Jade stieß lautlos die Luft aus. Also war die Frau auf dem Bett Ravens Mutter. Sie sah noch so jung aus. Man hätte sie für Ravens ältere Schwester halten können. Doch es war tatsächlich ihre Mutter. „Dann stimmen die Gerüchte ja noch.", dachte sie, „Die eigentliche Königin hat noch gelebt, als Raven gekrönt wurde."

„Bitte Mama, wie zur Hölle soll ich das alles wieder in Ordnung bringen? Sag mir wie!", schrie Raven verzweifelt schaute auf das leblose Gesicht ihrer Mutter, als erhoffte sie sich dort Antworten zu finden. Nun nahm Jade allen Mut zusammen und betrat den Raum. Langsam kam sie auf die schluchzende Raven zu. „Vielleicht wäre es ein guter Anfang mit mir zu reden.", sagte sie leise und zuckte im nächsten Moment zusammen, als eines von Ravens scharfen Wurfmessern ihre Wange streifte und ihr eine kleine Schnittwunde zufügte. Irritiert fasste sich Jade an die Wange und schaute auf ihre blutigen Finger. „Das hätte ich kommen sehen müssen.", murmelte sie und ging weiter auf Raven zu. „Komm auch nur noch ein Stückchen näher und ich werfe noch eins.", fauchte Raven wütend. Ihre Stimme bebte. Jade verschränkte die Arme. „Meinetwegen, dann bleibe ich hier stehen, aber ich werde nicht gehen, bevor du mit mir geredet hast."

****

Ylva lehnte sich erschöpft neben der Tür des Versammlungssaales an die Wand und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Sie versuchte sich zu sammeln und ihre Gedanken zu ordnen. Schließlich stieß sie sich wieder von der Wand ab, straffte die Schultern und zwang sich zu einem Lächeln. Dann drückte sie die geschwungene Klinke herunter und betrat den Versammlungssaal. Irritiert blieb sie an der Tür stehen. Diese wurde von einem Windstoß krachend ins Schloss gedrückt. Im Saal befanden sich nur Monara und Evelyn. Monara beugte sich über ein dunkles Notizbuch und schrieb eifrig hinein. Evelyn hingegen lag mit ausgebreiteten Armen auf dem großen Teppich und hatte die Augen geschlossen. Monara sah bei dem lauten Knall auf. Ylva kam auf sie zu und stützte sich mit den Händen auf der Tischplatte ab. „Was machst du da?", fragte sie neugierig. Monara schlug seufzend das Buch zu. „Tagebuch schreiben, wenn du es genau wissen willst.", entgegnete sie müde und streckte sich. „Aha." Ylva nickte verstehend und deutete dann auf Evelyn, die sich nicht einmal geregt hatte. „Schläft sie?" Monara drehte den Kopf zu ihrer Freundin und lächelte. „Glaube ja, niedlich oder?" Ylva verdrehte grinsend die Augen und schaute zu Evelyn. Monara hatte recht, es sah echt süß aus, wie sie dalag. Jetzt meldete sich Evelyn zu Wort. Langsam hob sie ihren Arm und wedelte mit ihrem Zeigefinger in der Luft herum. „Ich schlafe nicht.", murmelte sie mit immer noch geschlossenen Augen. Ylva kicherte und ließ sich neben ihr auf dem Teppich fallen. „Ist klar.", lachte sie und kniff Evelyn leicht in den Arm. Diese gab einen überraschten Schrei von sich und setzte sich ruckartig auf. Monara sah Ylva tadelnd an. „Hör auf meine Freundin zu ärgern.", sagte sie lachend und glitt vom Stuhl. Nun saß sie direkt vor Evelyn und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatte. Ylva schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Reibt es mir noch mehr unter die Nase, dass ich total Single bin.", beschwerte sie sich und verschränkte trotzig die Arme. Evelyn lachte. „Die richtige Person kommt schon noch.", sagte sie und sah dann Monara tief in die Augen und gab ihr einen Kuss. Ylva drehte den Kopf weg. „Brech, Würg.", spottete sie, „Das ist ja nicht auszuhalten." Schnell wechselte sie das Thema und sah sich suchend in dem großen Saal um. „Wo ist Feya eigentlich?"

„Hier wirst du sie nicht finden.", antwortete Evelyn und rieb sich über die Augen, „Sie wollte frische Luft schnappen." Ylva ließ sich auf den Teppich neben Evelyn fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Aha."

„Und wo hast du Jade gelassen?", fragte Evelyn, „Ich habe gehört wie sie dir nachgelaufen ist." Ylva drehte sich auf den Bauch und zupfte an den langen Fransen des dunkelblauen Teppichs. „Sie ist mir entgegengekommen, als ich bei Raven war.", entgegnete sie leise.

„Hast du ihr deine Meinung gesagt?", fragte Monara leise. „Klar, warum wärst du sonst zu ihr gegangen. Du willst doch nicht mehr Zeit mit ihr verbringen als unbedingt nötig." Ihre Stimme klang bitter. So langsam hatte sie genug von den ewigen Streitereien, auch wenn sie Ylva in einigen Punkten, was Raven anging, zustimmen musste. Ylva drehte sich seufzend wieder auf den Rücken. „Lass mich doch in Ruhe.", murrte sie. „Hast du sie angeschrien oder nicht?", mischte sich jetzt auch Evelyn ein. „Du weißt, dass wir uns Streitereien nicht leisten können.", sagte Monara vorwurfsvoll. Ylva stöhnte auf. „Sie war nicht da, ok? Ich hatte gar keine Gelegenheit dazu. Und warum nehmt ihr sie eigentlich immer in Schutz? Das hat sie gar nicht verdient..."

„Vielleicht nicht.", sagte Evelyn leise, „Aber sie hat auch nicht verdient, dass wir sie zusätzlich noch runtermachen. So sind wir nicht. Du würdest das auch nicht wollen." Ylva schwieg betroffen. „Ihr habt Recht.", sagte sie leise. „Ich weiß nicht was mit mir los ist. Keiner hat es verdient so viele Schmerzen zu erleiden." Ihre Stimme bebte. „Ich bin so ein Idiot...", murmelte sie kaum hörbar. Evelyn legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Bist du nicht.", sagte sie leise. Ylva holte rasselnd Luft. „Doch...bin ich..."

Queens- When darkness fallsWhere stories live. Discover now