Natürlich wusste ich das.

Ich traute mich nicht, in Alex' Augen zu sehen, da ich wusste, wie breit sein schelmisches Grinsen sich sicherlich auf seinem Gesicht abgezeichnet hatte.

»Hailey.«

Er zwang mich ja praktisch dazu, ihn anzusehen, und ich hatte recht behalten: Das typische ›Ich-wusste-es-Grinsen‹ zierte sein Gesicht und seine blauen Augen blitzten auf. Ich riss mich zusammen, atmete kurz aus, während mein Blick hin und her flirrte und meine Körperhaltung angespannt war.
»Sag es ihm nicht. Lass uns kurz vor Spielbeginn zu den Plätzen. Ich möchte nicht, dass er davon weiß.«

»Wovon weiß? Dass du heute seinetwegen zum Spiel kommst, oder dass du dich heimlich mit mir im Park triffst?«

»Alex«, sagte ich empört und schlug ihm gegen den Arm. Er lachte nur auf und hielt sich daraufhin spielerisch den Arm, während er sich vor Lachen nicht mehr einkriegte. Zusätzlich strafte ich ihn mit meinem ›Dein-Ernst-Blick‹, woraufhin er sich wieder fing. »Ja, ist ja gut. Sollte lustig sein«, entgegnete er, woraufhin auch ich kopfschüttelnd zu Schmunzeln begann. »Na gut, ich muss nur meine Sporttasche packen und dann können wir los.«

»Alles klar. Liam hat mir seine Autoschlüssel gegeben. Er sagte, ich soll mit seinem Wagen kommen, da er und Noah schon längst dort sind und er weiß, dass mein Dad mein Auto heute braucht.«
»Verstehe. Ich brauche vielleicht zehn Minuten«, erklärte ich, während ich den Haustürschlüssel aus meiner Tasche kramte und zum Gehen ansetzen wollte.

»Gut, machen wir so.« Er nickte.

»Bis gleich.«

»Bis gleich, Brooks.«

***

Ich brauchte nicht besonders lang, da ich noch etwas Schminke trug und meine Haare schnell zu einem hohen Zopf zusammenband. Ich wollte die Trainingssachen, bestehend aus einer kurzen, dunklen lilafarbenen Volleyballhose und einem gelben T-Shirt, einpacken, als ich einen kurzen Blick auf mein Handy erhaschte und auf dem Handybildschirm Ellies Name aufleuchtete.

Hailey, Süße, komm bitte in den Volleyballklamotten. Die Umkleiden der Damen sind wegen des Spiels und wegen Sicherheitsgründen heute gesperrt.

-Ellie.

Genervt verdrehte ich die Augen und betrachtete die Kleidung nicht lange, bis ich in diese wechselte und ein letztes Mal in den Spiegel schaute, bevor ich mir meine Sporttasche schnappte, die Treppen hastig hinuntersprintete und die Tür aufziehen wollte.

Ja. Wollte. Das war schon richtig.

Bei meinem Vorhaben wurde ich von niemand geringerem als meiner zuckersüßen und keinesfalls neugierigen Schwester unterbrochen. Ironie lässt grüßen. Ich ließ die Türklinke los und schloss für einen Moment gereizt die Augen. »Hailey, wo willst du denn jetzt noch hin?«

Ich drehte mich um und sah Lili, wie sie wieder mal mit einer Schüssel Kelloggs in der Küche saß und ihre Lieblingsserie auf ihrem Handy schaute. Bei meiner Hetzerei hatte ich sie gar nicht bemerkt.
»Zum Training. Wonach sieht es denn aus?« Ich beäugte sie kritisch, vor allem, weil sie verschmitzt zu Grinsen begann. An meiner Kleidung hätte man mir bereits ansehen sollen, dass ich doch zum Training gehe.

»Ja, sicher«, ergänzte sie noch und sie wusste, dass sie mich damit zur Weißglut brachte. Sie stand auf und ging auf die Kühlschranktür zu und öffnete sie, allerdings verharrte sie in der Bewegung, als sie aus dem Fenster sah und ihr Blick wie magisch an der Fensterscheibe klebte.

»Lili? Alles in Ordnung?«, fragte ich sie sichtlich verwirrt und wollte mich ihr nähern, als sie plötzlich zum Sprechen ansetzte: »Moment, wie bitte? Was macht Alex Carter vor unserer Haustür?«
Mit offenem Mund wechselte ihr Blick zwischen ihm und mir hin und her. Ich atmete laut aus und wusste, dass das alles andere als logisch für sie schien. Denn wenn wir ganz ehrlich waren, wäre auch ich ziemlich verwirrt gewesen, wenn meine Schwester nie wirklich etwas mit Typen zu tun hatte und gleich eine der beiden beliebtesten Abschlussschüler etwas mit mir zu tun hatten.

»Glaub mir, Lili, der Tag wird noch kommen, an dem ich dir sage, was Sache ist. Nicht nur dir...auch-auch Mom und Dad.« Ich schluckte. Sie schaute mich an – zog ihre Augenbrauen zusammen und hatte noch immer diesen misstrauischen Blick aufgesetzt. Aber sie sagte nichts mehr und ging wieder zurück in die Küche und setzte sich wieder vor ihre Schüssel Kelloggs.

