»Immerhin habe ich heute mal eine nette Begleitung, wenn ich hier lerne.« Er zwinkerte mir zu.

»Du weißt, dass ich dich hier das erste Mal sehe? Und das seit ich hier studiere?« Frech streckte ich ihm die Zunge heraus. Jeder wusste, dass ich die meiste Zeit hier verbrachte. Die Wahrscheinlichkeit das man mich hier traf, war also gar nicht so klein.

»Ich komme auch am liebsten nachts hier her, wenn ihr alle am Schlafen seid, dann kann man wenigstens ohne Ablenkung lernen.« Er ließ sich auf den Stuhl neben mich fallen und schlug das erste Buch auf. Wenn ich mir die ganzen Paragrafen darin ansah, wurde mir direkt anders. Ich konnte mit vielem umgehen, aber mit diesen ganzen rechtlichen Sachen konnte man mich wirklich jagen.

»Und was steht bei dir so auf dem Plan?« Er nahm eines meiner Bücher in die Hand und drehte es. »Kunstgeschichte, klingt fast so spannend, wie es aussieht.« Er legte das Buch wieder zur Seite und wendete sich seinen Paragrafen zu.

»Kann nicht jeder ein kleiner Möchtegern-Anwalt werden.« Ich schlug mein Buch wieder auf. Jetzt einfach zu gehen, obwohl ich noch nichts hatte, würde auch nichts bringen. Ich musste mich eben zusammenraufen und wenn es sein musste, so lange schauen, bis ich einen geeigneten Einstieg gefunden hatte. Aufgeben war nicht meine Art und es kam auch gar nicht in Frage.

»Um was soll es da gehen?«

»Renaissance, ich wollte mich mit den Werken von Albrecht Dürer befassen, aber mit dem befassen sich die meisten, wie mit Michelangelo und Leonardo. Aber wem sag ich das.«

»Klingt eher nach den Ninja-Turtles als nach Kunstgeschichte? Warum tut man sich so was an?« Rick zog fragend eine Augenbraue nach oben.

»Weil die alle vier nach Künstlern benannt wurden und zur Frage zwei, weil ich die Credits gut gebrauchen kann, ich kann genauso fragen, warum sich jemand Werberecht antut?« und deutete dabei auf sein Buch.

»Erschreckend, dass du so was weißt, also das mit den Turtles. Das beeindruckt mich ungemein.«

»Ich stecke voller Geheimnisse.«

»Ja, wie dem, was zwischen dir und Chris lief, als du die Party gesprengt hast.«

»Sei leise und lern. Ich habe keine Lust wegen dir rausgeworfen zu werden«, zischte ich und wendete mich wieder meiner Kunstgeschichte zu. Ich wollte mich nicht mehr daran erinnern, wie ich ihm sagte, dass ihn keiner liebte und mir am nächsten morgen anhören musste, dass ihn seine Mutter liebte und das ausreichend war. Gott, ich war peinlicher als peinlich gewesen.

»Ach komm schon«, flüsterte er noch einmal, doch ich schüttelte nur den Kopf.

Es herrschte eine angenehme Ruhe. Etwas, was ich beim Lernen mit Fiona und Laura nie hatte. Deswegen ging ich mit ihnen beiden nicht mehr in die Bibliothek. Ich blätterte durch mein Buch und fand das, wonach ich suchte. Melozzo da Forli, dessen Fresken unglaublich schön waren. Fresken waren eh mein Steckenpferd und irgendwann sah ich mich genau diese in Italien restaurieren.

»Lust mich nachher nach Cambridge zu begleiten?« Er blätterte in seinem Buch herum.

»Was gibt es Schönes in Cambridge?« Ich blickte auf. Sicher hatte es mit einem Typen zu tun.

»Ich hab Lust auf Tasty Burger.« Er zuckte mit den Schultern.

»Heiße Harvard Studenten abchecken?« Ein Grinsen huschte mir über mein Gesicht. Wir blieben meist auf unserer Seite des Charles Rivers. Selten verschlug es uns zu den Harvard- und MIT Studenten, außer Rick hatte mal wieder auf einen von ihnen ein Auge geworfen.

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