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Gut gelaunt trete ich durch die Tür. Wie von selbst wandert mein Blick zum Dienstplan. Heute bin ich mit Paul unterwegs. „ Guten Abend." Grinsend lasse ich mich auf den Stuhl neben dem Oberkommissar fallen. „Wo warst du?" Ertappt weicht er meinem Blick aus. „Bei Franco." Wissend schenke ich ihm ein schelmisches Grinsen bevor ich mich auf mache, den Autoschlüssel zu holen. „Komm. Lass uns raus fahren." Nickend erhebt sich der Polizist und folgt mir zum Streifenwagen. Die erste Stunde verlief ruhig. Was bei einer Nachtschicht doch relativ selten ist. „Der 15/35 für Arnold." „15/35 hört." Paul nimmt den Funkspruch entgegen, weil ich heute hinterm Steuer sitze. „Vermisste Person im Wald. Rettungsdienst und Suchhund zur Unterstützung mit angefordert. Melderin Frau Horst." „15/35 Verstanden. Sind auf dem Weg." „Bravo. Knapp ne Stunde unterwegs und schon eine Vermisstmeldung. Vor allem wird's langsam echt kalt draußen." Beschwert sich der schwarzhaarige neben mir. „Hoffentlich geht das gut. Ich hatte so gute Laune."
Seufzend steige ich mit Paul aus dem Wagen. „Hey. Wisst ihr schon was?" Fragend wende ich mich an Jacky, die mit Florian heut anscheinend auf dem RTW Dienst hat. „Ne. Sind auch grad erst gekommen." Bedauernd schüttelt die Blondine den Kopf. „Hallo! Hallo!" Aufgeregt kommt eine Frau auf uns zu gerannt. „Sind Sie Frau Horst?" „Ja, Ja die bin ich. Meine Tochter, Melanie ist da im Wald. Helfen Sie ihr. Schnell." „Beruhigen Sie sich. Guten Abend. Roberts mein Name. Das ist der Kollege Richter. So, ihre Tochter ist da im Wald. Wie kommen Sie darauf?" Mit zitternden Händen greift die Frau in ihre Jackentasche. „Da. Eine Sprachnachricht von Meli." Nachdem ich die Memo abgehört habe, wende ich mich besorgt an Paul und übergebe die Frau an Jacky. „Das klingt übel. Da ist wohl wer im Wald, der sie verfolgt. Mehr haben wir nicht, weil die Nachricht abgebrochen wurde." Keine Minute später trifft auch das NEF mit Alex und Franco an Bord ein. Sowie Roby mit seinem Hund gleichzeitig auch eine Suchhundertschaft. „Also. Wir haben hier ein vermisstes Mädchen. In der Sprachnachricht meinte sie, sie würde verfolgt werden. Mehr haben wir nicht, weil die Memo abgebrochen wurde. Roby! Ab hier hast du das Kommando." Bringe ich die gerade eingetroffenen Kollegen auf den neusten Stand. Nach fünf Minuten nimmt der Hund eine Fährte auf. „Frau Horst. Kommen Sie mal kurz zu uns." Ich warte bis die Frau hinten bei mir und Paul angekommen ist, bis ich einige Fragen stelle. „Gibt es einen Grund, warum ihre Tochter sich hier im Wald aufhält?" Langsam schüttelt die Frau ihren Kopf. „Nicht, dass ich wüsste. Eigentlich sollte sie heute bei Jonas sein." „Wer ist Jonas?" Meldet sich nun auch Paul zu Wort. „Ihr Freund." Mit einem Nicken entlasse ich die Frau, welche auch sofort nach vorne rennt. „Ahhhhhhhh!" Erschrocken zucke ich zusammen, als Frau Horst einen spitzen Schrei ausstößt. „Lou, Paul. Kommt mal schnell." Werden wir von Roby nach vorne gebeten. „Was ist-." Mitten in meiner Frage unterbreche ich mich selbst. Auf dem Boden liegt ein Kreuz aus Knochen und Blutspuren. „Was soll das denn?" Verärgert nimmt Paul den Zettel, der auf dem Kreuz drapiert wurde, auf.
