To think I might not see those eyes makes it so hard not to cry

435 30 16
                                    

Als die winzige Nadel meine Haut berührte, hatte ich Zweifel, ob ein Tattoo um halb zehn in der Nacht wirklich eine so gute Idee war. Jasper, der neben mir lag, sah mit Schmerz-verzogenem Gesicht zu mir. "Man, das ist echt unangenehm", sagte er und atmete tief aus. "Weichei", hörte ich Bri rufen, die mir gegenüber auf der Liege saß und sich die Skyline von Chicago, ihrer Heimat, auf die äußere Seite des Fußes stechen ließ. Sie verzog keine Miene. Auch ihr Tätowierer, Matt war total erstaunt darüber und warf ihr immer wieder prüfende Blicke zu.
"Am Fuß tut das auch nicht so weh", presste er hervor. Alessia, seine Tätowiererin grinste in ihren Bart hinein.
Die beiden Vögel, die ich mir doch auf die Innenseite des linken Unterarms stechen ließ, erinnerten mich an Lucy und mich. Wir waren damals noch frei und unbeschwert gewesen, wie zwei junge Vögel. 

"So spontan waren wir seit einem Jahr nicht mehr", sagte Luca, der grinsend das Treiben beobachtete. Ich nickte und sah wie das Tattoo Gestalt annahm.  Jasper stöhnte auf. "Soll ich dir die Hand halten?", fragte ich lachend. Es war so eine Genugtuung ihn so leiden zu sehen, auch wenn es nichts wieder gut machte. "Ja", krächzte er. "Blöd, das ich nicht rüberkomme", meinte ich und schickte Luca mit einer Handbewegung zu ihm. Dann hörte ich wie er mich leise verfluchte. "Hat der arme Jasper etwas schmerzen?", fragte Luca mit verstellter stimme und tätschelte ihm die Hand. "Du armes Würstchen". Bri und ich grinsten uns an. "Männer", murmelte ich und verdrehte die Augen. 


"Hoffentlich räumen wir morgen gut ab", sagte Luca dann und drehte sich zu mir.  
"Ganz ehrlich, das ist meine kleinste Sorge". Er nickte langsam. "Ich glaub, ich überlebe das nicht", keuchte Jasper hinter ihm. Luca lachte auf. "Ist das nicht ironisch, das du immer so auf dicke Hose machst und dir nicht einmal ein Tattoo stechen lassen kannst?". Ich biss mir auf die Zunge, um Jasper nicht auszulachen. "Du musst gerade reden, du hast ja keins". Luca kratzte sich übers Kinn. "Na ja, ich glaub, das wisst ihr bloß nicht". Grinsend zog er sich da graue T-Shirt hoch und entblößte einen fein gestochenen Rochen der über seiner Rippen auf der rechten Seite thronte. "Wow, das ist echt cool", sagte ich anerkennend. "Angeber", brummte Jasper, der jetzt mit Tränen in den Augen kämpfte. "Das hat echt weh getan, aber ich hab mich nicht so angestellt, wie Mister-ich-bin-so-schön-und-stark-und-lass-mir-ohne-nachzudenken-den-halben-Rücken-stechen". 
Bri und ich fingen an zu lachen. Es war einfach zu komisch. 

Zwischenzeitlich klingelte mein Telefon.
"Was gibts, Bruderherz?", fragte ich fröhlich und hörte wie Ehtan sich räusperte. "Hi, also...", begann er doch Jackson, mein kleiner Bruder, rief dazwischen. "Darf ich es ihr sagen?", bettelte er und setzt bestimmt gerade seinen Hundeblick auf. Ethan seufzte und gab das Handy weiter. "
"Also, hör zu. Wir packen sie morgen früh ein und nehmen sie mit nach Newquark", sprudele er los. "Newark! Jackson, es heißt Newark!", hörte ich Ethan im Hintergrund. "Ja Ja, also wir beschäftigen sie am Sonntag und am Montag, verpassen wir unseren leider unseren Flug, damit wir erst am Dienstag wieder nachhause können. Im Hotel  sehen wir uns dann die Verleihung an und alles läuft wie am Schnürchen". Jackson war sichtlich stolz auf sich. "Ihre Schwester haben wir auch im Boot, es kann eigentlich nichts mehr schiefgehen", sagte Ethan der das Handy wieder in der Hand hatte. "Was machst du eigentlich gerade?", fragte er skeptisch. Ich grinste. "Ich lass mich gerade tätowieren". Wieder war ein Seufzer zu hören.
"Ich möchte dann bitte ein Bild". 
"Könnte noch ein bisschen dauern, wir haben erst angefangen", erzählte ich und sprach mit ihm über die Änderungen, die wir bei der Performance vorgenommen hatte. Zwischenzeitlich hörte man Jackson im Hintergrund, der diverse Telefonnummern von Celebrities wollte. Ich lächelte die ganze Zeit vor mich hin, meine Brüder waren schon echt eine Nummer. 
Um halb zwölf verabschiedeten sie sich und wünschten mir viel Glück für die Awards.

