dress me up and watch me die

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Unsicher sah ich mich in den riesigen Spiegel vor mir an. Das kurze, anliegende Kleid mit den langen Ärmeln und den vielen Glitzersteinchen war irgendwie nicht so mein Ding. "Glaubt ihr wirklich, das es das richtige ist?", fragte ich und sah über den Spiegel hinter mich. Ethan und Bri saßen auf einem weißen Echtledersofa und starrten auf ihre Handys. "Leute! Das ist echt verdammt wichtig", schnauzte ich sie an. Ethan räusperte sich und schob das Handy in seine Jackentasche. "Ich finde es cool". Ich hob die Brauen. "Cool?". Frustriert drehte ich mich vom Spiegel weg.
"Ich kann mir nicht vorstellen, das es überhaupt klappen wird". Geknickt setzte ich mich neben Bri. Sie war absolut dagegen, was mir Etahn vorgeschlagen hatte. Doch ich wollte es machen. Wenn Liza schon nicht auf meine Anrufe und Nachrichten reagierte, musste es so gehen. Auch wenn mir beim Gedanken daran, das Herz in die Hose rutschte. 

"Grace, wir haben das Outfit bis ins kleinste Detail geplant. Es ist perfekt", gab Bri etwas genervt von sich. Ich schwieg. "Wir müssen dann wieder los, die Probe steht noch an und am Nachmittag kommen die ersten Cover Entwürfe". Ethan sah mich verständnisvoll an. Stress war, wie er mir erzählt hatte, kein Fremdwort für ihn. Den eigenen Bruder großziehen und nebenbei noch Studieren war kein Spaziergang. Und mein Job war das ebenfalls nicht. 

 Ein bisschen angefressen ging ich mich umziehen. Mit dem Kleid in einem durchsichtigen Sack gingen wir dann  zum Auto. Bri verkrümmelte sich auf die Rückbank. Ethan hatte sich als Fahrer angeboten und stieg mit mir vorne ein.
"Wo müssen wir hin?", fragte er freundlich und steckte sein Handy in die Halterung an der Lüftung. Bri sah auf ihrem Telefon nach und nannte die Adresse. Dafür mussten wir durch die halbe Stadt.

"Ich hab gestern mit ihr Telefoniert", fing mein Bruder an zu reden. Erschrocken drehte ich den Kopf zu ihm. "Es geht ihr echt mies". Ich fuhr mir verzweifelt durch die Haare. "Wo ist momentan?". Ethan blieb an einer Ampel stehen. "Bei Dad, sie kann nicht mehr alleine in der Wohnung  schlafen". Konzentriert sah er auf die Straße. "Hat sie nach mir gefragt?", wollte ich kleinlaut wissen. Er schüttelte den Kopf. "Nein, aber sie hat mir erzählt, das sie das Hochzeitskleid nicht zurück bringen kann. Sie hat nur gefragt ob du deins noch hast". Ich zog die Augenbrauen zusammen. Bri meldete sich zu Wort. "Es hängt noch in New York und wäre nächste Woche zur zweiten Anprobe gekommen". In mir zog sich alles zusammen. Ob ich dieses beschissene Kleid jemals tragen würde, wusste ich nicht. Ethan legte seine Hand auf meine. "Wir biegen das wieder in Ordnung".
"Ich bin mir nicht sicher". Ethan sah über den Rückspiegel zu Bri. "Was würdest du jetzt an Lizas Stelle tun?", fragte er meine Assistentin. Sie sah hoch. "Ganz ehrlich? Ich würde Grace die Augen auskrazten". Ich presste die Augenlider zusammen. "Das macht es jetzt nicht besser", murmelte ich. "Würdest du ihr vergeben?". Sie überlegte und strich sich eine rote Strähne aus dem Gesicht. "Vielleicht". Lange atmete ich aus und lehnte den Kopf an die Stütze. "Glaubst du sie wird es tun?".
"Ich weiß es nicht". Dann trat Stille auf. Die restliche Fahrt dudelte nur der Radio vor sich hin. Beim Tanzstudio angekommen, wurden wir von Alex gleich begrüßt. Er hockte auf den Stufen zur Tür, in der Hand eine Flasche Wasser. "Wie geht's der Invaliden?", fragte er als ich ausstieg. "Alles wieder verheilt", sagte ich und schlug die Autotür zu.

"Bereit für Newark, Weeks?". Ich zuckte mit den Schultern und ging stieg die Stufen zum Studio hoch. "Nicht wirklich".
Ich hörte wie er mit Bri weiter sprach. "Was ist denn los?", fragte er leise. "Lange Geschichte". Sie seufzte. "Kurzfassung?".
"Ihre Freundin hat Schluss gemacht", sagte Ethan und stellte sich auch gleich noch vor. Mein Herz versetze es einen Stich. Der Gedanke daran tat einfach nur weh. Unwillkürlich sah ich auf ihren Ring, den sie mir damals, mitten in der Nacht überlassen hatte. Damals war alles noch in Ordnung. Keine Toten, nur eine illegale Liebe.
Lustlos drückte ich die Glastür zum Studio auf. Luca und Jasper standen bei einander und tuachelten. Malea war auch gekommen um die letzten Details zu den Looks zu planen. Sie saß auf einem Stuhl und zeichnete auf ihrem Block herum.

