte sie schlecht fragen. Bestimmt konnte er keine Objekte aus der Schattenwelt mit in ihre Welt bringen. Mist! Ihr blieb nur eine Wahl, sie musste selbst in die Schattenwelt wechseln. Doch laut Zane war es sehr gefährlich und er wollte es erst viel später mit ihr versuchen. Allerdings konnte Cassy nicht mehr warten, sie wollte jetzt wissen, was auf dem Zettel stand. Er war hundertprozentig von ihren Eltern! Die Informationen könnten ihnen vielleicht sogar weiterhelfen. Sie wechselte wieder in ihre normale Sicht. Nun sah es so aus, als würde der Zettel gar nicht existieren. Sie konnte ihn weder sehen, noch spüren. Vorsichtig legte sie die kleine weiße Katze aufs Bett. Sie trat zurück und atmete einmal tief durch, dann schloss sie die Augen. Diesmal fand sie die Barriere beider Welten viel schneller als beim ersten Mal. Angst ergriff sie, was wenn irgendwas schief ging? Entschlossen vertrieb sie alle Zweifel, endlich hatte sie die Chance etwas über ihre Eltern herauszufinden. Cassy legte im Geiste beide Hände an die Wand aus Nebel. Sie spürte die Kälte, die ihr aus der anderen Welt entgegenschlug. Jetzt oder nie! Nur ein Schritt und sie würde in der Schattenwelt sein. Nachdem sie noch einmal tief Luft geholt hatte trat sie hindurch. Der Nebel zerteilte sich und ließ sie in die andere Welt ein. Cassy fühlte, wie ihr Körper sich aufzulösen begann, doch weder in ihrem Herzen, noch in ihrem Kopf war Platz für Zweifel. Sie blieb ruhig und ließ es geschehen, ließ die Kälte von ihr Besitz ergreifen, bis sie sie vollständig verschlungen hatte. Seltsam, sie hatte gedacht, dass das Übertreten schmerzhaft wäre. Warum sonst hatte Zane sie davor gewarnt? Langsam öffnete Cassy die Augen. Und holte überrascht Luft, sie hatte es tatsächlich geschafft! Sie war wahrhaftig in der Schattenwelt! Staunend betrachtete sie ihr Hände, sie waren schwarz und ihre Konturen zerflossen zu Nebel und doch schienen sie Substanz zu haben. Einfach unglaublich! Sie war nun ein Schatten! Na ja, mehr oder weniger. Vorsichtig streckte sie sich, ihr Körper funktioniert einwandfrei, nichts war beim Übergang schief gelaufen. Sie sah wieder zu der Katze auf dem Bett, nun konnte sie den Zettel an sich nehmen. Doch sie hatte es noch nicht so mit der Koordination, plötzlich stand sie mit ihrem Bein in ihrem Bett! Schnell zog sie es hoch, doch sie hatte nicht mit ihrer enormen Schnelligkeit gerechnet und fiel nach hinten um. Über sich selbst lachend stand sie wieder auf.

Shadowsoul - Pfad der Schatten - A Book by MadlWhere stories live. Discover now