PERSECUTOR

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Einzelne Äste schlugen ihr schmerzhaft ins Gesicht und hinterließen feine rote Striemen auf ihrer Haut. Die Bäume standen dicht beisammen, die Sträucher wurden von ihrem Pferd einfach niedergetrampelt. Die Frau vertraute ihrem Hengst vollkommen. Das muskelbepackte Tier, steuerte selbstständig durch das Gehölz. Die Zügel hatte sie schon längs losgelassen. Sie hielt sich am Horn des Sattels fest, machte sich auf dem Rücken des Tieres klein, um so gut es ging vor den peitschenden Ästen geschützt zu sein. Sie betete, sie betete dafür, dass ihr Verfolger endlich von ihr ablassen würde. Sie betete das sie ihn durch ihren halsbrecherischen Ritt durch den Wald abhängen würde. Berin war schnell, er war wendig, er war schlau. Nie zuvor hatte sie einem Tier so vertraut. Keines bewegte sich so sicher. Laut trieb sie ihn mit ihrer Stimme voran, einen Berg hinauf, noch dichter in den Wald hinein. Sie wusste weder wo sie sich befand, noch ob dieser Wald ein Ende nehmen würde. Sie schaute über ihre Schulter. Ihre Augen suchten die Umgebung ab. Ihr Verfolger war nicht zu sehen, doch sie hörte ihn. Hufe donnernden über den Boden. Er war ganz nah, doch sie sah ihn nicht. Plötzlich, vernahm sie eine Stimme.

„Wer ist da?“, hörte sie harsch von einem Mann. Blind nahm sie die Zügel wieder auf und hob den Blick. Sie verlangsamte Berin und sah einen Mann. Einen alten Mann mit grauem Haar, und Hut. Er trug eine Waffe bei sich und legte an, als sie näher kam. Panisch zog sie an den Zügeln. Die Fersen trieb sie in Berins Seiten und stürmte in eine andere Richtung davon. Der Wald wurde lichter, sie fand sich auf einem Trampelpfad wider. Sie verfluchte sich, Alles und Jeden, als sie aufgeregte Stimmen hinter sich vernahm und ein Schuss folgte. Instinktiv druckte sie sich, genau im richtigen Moment. An dem Baum zu ihrer Rechten platzte die Rinde krachend ab und flog ihr um die Ohren. Geschockt sah sie nach hinten. Ein weiterer Mann folgte ihr. Sie spornte Berin weiter an, das Tier war der Erschöpfung nahe. Schaum trat aus seinem Maul hervor, sein Fell war vom Schweiß durchnässt. Der Schuss machte ihn nervös. Ihre Chance das Ganze zu überleben wurde schwindend gering, als sie den Pfad hinabritt und den Mann mit dem blauen Augen erspähte. Mit gezogener Waffe kam er auf sie zu.

„Bleiben Sie stehen!“, brüllte er. Doch die Frau hörte nicht auf ihn. Sie lenkte ihr Pferd zwischen den Bäumen hindurch, sie hoffte Schutz zu finden doch der Wald endete plötzlich an einem steilen Abhang. Beinahe wäre sie heruntergefallen. Weiter unten konnte sie den Dakota River entdecken. Sie ritt weiter, dicht an der Klippe entlang, in der Hoffnung einen Weg zurück in die Wälder zu finden. Weitere Schüsse ertönten, als sie ihr Pferd zwischen den Klippen einen steilen Pfad hinuntertrieb und ließen ihr das Blut in den Adern gefrieren. Sie musste sich zur Wehr setzen. Sie sah zu den Klippen empor. Dicht am Rand ritten ihre Verfolger. Der zweite Fremde hatte die Waffe auf sie gerichtet und sah den anderen Mann unschlüssig an.

„Fang sie ein!“, brüllte er ihm hinterher, als er den steilen Weg die Klippen hinab nahm.

Berins Kräfte waren verbraucht, als sie den Wald erreichten. Die Frau hatte einen Plan. Keinen Guten, doch wenn er funktionierte, würde sie das Ganze überleben. Sie trieb Berin zu einem Baum mit tief hängenden Ästen . Ihre Füße schlüpften aus den Steigeisen und fanden den Weg auf den Sattel. Schwankend richtete sie sich auf ihrem galoppierenden Pferd auf. Der Mann war außer Sichtweite. Sie sprang ab, ihre Hände krallten sich an der bemoosten Rinde des Oberschenkel-dicken Astes fest.
„Lauf!“, schickte sie ihr Pferd davon und sah, wie es durch das Dickicht verschwand, bevor sie sich mühevoll am Ast empor zog und ihre weich gewordenen Beine darüber schwang. Hastig stieg sie den Baum empor. Ast für Ast, für Ast. Der Boden entfernte sich immer weiter von ihr. Lautlos kletterte sie bis auf die Höhe eines Hauses hinauf um sackte völlig erschöpft auf dem Ast zusammen. Inständig hoffte sie, das ihr Verfolger, der Spur ihres Pferdes folgen würde. Sie betete, dass er sie nicht sah. Voller Angst sah sie nach unten. Sie hielt den Atem an, als der Mann in der Nähe des Baumes stoppte. Sein Kopf, drehte sich in alle Richtungen. Sein Pferd atmete hörbar, es hatte keine Kraft mehr.

„Scheiẞe!“, fluchte er laut, als er die Frau nicht mehr ausfindig machen konnte. Weit über ihm atmete sie inzwischen erleichtert auf. Ihre Ohren spitzten sich, als sich ein zweiter Reiter näherte. Der Mann der sie vorhin ebenfalls verfolgte kam zum Stehen, sein Haar war lang und schwarz, seine Waffe hatte er geschultert.

„ Was verdammt nochmal ist hier los Arthur?“, richtete er wütend an den Mann dessen Name der Frau nun bekannt war.

„ Reitest hier wie’n Besessener am Lager vorbei und treibst  ʼne Frau vor dir her?“, sagte er, doch nun schwang Belustigung in seiner rauen Stimme mit.

Der Mann namens Arthur schwang sich vom Pferd und grummelte nur mürrisch.

„ Du kannst einer Dame auch einfacher den Hof machen!“, lachte nun sein Begleiter und schwang sich ebenfalls aus dem Sattel. Die Frau auf dem Baum beobachtete alles.

„Halt‘s Maul!“, dröhnte der Mann ihm entgegen und suchte den Boden ab. Lachend klopfte ihm der Schwarzhaarige auf die Schulter.

„Sie ist weg! Kannst ja noch ʼne Weile weiter suchen, aber ihr Pferd kam allein aus dem Wald!“, sagte er und schwang sich wieder auf den Rücken seines Pferdes. Der Frau wurde unwohl zumute. Unruhig rutschte sie auf dem Ast herum. Sie wollte noch höher empor steigen, doch es erwies sich als ein Fehler. Ihr Fuß  trat einen kleine Ast lose. Bestückt mit Blättern fiel er in Richtung Boden und dem Mann mit dem schwarzen Haar auf die Schulter. Einen Augenblick lang schien es, als hätte er es nicht bemerkt doch dann drehte er langsam den Kopf zu ihr empor und sah ihr direkt in die Augen. Ein schiefes Grinsen legte sich auf seine Lippen.

„Na wenn dass kein Zufall ist!“, sagte er zu dem Mann mit den blauen Augen, der langsam seinen Blick zu ihr empor richtete.

„Gefunden!“, sagte dieser und führte seine Hand an seinen Revolver.

Resist - Eine RDR2 Fanfiktion Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt