Asexualität und die LGBT community

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Jetzt wird es erst richtig kontrovers und ich sehe schon den Hate kommen :)
Übrigens noch etwas, bevor wir anfangen: Vielleicht habt ihr es mitbekommen, wahrscheinlich eher nicht: in dem letzten Kapitel gab es eine kleine Diskussion zwischen mir und einer Person, die so ziemlich viel nicht verstanden hat. Ja, ich diskutiere gerne. Aber wenn man 10-mal die gleichen nichtssagenden Argumente gebracht hat, kann es auch mal gut sein. Ich hätte die Diskussion kurz darauf beendet, aber die Person hat mich "transphob" genannt. Und sorry not sorry, ich habe sie blockiert. Ich lasse mir ja viel vorwerfen, aber Transphobie geht zu weit.

Es geht hierbei vor allem um Asexualität, bezieht sich aber auch auf Aromantik (was sehr viel mehr umstritten ist, allerdings nicht wirklich ein großes Ding, da es kaum Leute gibbt, die sich so labeln).

Erstmal eine Definition: Asexualität bezeichnet die Abwesenheit sexueller Anziehung gegenüber anderen, fehlendes Interesse an Sex oder ein nicht vorhandenes Verlangen danach.
Als Gegenteil wird der wenig bekannte Begriff "allosexuell" genannt (Man verspürt sexuelle Anziehung). So weit, so gut.

Oft wird gesagt, dass Asexualität ein Spektrum ist. Auf der einen Seite stehe dabei die Asexualität, auf der anderen Allosexualität. Und dazwischen so etwas wie "demisexuell/gray-sexuell" (Wer demisexuell ist, empfindet nicht grundsätzlich eine sexuelle Anziehung zu anderen Menschen. Nur, wenn die Person eine starke emotionale Bindung zu jemand anderem hat, verspürt sie den Wunsch, Sex zu haben.) Das heißt, per definitionem werden "Demisexuelle" dem Ace (kurz für asexuell) Spektrum zugeordnet. Das ist schon das erste Problem, was ich damit habe. Klar, jeder Mensch verspürt sexuelle Anziehung unterschiedlich stark, daran gibt es nicht zu zweifeln.
ABER: Wenn man auf der einen Seite des Spektrums keine sexuelle Anziehung verspürt, was steht dann auf der anderen Seite? Man fühlt sich von jedem sexuell angezogen? Und welcher Mensch ist das schon? Das heißt, wir sind alle demi- oder asexuell? Weil ich denke, ziemlich viele Menschen können sich damit identifizieren, nicht jeden Fremden auf der Straße *liebkosen* zu wollen.
Der Definition nach wäre "allosexuell", dass man sexuelle Anziehung verspürt. Und das tun offensichtlich alle Menschen, die nicht 100% asexuell sind. Auch die, die sich als demisexuell labeln.

Meiner Meinung nach ist das Ganze (demisexuell, nicht asexuell!) mal wieder ein Label, das nur dafür geschaffen ist, sich von anderen, "normalen" Leuten abzugrenzen.
Daher: Es gibt zwei Möglichkeiten, man verspürt sexuelle Anziehung (=allosexuell) oder man verspürt keine (=asexuell).

Jetzt kommt etwas, was glaube ich noch kontroverser ist und wo mir per se keiner zustimmen wird. Es wird normalerweise, besonders in der deutschen LGBT community nie hinterfragt, gar nie in Betracht gezogen:
Gehört Asexualität zur LGBT community?
Beim Schreiben höre ich schon, wie ihr alle JA! schreit. Und den Kommentar, der euch in den Fingern kribbelt, wenn ich euch sage: Nein, die Asexualität gehört an sich MEINER MEINUNG NACH nicht zur community. Damit meine ich nicht, dass keine asexuelle Person zur Community gehört, seid ihr etwa asexuell und homo- oder biromantisch oder transgender, gehört ihr natürlich dazu! Aber trotzdem, die Asexualität an sich gehört nicht zur LGBT community.

Warum werdet ihr euch vermutlich fragen. Und euch denken, warum les ich das Buch von einem Asexuell-Phoben? (oder aphob? acephob?). Nein, ich bin nicht acephob, Asexualität existiert. Menschen, die asexuell sind, existieren und haben ein Recht darauf, so zu sein, wie sie sind. Aber sie sind nicht Teil der LGBT community.

Im Wesentlichen gibt es zwei Argumente dazu, ein größeres, ein kleineres.
Für das Größere muss ich ein wenig weiter ausholen: Was ist die community für mich überhaupt?