Gähnend schob ich das Handy in die Hosentasche. "Jack kommt am Montag auch", verkündete Bri, als ihr Fuß eingecremt wurde. "Er wollte sich  vergewissern, das ihr auch alles nach Plan macht". Mein Lächeln verschwand. Das weiße Kleid war eigentlich überhaupt nicht nach Plan. Ängstlich sah ich zu Luca, der meine Hand in seine nahm. "Wir werden das Ding schon schaukeln, Grace". Seine Worte beruhigten mich aber überhaupt nicht. Im Gegenteil.
Panik machte sich in mir breit. "Wir haben den Song tausendmal geprobt, es wird alles gut werden. Und ganz ehrlich, wenn sie dich dann nicht mehr will, ist sie irgendwie selber schuld". 

Dexter, der mir die beiden Vögel gestochen hatte, schaltete seine Maschine aus und fuhr mit einem Küchentuch drüber um die restliche Tinte zu entfernen. "Wir sind fertig, Grace", sagte er vorsichtig. Mit einem Lächeln betrachtete ich das Tattoo. "Es ist wunderschön". Bei der Erinnerung an Lucy und die Zeit, die wir gemeinsam hatten, kamen mir die Tränen. "Ich werde es in Ehren halten", flüsterte ich und wischte die Tränen weg. Dexter tätschelte mir die Schulter und sah mich beruhigend aus seinen smaragdgrünen Augen an.
"Ach scheiße". Dass ich immer heulen musste. Bri stand von der Liege auf, um es sich genauer anzusehen. "Es ist wirklich zauberhaft", flüsterte sie, da sie die Bedeutung kannte. Sie nahm meine Hand und drückte sie fest. "Wir schaffen das, wie wir alles schaffen werden. Gemeinsam", versprach sie mir und zog mich in eine feste Umarmung. Luca schloss sich dem gekuschel an. "Ich bin auch noch da! Ich brauche auch Beistand", schmollte Jas. "Ich bin ja auch noch da", sagte Dexter und stand auf um seine Hand zu halten. "Das darf doch nicht Wahr sein! Ein Rocker hält mir die Hand". Resignierend schloss er die Augen. Dexter konnte man wirklich als Rocker bezeichnen. Er war ein Stämmiger, großer Mann mit viel Bart und noch mehr Tattoos. Aber total nett und einfühlsam. 


"Das Weichei wird noch etwas dauern", meinte Alessia und strich sich eine rabenschwarze Strähne hinter die Schulter. "Ich bin kein Weichei!", verteidigte sich Jasper. Mit gehobenen Brauen sah ich zu ihm rüber.
"Doch Jasper, du bist das Weichei vor dem Herrn", meinte ich und kicherte. Doch der Hirsch, den er sich stechen ließ, war schon cool. Die grafischen Linien und Kreis die ihn einrahmten, machten das ganze ziemlich episch. 

"Bin ich die einzige, die mega hunger hat?", fragte Bri und machte ein Foto von Jas und Dexter. Es sah so witzig aus. "Ich könnte ein ganzes Pferd verdrücken", meinte ich und Beobachtete wie mein Tätowierer, das neue Tattoo versorgte und in Klarsichtfolie wickelte.  "Am besten, du setzt es die ersten zwei bis drei Wochen, keiner direkten Sonne aus", erklärte er mir. "Und immer gut pflegen". Ich nickte. "Wie wäre es mit Tacos?", schlug Luca vor. "Ich schau gleich mal nach". Bri setzte sich neben meine Beine und ließ die eigenen baumeln, während sie auf ihrem Handy nach einem Taco Laden suchte. "Wollt ihr auch was?", fragte ich dann und sah nach der reihe zu Dexter, Alessia und Matt. Sie sahen einander an. "Ich bin schon am Verhungern", stöhnte Alessia und musterte ihr Werk. 

Eine halbe Stunde später war aller gestochen und wir hockte zusammen im Vorraum des Studios und schaufelten Tacos in uns. Jasper sah echt fertig aus und aß ganz paralysiert. "Bist du für morgen fit?", fragte ich ernsthaft besorgt. Er nickte nur. "Der braucht nur Schlaf, dann ist er wieder ganz der alte", meinte Dexter. "Bei Frischlingen ist das ganz normal". Jasper verdrehte die Augen. "Dann auf eine erfolgreiche Show morgen", verkündet Matt.  

It was always youWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu