»A-aber ich habe zuletzt vor...vor zwei Jahren gespielt.«

Der Coach schaute mich konzentriert an, ihr war genau wie allen anderen die Verzweiflung deutlich ins Gesicht geschrieben.

»Coach, besser als gar nichts. Sonst haben wir nicht einmal die Chance anzutreten«, mischte sich nun eine der anderen Spielerinnen ein, die den Vorschlag von Ellie scheinbar nicht schlecht fand.

Sie schaute auf ihre Armbanduhr und sah wieder mich an.

»Eine andere Wahl haben wir wohl nicht. Fühlst du dich denn bereit, Hailey?«

Mein Blick flirrte nervös auf und ab und mein Herz schlug immer schneller. Sollte ich es wagen? Die Volleyball-Hailey von vor zwei Jahren nochmal rauskramen? Fragen über Fragen.

In mir schrie jedoch eine Stimme, dass ich es tun sollte. Sie hatten niemand anderen und ich konnte das Team einfach nicht im Stich lassen. Das würde ich mir nie verzeihen, gerade weil ich eine ganze Weile Volleyball gespielt hatte. Nicht nur eine Weile, seit meiner Kindheit. Wir hatten nur noch drei Minuten und ich atmete tief ein und aus, bevor mich mein Mut endgültig packte: »Gebt mir ein Trikot, ich bin dabei.«

Ich bin ja so froh, dass du heute dabei warst. Danke nochmal. Ohne dich hätten wir das heute nicht geschafft.«

Die letzten Mädchen verließen die Kabine und ich war ebenfalls fast wieder fertig angezogen.

»Ach, das war doch keine große Sache. Mein Volleyball-Herz konnte euch unmöglich im Stich lassen und wie es aussah, hatte ich wohl noch ein wenig drauf.«

»Ein wenig? Du warst spitze! Ehrlich, du wärst eine echte Bereicherung für unser Team, kein Scherz.«

Erst erwiderte ich nichts, ließ lediglich meinen rechten Mundwinkel nach oben zucken, bis mir Ellie in die Seite stieß.

»Das, was Coach Martin gerade zu dir gesagt hat, ist nicht selbstverständlich. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viele Mädels von außerhalb bereits versucht hatten, sich vor ihr zu beweisen. Keine Reaktion ihrerseits. Und du Hailey, du hast es nicht einmal versucht. Glaub mir, wenn Coach Martin denkt, dass du was drauf hast, dann ist das auch so.«

Ellie warf mir ihre Wasserflasche zu, während ich sie mit der rechten Hand gerade noch so auffing und sie gerade ihre Sporttasche schulterte.

Ich kramte mein Handy hervor und musste augenblicklich lächeln, als ich mir eine Nachricht von Liam durchlas. Über das, was vor zwei Tagen passiert war, hatte weder ich, noch er ein Wort verloren und in mir schrie jede Pore meines Körpers danach, dass wir das ändern mussten.

Denn das, was vorgestern war, dass...das war unbeschreiblich. Und ich persönlich fand es nicht einmal schlimm, dass wir den Abend sagen wir mal ruhen lassen hatten, denn manchmal war Abstand zu Geschehnissen gar nicht schlecht, damit man nicht nur rein aus seinem Gefühl handelte.

»Hailey?«

»Mmh?«

»Sag Mal, was lenkt dich denn so ab? Oder sollte ich lieber fragen wer lenkt dich ab?«

Ellie konnte ihr Schmunzeln für einen Moment natürlich nicht bei Seite legen und sie wackelte zusätzlich noch mit ihren Augenbrauen, was mir die Röte ins Gesicht stiegen ließ. Glücklicherweise waren wir vom Spiel noch so erschöpft, dass ich sowieso noch leicht rot war und es hoffentlich nicht sonderlich auffiel.

»Ach...uhm-alles gut. Nicht der Rede wert, ehrlich nicht.«

»Ach ja. So ist das also. Miss Brooks, selbst wenn es nicht heute ist, brauche ich unbedingt mehr Details von euch beiden. Selten habe ich erlebt, wie zwei Menschen rein optisch und vom Charakter her so gut zusammenpassen...und nicht zusammen sind? Ehrlich, ihr beide seid mir schon ein Rätsel.«

Ellie lächelte. Ein wirklich aufrichtiges Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht, was mich gleich dazu veranlagte, ihrer Aussage mehr Glauben zu schenken.

»Danke Ellie, das schätze ich wirklich sehr.«

Sie schlang einen Arm um mich und ich legte meinen Kopf für eine kurze Weile beim Verlassen des Uni Gebäudes auf ihre Schulter. In einer recht kurzen Zeit hatte sich innige Freundschaft zwischen uns beiden entwickelt, für die ich so verdammt dankbar war.

»Weißt du was, wir müssen uns Mal zusammen bei mir treffen. Also Noah, du, Liam, Alex und...wie wäre es mit deiner Freundin June? Schien mir so, als seid ihr echt gute Freunde.«

Wir saßen schon in Ellies Auto, da startete sie bereits schon den Wagen und wir verließen den Parkplatz des Unigebäudes.

»Ja, June und ich sind echt sehr gute Freundinnen, genauso wie-«

Ich hielt für einen Moment inne, da sich Louis wieder in meine Gedanken schlich und ich nach so einem erfolgreichen Tag keine Lust hatte, mir darüber weiter Gedanken zu machen. Mittlerweile wurde mir immer klarer, dass ich Gefühle für Liam entwickelt hatte und dies schien glücklicherweise auf Gegenseitigkeit zu beruhen.

»Oh, Hailey. Tut-tut mir leid, dass wollte i-«

»Ach alles halb so wild. Du hast mich an etwas erinnert, was ich sowieso noch lösen muss...und so langsam hat sich da ein ganzes Stückchen Distanz aufgebaut. Ich glaube, dass ich das schon hinbekomme.«

Meine Stimme hing in der nicht ganz so stickigen Luft des Autos, da wir auf beiden Seiten des Autos die Fenster etwa bis zur Hälfte geöffnet hatten und die kühle Abendluft ein wohliges Gefühl in mir ausbreitete.

So langsam gingen auch schon die Straßenlaternen an und beleuchteten die Straßen in einem hübschen Licht. Der Sommer verlieh mir eine derartige Leichtigkeit, dass ich selbst bei aufkommenden Problemen versuchte, optimistisch zu bleiben. Ich schloss wie so oft meine Augen und atmete die frische Luft ein.
Ein wunderbares Gefühl, das ich mit einer tiefen Zufriedenheit in Verbindung brachte. Meine Gedanken fühlten sich so an, als würde ich schweben und als könnte ich den Boden nicht mehr spüren. Im Sommer war doch einiges leichter, egal, ob es bedrückende Angelegenheiten gab, oder nicht.

Im Sommer ging es irgendwie.

LAST SUMMERWhere stories live. Discover now