larry - photograph

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Harry

Jedes Paar hat seine Geschichte. Irgendwie kommt man ja immer zusammen. Bei den einen läuft es relativ simpel ab. Man lernt sich durch Freunde kennen, trifft sich, entwickelt Gefühle, kommt zusammen. Bei den anderen ist es eine total abgefreakte Story, sowas von wegen, "Ich habe seinen Hund angefahren" oder "Ich bin im Krankenhaus in das falsche Zimmer gelaufen, da lag sie dann drin" oder anderes. Die Geschichte von Louis und mir würde ich als mittelmäßig spannend einstufen. Obwohl ich mich natürlich liebend gerne daran erinnerte.

Damals habe ich an der Universität London studiert. Ich hatte einen lockeren Freundeskreis, also ein paar Leute mit denen ich ab und zu etwas unternahm, aber mehr auch nicht. Die anderen Studenten kannte ich gar nicht.

Wie eigentlich jeder Student hatte ich einen kleinen Nebenjob, um das Studium mitzufinanzieren. Zwar hatten meine Eltern keine Geldsorgen und könnten mein Studium auch ohne mein Geld bezahlen, jedoch hielt ich es für besser, mir schon ein wenig eigenes Geld zu verdienen, zumal mir der Job wirklich Spaß machte.

Da ich seit meiner Kindheit das Fotografieren geliebt hatte, war es naheliegend, dass ich mir auch einen derartigen Job suchte. Ich half also viermal die Woche in einem Fotostudio aus. Es gibt tatsächlich viele Situationen, in denen ein Fotograf gebraucht wird. Für Fotos auf einer Homepage eines neuen Unternehmens, auf Partys in Clubs, manchmal kamen sogar Familien zu uns, die "endlich mal ein gutes Bild" von sich habe wollten. Einmal musste ich sogar zu einem Mann nach Hause, der wollte, dass ich sein Garten fotografiere, damit er sich die Fotos an die Wand hängen konnte, um seinen Garten immer sehen zu können.

Doch es gab Momente, in denen ich einfach nur mit meiner Kamera durch London spazierte und mir Inspirationen holte. Wenn gutes Wetter war, konnte man an der Themse super schöne Sonnenuntergangs-Fotos machen. Einige Leute kauften sich diese sogar, so brachte ich dem Studio auch noch mehr Gewinn ein, was sich positiv auf mein Gehalt auswirkte.

In solch einem Moment befand ich mich auch, als ich ihn zum ersten Mal traf. Wie so häufig schlenderte ich durch den Princess Parc, auf der Suche nach schönen Fotomotiven. Es war bereits Anfang Herbst, doch waren noch alle Blätter grün, lediglich durch die kürzer werdenden Tage kündigte sich die kalte Jahreszeit an. Natürlich hatte ich meine Kamera dabei. Meine Eltern hatten sie mir damals zum 16 Geburtstag geschenkt, seitdem war sie mein Ein und Alles.

Ich entdeckte ein paar Vögel, welche sich am Rande des Weges niedergelassen hatten und mich skeptisch beobachteten. Sie schienen zu überlegen, ob ich Gefahr oder Futterquelle war. Natürlich hofften sie auf Futter, doch als ich ihnen näher kam, stellte ich wohl doch einen Gefahr da. Sie flogen weg und ich zückte schnell meine Kamera. Leider erwischte ich keinen Vogel richtig. Die Bilder waren verwackelt oder sahen schlichtweg einfach nicht gut aus. Unbrauchbar.

Und dann sah ich ihn. Er saß vielleicht 20 Meter von mir entfernt auf einer Bank. Die Arme stütze er hinten auf der Lehne ab, die Beine hatte er ausgestreckt, die Füße gekreuzt. Die Augen hatte er geschlossen, um die Musik, die er mit seinen Kopfhörern hörte, genießen zu können. Hinter ihm ging die Sonne unter. Wenn ich mich richtig hinstellte, dann könnte daraus ein wunderschönes Bild werden.

Ich ging auf ihn zu. Beim Näherkommen bemerkte ich, wie gut er aussah. Seine hellbraunen Haare waren weich und leicht verwuschelt. Auch hatte er hervorstechende Wangenknochen und einen leichten Drei-Tage-Bart. Absolut attraktiv.

Er durfte mich nur nicht bemerken. Denn dann würde er sich bewegen und diese perfekte Pose zerstören. Mir war bewusst, dass das ein bisschen gruselig war, aber für ein tolles Foto war mir das egal.

Ich positionierte mich leicht schräg vor ihm, sodass man seine Silouhette vor den Bäumen und dem leicht orangenen Himmel im Hintergrund gut erkennen konnte. Sein Profil zeichnete sich klar ab und mir fiel noch einmal auf, wie hübsch er eigentlich war. Ich drückte auf den Auslöser und betrachtete das Bild sofort.

one way or another - 1DWhere stories live. Discover now