»Ach und Hailey«, hörte ich, als ich schon wieder kurz davor war, das Haus zu verlassen.

»Was denn noch?«, fragte ich emotionslos, da ich mit irgendeiner unnötigen Bemerkung ihrerseits gerechnet hatte.

Umso geschockter war ich, als sie kleinlaut ein »Viel Spaß« murmelte. Auf die Sekunde drauf bereute ich meinen harschen Unterton, drehte mich zu ihr um und flüsterte mit einem sanften Lächeln ein »Danke«, während die Tür einen Augenblick später laut ins Schloss fiel.

»Brooks, wieso hat das denn so lange gedauert«, rief mir Alex aus dem offenen Fenster zu, bevor ich überhaupt das Auto erreichte. »Sorry, ging nicht anders. Ich musste mich noch umziehen, weil die Kabinen heute gesperrt sind und Lili hat mich aufgehalten.« Ich stieg ins Auto, schloss die Tür und Alex fuhr sofort los.

»Deine Schwester?«

»Jap«, antwortete ich knapp und schaute geradeaus, als wir an einer hohen Wiese mit schönen Blumen vorbeifuhren.

Erstmals war es länger zwischen uns beiden still und ich genoss die Fahrt, da sich das rotorange langsam am Himmel bemerkbar machte und ich nicht anders konnte, als mich ein Stück weiter in den Sitz zurückzulehnen und verloren in die endlose Weite zu blicken.
Dass tat ich so lange, bis mir plötzlich wieder der kleine Zettel einfiel, den mir Alex gegeben hatte.

»Warte, wo ist der Zettel?«, fragte ich leicht in Panik versetzt, bevor Alex das Stückchen Papier mit Leichtigkeit hervorzog. Ich war beruhigt.

»Aber-aber ich hatte den Zettel doch gerade noch in der Hand?« Die Frage war vielmehr an mich gerichtet, doch Alex kam mir schon zuvor. »An deiner Stelle würde ich aufpassen, dass ich keine Zettel vor meiner eigenen Haustür fallenlasse.«

Typisch ich. So was konnte auch nur mir passieren.

Meine rechte Hand zitterte, als ich das kleine Papier auseinanderfalten wollte, und eine Gänsehaut machte sich auf meinem gesamten Körper breit, als meine Augen die Zeilen inspizierten.
Es war schon wieder Karopapier. Meine Mundwinkel hoben sich.

Idee 6: »Selbstakzeptanz.«
Selbstakzeptanz befreit von der Last jemand sein zu müssen, der man nicht ist. Nur wenn man mit sich selbst im Reinen ist, kann man seinem Herzen folgen. Innere Freiheit sorgt automatisch für mehr Leichtigkeit. Außerdem ist es wichtig – und dabei komplett gleichgültig, ob es gut oder schlecht ist -, dass im Leben jetzt gerade etwas der Realität entspricht. Heute gibt es keinen ellenlangen Text, sondern zwei kleine Tipps, um mehr Selbstakzeptanz zu schaffen und somit glücklicher durchs Leben zu gehen.

Erster Tipp: Vergleiche dich mit niemandem. Es macht dich nur unglücklich, da es immer jemanden geben wird, der oder die besser in etwas ist, als du selbst. Das denken sogar die Menschen, zu denen du aufsiehst. Die einzige Person, mit der du dich vergleichen solltest, ist die Person, die du gestern warst.

Zweiter Tipp: Akzeptiere deine Fehler. Das ist leichter gesagt als getan, aber es hilft ungemein dabei, sich selbst zu vergeben und mit sich (wie schon zu Beginn erwähnt), selbst im Reinen zu sein.

Sei dein eigener bester Freund, den du in guten Tagen lobst und an schlechten Tagen zur Seite stehst. Das brauchst du genauso sehr wie jeder andere auch. Niemals läuft alles genau so, wie man es sich vorstellt und auch wenn wir Menschen stetig aufs Streben ausgerichtet sind und uns immer verbessern wollen, ist eine Reflexion wichtig für uns. Oder auch einmal ein Schritt zurück. Bleib nur nicht stehen. Mache Fehler, tue unangenehme Dinge und stehe zu dir selbst. So ist das Leben.

Das Radio lief leise im Hintergrund, als Idee sechs leise in meinen Kopf rieselte und ich das rotorange am Horizont betrachtete, das sich mit der Podcast-Idee in sanften Tönen vermischte und ich den Zettel leicht an meine Brust drückte. Ich könnte für immer seine Ideen lesen, dabei im Sonnenuntergang versinken und die abendliche, frische Sommerluft auf meinem Gesicht spüren.

                             ☾

Danke fürs Lesen.
Schreibt mir doch gerne einen Kommentar und lasst ein Sternchen da, wenn es eich gefallen hat.
Bis Sonntag.

LAST SUMMERWhere stories live. Discover now