vierundzwanzig

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"Das kann ich nicht. Ich muss sichergehen, dass er keinen weiteren Schaden anrichten kann."

Und dies waren die letzten Worte dieses Körpers.

"Eren!"

Er machte den letzten Schritt, den er je machen würde.

Ich rannte, ich sprintete.
Ich packte sein Handgelenk und wünschte mir im Augenblick der nun unumgänglich Feststellung, dass ich mit ihm gestürzt wäre. Gestürzt, weit weit nach unten, damit ich alles, was nach dieser Berührung folgen würde, nicht mehr erleben müsste.

* * *

Der Wald um uns verwandelte sich in die weite, jetzt verhasste Wiese. Im Horizont erkannte ich die Mauern. Noch im gleichen Moment brach ein grosser Teil dieser Mauer ab. Der Boden unter unseren Füssen bebte, die Bruchteile der Dimension verschwand im Nichts.

Die Dimension..
zerstörte sich selber.

Mein Blick fiel auf meine Hand, welche sein Handgelenk verkrampft umgriff. Ich sah Eren in seiner erwachsenen Form, dessen Augen tränten, jedoch gleichzeitig lächelten.

"Levi."

Mit einem Schrecken liess ich ihn los, aber es war schon zu spät.

Ich habe ihn berührt.

Alles um uns herum fiel in sich zusammen, löste einen Krach aus, der mich taub machen konnte.

"Eren!", brüllte ich im Gefecht und fiel auf die Knie. Ich konnte mich nicht mehr halten. "Verdammte Scheisse, Eren!"

Das Nichts kam näher.

"Levi.", sagte er und richtete sich auf, schaute sein Handgelenk an und hielt es an sich. "Du bist noch so warm, wie ich es in Erinnerung hatte."

"Was hast du getan?!", schrie ich und packte seine Schultern. Dabei schüttelte ich ihn, zeigte ihm meine panische Angst. "Was hast du getan, Eren?!"

"Ich habe dem Ganzen ein Ende gesetzt.", flüsterte er und hielt meine Unterarme mit einer Ruhe, die mich verrückt machte. "Ich hätte es so viel früher machen sollen."

"Eren, du bringst ihn um! Du hast uns keine Chance gegeben!"

"Ich habe das einzig Richtige getan.", sagte er und schaute zur Seite, wo einst die Mauern standen, jetzt jedoch eine Schwärze wütete. "Ich habe schon so lange auf diesen Tag gewartet."

Das Nichts war uns so nahe.
Das Nichts würde uns bald verschlingen.

"Du bist verrückt! Verdammt, Eren! Warum tust du mir das an?!"

"Ich habe es für mich getan.", antwortete er und sah mich wieder an. "Ich habe die wohl egoistischste Handlung gemacht, die ein Mensch je machen konnte. Aber endlich.. endlich.. kann ich sterben."

Ich war sprachlos.
Ich konnte nichts sagen.
Es gab nichts, was ich sagen konnte.

"Küss mich, Levi.", bat er und hielt mich fester. "Ich möchte mit deinen Lippen gegen meinen sterben. Ich möchte in deinen Armen sterben."

Alles wehrte sich dagegen. Ich wunderte mich, ob ich ihn überhaupt noch liebte nach dem, was er getan und gesagt hatte.

"Erfüll die letzte Bitte deines Geliebten. Tu es, bevor das Nichts kommt."

Ich sah, dass uns noch höchstens ein Kubik festhielt, bevor wir für immer fallen würden.

Und so tat ich es.

Ich erfüllte seinen letzten Wünsch, küsste ihn, spürte, wie sein Körper unter meinen Fingern bröckelten.

"Ich habe dich geliebt, Levi.", flüsterte er und ich öffnete meine Augen.

Another Life || ereriWo Geschichten leben. Entdecke jetzt