Erbe

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Die Haare der jungen Frau wippten auf und ab während sie durch die eintönigen weißen Flure ging. Sie schaute sich nicht um. Sie kannte die Flure in und auswendig und konnte mit geschlossenen Augen ihren Weg finden. Ihr Ziel war das alte Herrenhaus. Ein vorkommen aus Stein erbautes altes Anwesen, ähnlich wie ein Schloss. Fröhlich war sie zwar nicht, das war sie noch nie gewesen, doch tat sie so als lebe sie in ihrer eigenen Welt. Vor sich sah sie den Durchgang zum Herrenhaus und in ihm einen jungen Mann. Sie zog die Stirn in Falten. Ihr Vater hatte sie ins Herrenhaus gerufen, doch wusste sie weder was er wollte noch freute sie sich darauf es zu erfahren. Er war der Anführer einer strengen Gesellschaft die Wesen jagte. Wesen die nicht Menschlich waren. Menschen konnten die Fähigkeiten dieser Wesen noch nicht mal vollständig erahnen. Dämonen. Sie hatte vieles über sie gelernt, doch weigerte sie sich in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten und den gleichen Hass für sie zu entwickeln wie er. Sie wurde gezwungen ein Teil dieser Hunter zu sein, doch fand sie deren Ansichten geschmacklos. Böse waren Dämonen, nichts weiter und unfähig etwas zu fühlen. Sie lernte zwar ihre Verhaltensweisen und Tricks, doch June glaubte, dass das nicht alles sein konnte. Sie seufzte während sie an der Tür stehen blieb. Ihre Schwestern hatten es gut. Sie waren in der Uni, konnten ihren Berufen nachgehen und eine ihrer Schwestern hatte einen netten Mann geheiratet. June schaute auf und ihr Blick viel erneut auf den Mann, der im Durchgang höchst warscheinlich auf sie wartete.

„Was willst du, Branden?", mit scharfem Ton stieß sie die Tür auf und lief zielgerichtet den Durchgang entlang.

Der Mann vor ihr drehte sich um und lächelte. Sie stockte verdutzt und kam kurz drauf holpernd zum stehen. Branden Nedina war ein schrecklicher Kerl, sie hasste ihn und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Wann immer sie sich begegneten schnaufte er verächtlich, er sagte kaum etwas, aber sein Blick allein verriet ihr, dass er nichts von ihr hielt. Er war ein Kotzbrocken, doch kämpfen konnte er gut. Er war hoch angesehen in der Organisation von Huntern, man schrieb ihm eine erfolgreiche Zukunft dort zu und das stieg ihm sehr zu Kopf. Arrogant und hochnäsig. Sie hatte es sich angewöhnt ihn zu irgnorieren oder ihm bei einer schnipischen Bemerkung zu kontern. Jetzt aber konnte sie sich keinen Reim aus seinem Lächeln machen. Die Falten auf ihrer Stirn wurden so tief, dass man sie als Krater bezeichnen konnte.

„Hey.", sein Ton triefte nur so vor gespielter Höfflichkeit. June lehnte angewiedert den Kopf zurück, dann schüttelte sie sich und setzte ihren Weg fort. Sie hörte wie er kurz genervt stöhnte, dann die Schritte, die ihr zu folgen schienen.

„Ich wiederhole mich ungern.", schnaufte sie und schaute stur geradeaus.

„Dein Vater schickt mich um dich zu begleiten.", sein Tonfall hatte etwas an normalität gewonnen, doch war er ihr immer noch zu aufgesetzt.

„Das brauche ich nicht und ich rate dir es bei der üblichen Distanz zu lassen!", sie blieb ruckartig stehen und starrte ihm in die Augen, er starrte zurück und man konnte sehen wie seine Maske langsam an Wirkung verlor. Irritiert zog er die Augenbrauen zusammen sagte aber nicht weiter dazu. So liefen sie den Durchgang entlang. Einer vorraus der andere Hinterher.
June schwante nichts Gutes. Wahrscheinlich hatte ihr Vater wieder irgendetwas für ihr Leben entschieden, ohne ihre Gefühle in betracht zu ziehen und ohne sie zu fragen. Sie wusste nicht wie ihre Mutter mit einem so kalten Menschen zusammen sein konnte. Die Flure der Herrenhauses waren dunkel. Man hätte Kerzen aufstellen können und schon hätte man die perfekte Mittelalterkulisse. In den Gängen standen zentnerschwere Schränke mit Büchern die älter nicht sein konnten. Über Mythen, Legenden und Dämonen. Sie hatte sich diese als sie jünger war immer angesehen. Doch als sie lesen konnte stand wie immer nur das übliche drin. Dämonen: böse.
Der Flur vergrößerte sich und nach einigen Abzweigungen, sah sie die große Eichentür zum Versammlungsraum. Die hochrangigen Mitglieder der Gesellschaft waren höchstwahrscheinlich an einem langen schweren Tisch versammelt und diskutierten. Sie sammelte all ihren Mut und stieß die Tür ohne zu klopfen auf. Sie war schwerer als gedacht und noch während sie die Tür aufschob, sah sie den genervten Blick ihres Vaters.

