Kapitel 1

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Die NYPD-Ermittlerin Meghan Doyle saß an ihrem kleinen Küchentisch in ihrer noch kleineren Wohnung und trank gerade eine Tasse Kaffee. Gedankenverloren spielte sie mit einer braunen Haarsträhne, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte. Es war Sonntagvormittag und sie rechnete nicht damit, dass sie heute arbeiten müsste. Seit ihrem letzten Fall war schon einige Zeit vergangen. Es war schön, einmal frei zu haben, doch auf Dauer wurde es doch ziemlich langweilig.

Als plötzlich das Telefon klingelte, schreckte sie hoch und hob schnell ab. "Doyle? Mit wem spreche ich?", fragte sie. "Guten Morgen, Detective Doyle. Captain Henderson hier. Ich habe nach langem Warten mal wieder einen neuen Fall für Sie und Detective Wilson. Hören Sie auf, sich so zu freuen, denn es ist nicht schön, wenn jemand stirbt! Und dann auch noch ausgerechnet die Bürgermeisterin von Millbrook! Ja, ich kann Ihre Freude förmlich spüren! Also konzentrieren Sie sich gefälligst!"

"Sie kennen mich wohl einfach zu gut, aber es gab nunmal schon ewig keinen Fall mehr", verteidigte sie sich. "Jaja, schon gut. Wie gesagt, wurde Mayor Callahan ermordet. Sie kennen ihre Adresse? Dann kommen Sie jetzt gleich vorbei und ich erkläre Ihnen die Einzelheiten. Coleman ist bereits bei mir und Wilson ist auch schon auf dem Weg", sagte ihr Vorgesetzter.

Meghan riss ihre Augen auf. Zuvor hatte sie die Tatsache, dass Millbrooks Bürgermeisterin tot war, total überhört. "Mayor Callahan ist tot?", fragte sie erschrocken in den Hörer. "Ja. Ja, ich weiß, wo sie wohnt. Ich komme sofort. Geben Sie mir nur ein paar Minuten und ich bin da", fügte sie dann mit belegter Stimme hinzu.

"Ja, leider. Sie war ein guter Mensch und eine noch bessere Bürgermeisterin. Wir mochten sie alle. Gut. Wir warten auf Sie", antwortete der Captain und legte auf. Meghan atmete tief durch, ging zu ihrem Kleiderschrank und nahm sich eine blaukarierte Bluse und eine schwarze Hose heraus. In Rekordzeit zog sie sich um, immerhin konnte sie ja nicht in Jogginghose und Hoodie zur Arbeit erscheinen. Dann band sie ihre brustlangen Haare nochmal zu einem neuen Zopf zusammen, damit sie ihr nicht ständig ins Gesicht hingen. Der Vorherige war bereits ziemlich zerstört gewesen. Ihre Haare wollten sich nie richtig bändigen lassen.

Meghan suchte nach ihrem Handy, ihrem Autoschlüssel und ihrer Dienstmarke. Als sie alles gefunden hatte, verließ sie eilig ihre Wohnung. Sie schloss die Tür ab und ging zu ihrem Auto. Ihr schwarzer Range Rover parkte wie immer direkt vor ihrer Wohnung. Die Polizistin stieg ein, steckte den Schlüssel ins Zündschloss und fuhr eilig los. Sie machte das Radio an. Zufällig kam gerade ihr Lieblingslied "Shake it off" von Taylor Swift und Meghan sang natürlich mit, wenn auch ziemlich schief. So konnte sie zumindest für ein paar Minuten abschalten. Es war nie leicht, zu erfahren, dass jemand gestorben war, den man kannte.

Sie fuhr an einigen Häuserblocks vorbei. Normalerweise schaute sie sich immer alle an, doch heute hatte sie dafür keine Zeit. Sie war in Eile. An einer roten Ampel musste sie jedoch stehen bleiben. Das kam ihr ja gerade recht. Ungeduldig tippte sie mit ihren Fingern auf dem Lenkrad herum. Immer wieder wanderte ihr Blick nervös zur Uhr. Sie wollte ihre Kollegen nicht warten lassen. Endlich war die Ampel grün und sie raste auch schon über die Kreuzung.

Der Verkehr in New York City war wirklich schrecklich. Selbst an einem Sonntagmorgen. Eigentlich war es nicht sehr weit von Queens nach Millbrook, doch durch den vielen Stau dauerte immer alles länger. Heute konnte sie es allerdings noch weniger als sonst gebrauchen, ewig im Auto zu sitzen und zu warten, bis es endlich voran ging. Vielleicht sollte sie damit anfangen, die U-Bahn zu nehmen und anschließend mit dem Bus fahren.

Als ihr dann auch noch eine weitere rote Ampel in den Weg kam, stöhnte sie genervt auf. Es war keine Seltenheit, dass Meghan zu spät kam, doch dieses Mal konnte sie nichts dafür. Sie hatte eben erst erfahren, dass sie gebraucht wurde, doch ihrem Chef war das egal. Er war sehr ungeduldig und hasste es, warten zu müssen. Die Gründe dafür interessierten ihn nicht. Zu ihrem Glück war es schwer, an neue Detectives zu kommen, sonst hätte er sie vermutlich schon längst gefeuert.

Nichts ist so, wie es scheintWhere stories live. Discover now