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Kaum klingelte sein Wecker am nächsten Tag, sprang Jimin aus dem Bett.
Er war komischerweise voller Elan und Motivation. So schnell wie möglich, und immer mit einem leisen Grinsen auf den Lippen machte er sich fertig, bereitete das Frühstück für ihn und seine Mutter vor und begrüßte sie überschwänglich, als sie endlich zu ihm kam.

"Was ist denn los?", fragte sie lachend. "Gibt es etwas zu feiern?"
Jimin zuckte nur mit den Schultern und wuselte weiter glücklich durch die Küche. Als sie beide das Haus verließen, konnte er es gar nicht erwarten, zur Schule zu kommen.
Erstaunlich, wie eine einzige Begegnung die Einstellung gegenüber einem Ding so grundlegend auf den Kopf stellen konnte.

Vor der Schule suchte Jimin nach Yoongi, fand ihn aber nicht. Das trübte seine gute Laune etwas, aber nur kurz, denn schon in der ersten Pause sah er ihn wieder neben der Bank stehen.
Genau wie am Vortag setzte er sich hin, diesmal aber hibbelig und breit grinsend.

"Du bist fröhlich", sagte Yoongi und drehte sich zu ihm. "Das gefällt mir. Man spürt quasi, dass es dir gut geht. Oder... zumindest besser als gestern."
Jimin nickte eifrig und wollte schon sein Handy herausholen, um Yoongi mitzuteilen, was ihm auf der Seele lag, da kam ihm der andere allerdings zuvor.
"Hör mal, hast du Lust, ein bisschen mehr Zeit mit mir zu verbringen? Nicht... Date-mäßig natürlich... also, nicht, wenn du es nicht willst... Sondern einfach so."

Jimin blieb der Mund offen stehen. War er gerade indirekt zu einem Date eingeladen worden? Das musste doch ein Traum sein, richtig?
Aber nein, selbst, nachdem er sich ein paar Mal schmerzhaft selbst gezwickt hatte, wartete Yoongi geduldig auf eine Antwort.
Darum nickte Jimin begeistert und man konnte sehen, wie ein Haufen Anspannung von seinen Schultern fiel.
"Sonst bin ich immer der, der wenig redet, aber bei uns wird das wohl anders. Ich freue mich schon. Wollen wir schreiben, um mehr auszumachen?"

Yoongi hielt ihm sein Handy hin, das schon ein Tastenfeld anzeigte. Grinsend tippte Jimin seine Nummer ein und speicherte sich unter seinem Namen ab.
Yoongi lächelte.
"Dann ist es jetzt beschlossene Sache. Wir sehen uns wieder, und das außerhalb der Schule. Und vielleicht singst du irgendwann für mich. Wie ein Vogel, der endlich wieder frei wird, indem er fliegt, wirst du frei, indem du singst."
Jimin nickte und gab dem anderen sein Handy zurück. Dann klingelte die Glocke und sie mussten alle zurück in den Unterricht, aber dieses Mal konnte Jimin kaum an etwas anderes denken als Yoongi.

Wie schnell das alles passiert war. Innerhalb von wenigen Tagen hatte er so etwas wie einen Freund gefunden - oder sogar mehr? Wer wusste denn schon, wie weit die beiden gehen würden?
Richtig, niemand, und wenn, dann nur sie zwei.

~-~-~

Als er zu Hause angekommen war, machte er diesmal seine Aufgaben nicht.
Stattdessen stellte er sich vor seinen Badspiegel, streckte den Hals und befühlte ihn. Völlig intakt. So, wie es die Ärzte sagten.
Und trotzdem konnte Jimin nicht reden.

Es gab ein paar Ärzte, die sagten, er müsse das Geschehene irgendwie verarbeiten können, um wieder anzufangen, zu sprechen. Man hatte ihn ermutigt, zu zeichnen und zu schreiben, aber nichts hatte geholfen.
Könnte es denn sein, dass das Reden selbst, das Singen um genau zu sein, das war, das ihm half, den Unfall zu verarbeiten?
Daran hatte Jimin noch nie gedacht.
Aber könnte es nicht doch möglich sein?

Mute (YoonMin Shortstory)Where stories live. Discover now