~Willkommen im Reich des Schreckens~
Stirnrunzelnd betrachte ich die roten Buchstaben. „Wenn das ein Streich sein soll, bekommt derjenige definitiv was zu hören." Kopfnickend stimme ich meinem Kollegen zu. „Wir suchen weiter." Schweigend laufen ich eine Weile neben Alex her, der ziemlich blass um die Nase geworden ist. Vor mir läuft Frau Horst, die sich zitternd und schluchzend in Jackys Jacke krallt. „Ist bei dir alles Okey?" Vorsichtig lege ich dem Notarzt eine Hand auf die Schulter, Paul versteht und setzt sich mit Florian etwas ab. Zögernd nickt Alex und atmet einmal tief durch. „Das passt schon. Ich- es erinnert mich nur an die Entführung meiner Schwester. Da wurde auch so ein Gruselkabinett aufgebaut, nur sollte es uns damals auf eine falsche Fährte führen." Seufzend nehme ich die Hand des Arztes und drücke sie aufmunternd. „Das tut mir Leid. Aber dieses Kind finden wir bestimmt." Die nächsten Minuten lasse ich den Mediziner nicht mehr aus den Augen. Ich zucke zusammen, als ein weiterer ohrenbetäubender Schrei die Nacht durchschneidet. „Was ist denn jetzt schon wieder." Seufzend begebe ich mich zur Spitze des Suchtrupps. Was ich dort sehe, schlägt dem Fass den Boden aus. Auf der Erde liegt ein abgetrennter Schweinekopf. Behutsam und darauf bedacht keine Spuren zu verwischen, umkreise ich den Kopf. Ich entdecke ein Holzstück, auf dem in roter Schrift
~Das ist das Ende~
steht. Frustriert übergebe ich das Holz an Paul und unterrichte den Rest über unseren Fund. „Wir suchen weiter, mehr können wir nicht machen." So langsam macht sich Frustration unter den Rettungskräften breit. Prüfend lasse ich meinen Blick zu Alex schweifen. „Ist bei dir wirklich alles gut?" Resigniert lässt der Mediziner die Schultern hängen. „Nein. Nicht wirklich. Mir wird das alles zu viel. Es ist ähnlich wie bei meiner Schwester." Mitfühlend lasse ich meine Hand über seinen Arm gleiten. „Wir kriegen das zusammen hin." Aufmunternd drücke ich seine Hand. Und versuche ihn, mit gutem Zureden etwas abzulenken. Fünfzehn Minuten später kommt die erlösende Ansage. „Wir haben die Tochter!" Sie kauert verängstigt und schmerzgeplagt am Boden. Zittert und Schluchzt, alsbald sie in das Licht der Taschenlampe blickt. Erleichtert arme ich aus und sichere mit Paul die Umgebung, damit der Rettungsdienst arbeiten kann. Sobald der, vermutlich gebrochene, Fuß der Patientin stabilisiert wurde, brechen wir auf und kehren zu den Fahrzeugen zurück. Den ganzen Rückweg über laufe ich neben Alex, weil dieser schon wieder so blass war. Durch ein Rascheln im Dickicht aufgeschreckt, bitte ich den Rest der Truppe kurz still zu sein. Plötzlich sehe ich eine männliche Person, die sogleich die Flucht antritt. „Stehenbleiben! Polizei!" Nach ein Paar Metern haben Paul und ich den Flüchtigen festgesetzt. „Was soll das? Warum gehen Sie stiften?" Der Verdächtige hüllt sich in Schweigen, während Paul ihn durchsucht. „Sven Wagner. Herr Wagner, was machen Sie hier?" Die Augen des Mannes flackern unkontrolliert umher, was uns beiden sehr komisch vorkommt. Als ich das Blut an den Händen des jungen Mannes erkenne, reißt Pauls Geduldsfaden endgültig. „Jetzt hab ich aber die Faxen dicke. Warum haben Sie Blut an den Händen, obwohl Sie offensichtlich nicht verletzt sind." Unter dem Druck der Befragung, knickt Herr Wagner ein. „Verdammt! Ich wollte für meinen YouTube Kanal ein Video drehen. Also hab ich im Wald so Sachen hingelegt." Kopfschüttelnd lege ich dem Beschuldigten die Fesseln an und belehre ihn. Den Rest des Weges beteuert er, dass er niemanden verletzen wollte. Aber weder Paul noch ich glauben ihm so richtig. An den Wägen angekommen verschwindet jeder in seinem Einsatzfahrzeug und beendet seine Arbeit.

Coming home on the runWhere stories live. Discover now