„Vater ich bin hier.", mit lautem kalten Ton kündigte sie sich an. Die alten Männer im Raum raunten und schauten in ihre Richtung. Sie schaute jedem ins Gesicht, doch bemerkte sie zum ersten Mal, wie die Männer sie von oben bis unten beäugten. Ihre Stirn zog sich leicht in Falten.

„Ah Branden, da ist ja der Mann der Stunde.", eines der Mitglieder schrie förmlich auf und lief mit großen Schritte auf Branden zu. June schaute hinter sich und die Falten auf ihrer Stirn vertieften sich.

„June, es gibt etwas wichtiges zu planen.", bemerkte ihr Vater kalt und rief sie zu sich, sie blieb mit gutem Abstand vor ihm stehen, „Ich kann dich beglückwünschen."

„Wozu?", Junes Herzschlag beschleunigte sich, wenn ihr Vater sie beglückwünschte war das ganz und gar nichts Gutes.

„Du wurdes Auserwählt den nächsten Erben bereitzustellen.", das Fragezeichen über ihrem Kopf wurde immer größer und drohender.

„Erben? Was habe ich mit irgenteinem Erben zu tun?", June schaute über die Schulter. Die Masse der Ältesten wurde immer lauter und hatte sich um Branden gescharrt.

„Branden und du, ihr werdet die Ehre haben den Erben zu zeugen.", June hatte das Gefühl eine Bombe sei neben ihrem Ohr explodiert, alles lief in Zeitlupe und ihr Hirn konnte Informationen nicht mehr verarbeiten.

„Was meinst du damit?", hauchte sie unglaubig.

„Ihr, Unsere nächste Generation, werdet die nächste Generation produzieren, eine perfekte Generation mit allen Mitteln die uns zur Verfügung stehen... ihr...", erklärte ein Mitglied das sich neben ihrem Vater voller Stolz aufgebaut hatte.

„Und das beschließt ihr einfach so..!?", June schrie ihre Worte mit nachdruck heraus. Sie war fassungslos und konnte immer noch nicht verstehen was vor sich ging. Ihr Vater starrte sie wütend an.

„Was machst du für eine Scene.", schoss er ihr scharf entgegen, „Das klären wir woanders."

Ein unangenehmes Kribbeln und ein dumpfer schmerz breitete sich in ihrem Korper aus, Sie starrte ihren Vater mit weit aufgerissenen Augen an. Sie verstand nicht was los war. Unsanft packte er sie und zog sie hinter sich her, in einen kleineren Raum mit noch bedrückenderen Wänden. Sie bekam keine Luft mehr.

„Reiß dich mal zusammen, Herrgott.", fauchte ihr Vater sie an und schüttelte genervt den Kopf.

„Was fällt dir ein....", hauchte sie kaum hörbar.

„Was?", ihr Vater verdrehte die Augen und trat näher an sie heran, doch plötzlich sprang June auf.

„Was fällt dir ein? Wie kannst du mir soetwas unterbreiten?!", sie schrie und schuppte ihn von sich dann folgte sie ihm und versuchte ihn wieder von sich zu stoßen. Doch bevor sie irgendetwas tun konnte, sah sie eine große Hand auf sich zufliegen. Plötzlich sah sie Sterne. Es Blitzte vor ihrem geschlossenene Augen und ihre Wange schmerzte. Reflexartig hielt sie sich die Hand an die Wange. Er hatte sie geschlagen.

„Sowas undankbares.", schrie ihr Vater und schaute sie mit verächtlichem Blick an.

„Ich werde das nicht tun.", die Empörung wich der Wut in ihren Augen sammelten sich tränen, doch sie tat alles daran diese zu Unterdrücken.
„Es ist beschlossen und ...", der Mann vor ihr hatte sich so schnell wieder im Griff dass man meinen könnte er kannte sie kaum.

„Nein.", mit lautem bestimmten Ton unterbrach sie ihn, „Das werde ich nicht zu lassen."

Kurz sah ihr Vater sie an, suchte in ihren Augen nach etwas, dass ihre Unsicherheit wiedergab, doch sie war wütend und sich so sicher wie noch nie.

DämonenherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt