Sunrise

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1.

Über den Hügeln, am Horizont, steigt qualvoll langsam die Sonne empor. Die Wiesen und Felder liegen noch im blaugrauen Morgendunst und die Luft ist eiskalt. Jin zittert merklich in dem dünnen T-Shirt, das locker über seine Schulter fällt. Beunruhigt mustert der Omega die Landschaft hinter dem mit Eisblumen bewachsenden Glas. Es ist ein kalter Frühling, der Morgen noch jung und die Sonne schwach. Es wird noch dauern, bis die Blumen geschmolzen, die Tümpel eisfrei und der Tau verdunstet ist. Aber Jin kann nicht schlafen, seine Angst hält ihn wach, pulsiert durch seine Adern und sein kleines Herz pocht panisch gegen seinen Brustkorb. Dabei ist es ein friedlicher Frühlingsmorgen und kein Wolf weit und breit auszumachen.

"Namjoon ich habe Angst" haucht Jin leise und er kann seinen Atem in der kalten Luft sehen.
"Ich weiß" murmelt der Alpha und tritt neben seinen Mate ans Fenster, sein Blick folgt Jins in die endlose Leere.
"Aber es wird alles gut. Es geht immer alles gut." vorsichtig legt er einen seiner starken Arme um Jins schmale Taille und zieht ihn sanft enger an sich. Jin kann seine Wärme spüren und die Hände des Alphas hinterlassen eine fasst brennende Hitze auf seiner Haut, dennoch bekommt Jin eine Gänsehaut und verspannt sich unter der sonst so gewohnten Berührung. "Aber was ist mit den Welpen? Was wenn ihnen etwas passiert?" Jins schlechtes Gewissen, brennt wie Säure in seinem Hals und er muss mehrmals schlucken um dieses Gefühl los zu werden. Nur er ist schuld daran, dass Namjoon hier neben ihm steht, mitten in der Einöde. Nicht, dass sein Rang als Omega den Ruf seines Alpha Mates genug beschmutzt, Jin hat sich schon immer gewünscht, kleinen einsamen Omega Welpen zu helfen, die ausgesetzt von ihren Familien niemanden haben und Namjoon-

"Es wird alles gut werden. Ich passe auf dich und die Welpen auf. Der Krieg ist weiter im Westen und die Truppen werden nicht bis hier her kommen" und während er diese beruhigende Worte murmelt, malt er mit schlanken Fingern Kreise auf Jins Haut und kann seinen eigenen Worten nicht wirklich glauben. Er weiß, was Jin beschäftigt, ihn wach hält und warum er ihn hier vor dem Fenster steht, anstatt neben ihm im Bett zu liegen und Namjoon würde diese Last, diese Sorge so gerne von Jins Schultern nehmen. Es ist ihm egal, dass Jin ein Omega ist. Er nimmt den sozialen Abstiegt, durch das Akzeptieren ihrer Beziehung, gerne in Kauf, denn er liebt Jin. Er würde ihm überall hin folgen, egal ob in die Wüste oder in diese Einöde. Hauptsache er kann ihn beschützen, in seinen Armen halten und seinen süßen Duft einatmen. Doch sie sind noch nicht lange Mates und Jin würde seinen Worten nicht glauben, deswegen schweigt der Alpha.

"Jin du solltest wieder schlafen gehen. Ich werde nach den Welpen sehen. Du musst dich ausruhen", flüstert er leise und löst sich von seinem verspannten Mate. Jin nickt ruhig und wendet sich langsam von dem Fenster ab. Namjoon verharrt und lauscht auf die Schritte und das Knarren der Treppe, als Jin langsam wieder ins Schlafzimmer tapst. Es wird besser werden, da ist er sich sicher, irgendwann wird Jin sich ihm gegenüber öffnen und seine Sorgen mit ihm teilen und dann wird Namjoon all das sagen, was er gerade für sich behält.

Gähnend läuft Namjoon zu der Kinderstube, einem großen Zimmer, in dem sechs kleine Welpen in ihren eigenen Betten schlafen. Die Omega atmen ruhig und gleichmäßig und Namjoon lächelt leicht, wie leicht es diesen kleinen fällt zu schlafen. Er hat sich geschworen, sie fernzuhalten von jeglicher Bedrohung, jeglicher Diskriminierung und all dem Hass, den das Königreich für diesen Rang empfindet. Jin und er werden nie Kinder bekommen können, dass weiß er, aber es macht ihn nicht traurig, auch wenn Jin das denkt. Das hier sind seine Kinder und er liebt sie wie seine eigenen. Unruhig wälzt sich eins der Jungen in seinem Schlaf hin und her. Er ist erst vor wenigen Wochen zu ihnen gekommen, Jin hat ihn auf den Stufen ihres Hauses gefunden und ihn Bambam genannt, weil er immer alle Spielzeuge zerbrochen hat. Namjoon lächelt und schleicht leise zu dem kleinen Welpen. Er wird bald seine erste Verwandlung haben, deswegen ist sein Schlaf in den letzten Tagen so schlecht. Jin und er haben ihm oft stundenlang vorlesen müssen, damit der kleine Racker einschlafen konnte, nur um dann mitten in der Nacht aufzustehen und ihn wieder in den Schlaf zu wiegen, nachdem er schreiend aufgewacht ist. Behutsam hebt der mächtige Alpha den Welpen an und wiegt ihn, genauso wie Jin es ihm gezeigt hat, in seinen Armen. Unterbewusst krallen sich die Hände des kleinen in Namjoons Arm und seine winzigen Klauen kratzen seine Haut auf, aber Namjoon stört das nicht. In Sekundenschnelle schließen sich die Wunden und vorsichtig stupst Namjoon den Welpen mit seiner Nase an und brummt beruhigend. Augenblicklich beruhigt sich klein Bambam und vergisst seinen schlechten Traum, ohne überhaupt aufzuwachen. Namjoon wird vermutlich nie verstehen, wie die Alten diesen Rang, den der Omegas, für gänzlich unbrauchbar einstufen konnten. Praktisch per Gesetz wurde es Familien erlaubt ihre Kinder umzubringen, oder die Welpen auszusetzen. Omegas werden wie Abfall und Schmutz behandelt, nur weil sie nicht kämpfen können, nicht stark sind oder brauchbar für einen Krieg, den Namjoon noch weniger versteht. Wenn die Wölfe bloß über ihren Stolz hinweg sehen könnten, sehen könnten was Namjoon sieht. Wölfe, die zwar körperlich am schwächstem sind, aber geistig umso stärker, dass sind Omegas. Sie sind kein Abfall. Wie selbstlos Jin, sein ganzes Leben dem Leben anderer gewitmed hat. Etwas was ein Alpha vermutlich niemals von sich aus tun würde. Jedes Mal wenn Namjoon, Jin so ansieht, ganz egal, was der jüngere tut, er hat das Gefühl so viel von ihm lernen zu können. Zu lernen ein besserer Wolf zu sein, einer der nicht ausgegrenzt, verurteilt, bei dem nicht alles einen Zweck haben muss, einen Zweck namens Krieg. Wie kann eine ganze Gesellschaft, ein ganzes Königreich diesen Wert in einem Rang ignorieren und wegwerfen?

Sanft legt Namjoon den Welpen zurück in sein Bett und deckt den zierlichen Körper zu, ehe er wieder in sein eigenes Schlafzimmer geht. Jin liegt immer noch wach in ihrem Bett und starrt an die Decke. Namjoon kann sein Herz hören, seine Angst riechen, auch wenn Jin das nicht weiß.

"Babe?" Jins Blick schnellt augenblicklich zu ihm und kurz liegt Panik in seinen rehbraunen Augen, aber sobald er Namjoon in dem Zwielicht erkennt entspannt er sich.

"Es tut mir Leid" verlegen spielt der Jüngere mit seinen Händen und Namjoon muss lächeln. "Ich mach mir einfach nur Sorgen. Früher hatte ich nur für mich die Verantwortung aber jetzt bist du da und die Welpen und wenn euch etwas passiert ist das alles meine Schuld. Ich-"

"Jin ich bin dein Mate und ich liebe dich" unterbricht Namjoon Jin sanft und geht langsam, durch das im Morgenlicht heller werdende Zimmer, auf Jin zu. "Egal was passiert ich werde dich und die Welpen bis zum letzten beschützten. Ich bin hier, weil ich das will. Alles was passiert ist aufgrund meiner eigenen Entscheidung bei dir zu bleiben passiert und damit weder deine Schuld, noch bereue ich irgendwas was ich in den letzten Monaten getan habe" Verdutzt über dieses Geständnis weiten sich Jins Augen und er sieht den Alpha, der ihn immer wieder überrascht, direkt an. "Und das du ein Omega bist stört mich nicht im Geringsten" Namjoon lässt sich neben Jin auf das Bett fallen und sieht ihn an, seinem intensiven Augenkontakt standhaltend. "Und ich möchte, dass du dich nie wieder dafür schämst ein Omega zu sein." Er lächelt und seine Hände finden Jins unterkühlten Körper, vorsichtig streicht er Jins Seiten hoch und runter, ganz so als wäre Jin eine wertvolle Porzellanpuppe. "Versprichst du mir das?" Jin nickt heftig und Namjoon sieht Tränen in seinen Augen glitzern.

"Ich verspreche es und Namjoon-" etwas unbeholfen rückt der kleinere Omega nähr an seinen Mate heran, "ich liebe dich auch-" sein Gesicht nun nur wenige Zentimeter vor Namjoons und dieser kann nicht anders, als über die Schönheit Jins zu staunen. So perfekt. "so unendlich doll" druckst Jin unsicher mit feuerroten Wangen herum und drückt Namjoon dann einen unerwarteten kleinen Kuss auf die Lippen auf. Namjoons Lächeln wandelt sich in ein süffisantes Grinsen und den, vor Scham ganz roten Jin, nähr an sich ziehend, verwandelt er den flüchtigen in einen heftigern besitzergreifenen Kuss.

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