Euch ist vielleicht schon aufgefallen, dass ich immer "LGBT" und nicht "LGBTQ+" oder "LGBTQQIP2SA+" (aka lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, questioning, queer, intersex, pansexuell, two-spirit (2S), androgyn and asexuell). Denn die LGBT community steht für mich für Leute, die sich entweder zu ihrem eigenen Geschlecht hingezogen fühlen (nicht unbedingt ausschließlich) oder sich nicht mit ihrem bei der Geburt zugeordnetem Geschlecht identifizieren. Damit wär's das: Homosexuell, Bisexuell und Transgender. Alle anderen Sachen, die in dem oben erwähnten Akronym stehen bzw. als zur LGBT community zugehörig verstanden werden, sind entweder bereits in "LGBT" enthalten (also Mikrolabel, darauf wird in einem späteren Kapitel noch eingegangen), gehören nicht dazu (so die Asexualität) oder sie gibt es schlichtweg nicht (siehe letztes Kapitel, wobei diese ja schon theoretisch zu "Transgender" gehören würden).

Eine weitere, eher nebensächliche Sache, ist, dass Asexuelle ihre eigenen "Ressourcen" haben, es gibt sehr viele Ace communitys, man muss nur kurz danach suchen!

Wie bereits erwähnt, dass geht nicht gegen z.B. homoromantische Asexuelle, die gehören offensichtlich zur LGBT community. ABER cishet (Leute, die heterosexuell, -romantisch sind und nicht transgender) Personen sind kein Teil dieser community. Sie existieren und sind valid (sorry, es gibt kein deutsches Wort dafür), aber gehören nicht zur LGBT community.

Und noch eine Sache, die mir bei Asexualität aufgefallen ist: Oft (nicht immer) identifizieren sich Jüngere mit diesem Begriff (dasselbe gilt für aromantisch). Sie sind gerade vor der Pubertät (oder sie hat gerade angefangen) und da ist es doch logisch, dass sie noch nicht wirklich sexuelle Neigungen haben. Das ist jetzt natürlich nicht für alle zutreffend, es ist mehr eine Beobachtung von mir, dass es eben manchmal so ist.

Ja, ich weiß, Asexuelle wurden und werden auch diskriminiert. Das kann und will ich nicht kleinreden. Aber zwei Sachen dazu:
1. Wenn Leute sagen, "Asexuelle wurden und werden mindestens genauso stark wie z.B. Homosexuelle diskriminiert", dann geht es doch zu weit. Das ist einfach respektlos gegenüber den Mitgliedern der LGBT community, besonders den älteren, die in der Vergangenheit für gleiche Rechte gekämpft haben.
2. Die LGBT community ist nicht ein Club, wo alle, die diskriminiert werden reingehen und dazugehören. Sonst könnten ja auch allosexuelle cishet Frauen dabei sein.

Weder die Ace community, noch die LGBT community ist sich dabei einig. Da viele Asexuelle Leute nicht heteroromantisch oder cisgender sind, gehören diese ja sowieso zur community. Ich habe von manchen cishet Asexuellen gehört, die sich zur community gehörig fühlen, andere nicht.

Ich denke, dass das Problem hierbei hauptsächlich bei der Definition der LGBT community. Ich sehe sie mehr so, wie sie in der Vergangenheit gesehen wurde, sehr "traditionell". Andere sehen sie als eine offene Gemeinschaft, bei der jeder gerne Mitglied sein kann, wenn er oder sie möchte. Und das sehe ich halt nicht so.

Und noch eine Sache zur Asexualität: Es bedeutet nicht, dass man auf gar keinen Fall Sex hat. Viele (oder zumindest einige) Asexuelle tun das ihrem Partner zuliebe oder weil sie ein Kind wollen. Sie sind trotzdem Asexuell.

Aber nun, egal auf welcher Seite der Debatte man steht oder ob man keine Meinung dazu hat, ist eines wichtig: Respekt. Beleidigen in einer Diskussion hilft keinem weiter, es zeigt nnur emotionale Unreife und ist einfach respektlos. Das heißt, selbst wenn ihr mir nicht zustimmen solltet (was sicherlich viele tun), erklärt mir bitte, an welcher Stelle und am besten noch, warum. Ein "bist du dumm" (ja, das wurde mir schon oft von gewissen Personen an den Kopf geworfen, als ich meine Meinung geäußert habe) ist vielleicht nicht das klügste "Argument", das man einwerfen kann.

Vielen Dank fürs Lesen, ihr Menschen <3

Realtalk zur LGBT communityWhere stories live. Discover now