"Jetzt mach schon!", fuhr Luca ihn an. Dabei stieß er ihm in die Rippen. Jasper zuckte leicht zusammen und rieb sich über die Seite.
Er kam auf mich zu und räusperte sich. Mir verschränkten Armen blieb er vor mir stehen. 
"Was gibt Owl?", fragte ich etwas herablassend. "Ich wollte mich entschuldigen". Skeptisch musterte ich sein Gesicht. "Das hatten wir schon".
"Ich meine es ernst. Es tut mir leid. Wirklich. Ich war wirklich ein Weltklasse Arschloch". Ich seufzte. "Schön, das du das jetzt erst merkst". Genervt ließ ich ihn stehen.
Alex kam mit Bri und meinem Bruder herein. Motiviert fing er an kleine Warm ups mit und zu machen, auch wenn keiner richtig Lust hatte.
Ethan hatte sich zu Malea gesetzt und unterhielt sich angeregt mit ihr, während Bri über ihrem Tablet hing und dabei Telefonierte.

"Echt krass das ihr ein paar Wochen vor den Mtv awards den Song ändert", meinte er dann und klebte unsere Standpunkte auf das Parkett. "Grace hat mit dem Lied echt einen Nerv getroffen", sagte Luca und sah mich durch dringlich an.
Alex nickte anerkennend. Dann teilte er die Mikros aus. "Heute mal mit Power", sagte er und hielt es mir hin. Stumm nickte ich. 'Loosing you' hatten einen Tag nach der Aufnahme nach New York geschickt.
Jack war total begeistert gewesen und hatte den Song sofort durchgewunken. Und er hatte auch angeordnet, das wir ihn bei der nächste Gelegenheit performen.

Alex schaltete die Anlage ein und zählte und den Takt ein. Wir standen weit auseinander, brauchten fast die ganze Bühnenlänge. Beim zweiten Refrain gingen die beiden auf mich zu. Es war keine schwere Choreographie. Die Schwierigkeit hier war, ernst zu bleiben. Aber ich war überrascht, wie konzentriert die beide waren. Eigentlich hatten sie mir geschworen, wenn sie singen müssten, würden die kündigen. Doch ich konnte, mit Bri, sehr überzeugend sein.

Nach der Probe holte Alex was Pizza und wir  saßen im Kreis, auf dem Parkett und sahen uns die ersten Entwürfe an.
"Ich finde den mit der blauen Welle cool", sagte Luca und legte sich auf den Bauch. "Ich weiß nicht, die Pinke ist irgendwie aufregender. Ein Blickfang", meine Bri Ethan späte über ihre Schulter. Bei dem war eine pinke Welle die von der untergehenden Sonne eingefärbt war. Im Hintergrund war knallig blauer Himmel. Im linken, unteren Eck  stand 'Sunset Wave' in großen weißen Buchstaben. Darüber war unser Name, dünner und mit größerem Abstand plaziert.
"Die pinke wirkt anziehender auf das weibliche Geschlecht. Die blaue aufs Männliche. Also wäre jetzt interessant, wie sich das auf eure Publikum verteilt", sagte er mit seiner Psychologen Stimme. "Gleich packt er seine Onkel Doktor Brille aus", murmelte Jasper zu mir rüber. Ich fing an zu lachen. Einfach so. Es war nicht einmal richtig lustig, aber ich musste lachen. Jasper sah mich verwundert an und fing dann auch an zu kichern.
"Alles gut, Grace?", fragte mein Bruder. Dabei stellte ich mir vor, wie er wirklich eine braune Hornbrille aus einem Etui holte und auf die Nasenspitze setze.
Dann musste ich noch mehr lachen. Ich ließ mich auf den Rücken fallen und drückte mir die Hände aufs Gesicht. Aus dem Lachen wurde aber schnell ein keuchendes Weinen. Sofort warf sich Jasper neben mich und griff nach meiner Hand. Ich wollte sie ihm nicht entziehen. "Grace, wir werden das wieder hin bekommen. Auch wenn ich dafür mein erstes Kind opfern muss, wir werden das schaffen", versprach er mir.

Was wird wohl Ethan geplant haben? Was meint ihr? Wird der Plan dann aufgehen?
Schreibst in die Kommentare, ich freue mich von euch zu lesen. Und falls ihr das Cover sehen wollt, schaut gerne auf Instagram unter klosterfraumilisengeist  vorbei, da lade ich das dann hoch  ^^

Lg todeskind 🌿

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