HUNTER

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Sanfter Nebel umspielte den Tag . Dieser Morgen war kalt, doch der vorübergezogene Winter war kälter gewesen. Die ersten Sonnenstrahlen spiegelten sich im Wasser, des Dakota River, glitzernd wider. Dieser Anblick konnte einen beinahe mit seiner Schönheit verzaubern. Auch die junge Frau, die hinter Beerensträuchern geschützt, am Ufer Ausschau nach Wild hielt, konnte nicht verhindern, dass dieser Anblick sie auf eine merkwürdige Art berührte. Es war so still und doch so laut um sie herum. Das Wasser plätscherte melodisch vor sich hin und vereinzelte Vogelstimmen waren aus der Ferne zu vernehmen. Der Atem der Frau bildete feine Wölkchen, die sich sogleich mit dem Nebel, um sie herum vermischten. Ihre Jacke, aus weichem blauen Stoff hatte sie enger um sich geschlungen. Ihr Hut aus dunklem Leder bot genügend Platz um ihr langes braunes Haar darin zu verstauen. Ihre Augen huschten fast tänzerisch über die Umgebung, sie nahm jede Bewegung war. Sie war scharfsinnig und klug, wie sie dachte. Sie musste jagen, die letzten Vorräte waren aufgebraucht. Sie wollte einen Weiẞwedelhirsch erlegen, einen großen, am besten männlich. Genügend Fleisch für sie und ein guter Preis für das Fell sollten für sie herausspringen. Am besten wäre es, wenn sie am heutigen Tag mehrere Tiere erlegen würde.

Sie sah das Tier. Frei bewegte es sich zwischen einer Formation aus Felsen, um am anderen Ufer zu trinken. Die grünen Augen der Frau blitzen auf. Lautlos holte, sie ihr Fernglas aus der Tasche um das Tier genauer zu betrachten. Das Fell schien tadellos zu sein, das Tier wirkte gesund und agil. Eine Beute, wie sie sich die Frau wünschte. Als sie das Fernglas wieder von ihren Augen entfernte, wurde der Abstand zwischen Jäger und Beute wieder unheimlich groß. Sie zog sich den fein, geschwungenen Bogen von der Schulter und schlich sich in gedruckter Haltung lautlos aus ihrem Versteck. Der sandige Untergrund des Flussufers gab weich unter ihren Lederstiefeln nach. Ihre dunkle Jeans hatte nasse Flecken im Bereich der Knie und klebte unangenehm kalt auf ihrer Haut. Die Dampfwölkchen, die aus ihrem Mund kamen, wurden schwächer. Die Sonne wärmte den Tag allmählich auf. Auch die tierischen Bewohner dieser Gegend wurden aktiver. Enten kamen angeflogen und landeten sanft auf der glitzernden Oberfläche des Flusses . Weitere Weiẞwedelhirsche fanden den Weg zum klaren Wasser, doch die junge Frau verlor ihre Beute nicht aus den Augen. Das Tier trank noch immer. Zu seiner Rechten befanden sich mannshohe Felsen, einer an den anderen gereiht. Weiter vorn war noch einer, auf dem gerade eine Ente landete und sich ihrem Gefieder widmete. Ein Stück noch näherte sich die Frau dem Wasser, dann legte sie den Pfeil an. Das Tier war schön. Sein Tod würde ihr Leben verlängern. Der Griff der Frau verfestigte sich. Kräftig spannte sie die Sehne. Die Wurfarme bogen sich. Das Tier bemerkte sie nicht. Sie öffnete den Mund und imitierte die Stimme, dieser Wesen. Das Tier hob neugierig den Kopf und blickte in die Richtung der Frau. Mit einen leichten Lächeln auf den Lippen ließ sie Sehne los und den Pfeil davonsausen, doch dieses Lächeln erstarbt augenblicklich. Ein Tumult unter den Tieren brach aus. Ihre Beute verschwand unverletzt zwischen den Bäumen. Die Frau hatte sie verfehlt, doch dafür etwas anderes getroffen.
Sie traute ihre Augen nicht und richtete sich schlagartig auf. Ihr Mund war leicht geöffnet, einen Aufschrei konnte sie gerade noch unterdrücken. Nur die davonlaufenden Tiere waren zu hören, wie sich durch das Wasser oder Sträucher preschten. Auf der anderen Seite war Jemand. Ein Mann und dieser Mann war geradewegs in die Bahn ihres Pfeiles gelaufen. Er kam hinter dem großen Felsen hervor. Sie hatte ihn nicht gesehen, er hatte sie nicht gesehen. Er sah den Weiẞwedelhirsch nicht, den sie anvisierte doch dieser wiederum hörte ihn. Er kam mit Bogen, in gedruckter Haltung aus seinem Versteck hervor, so wie sie es tat. Er wollte offensichtlich die Tiere zur Linken ihrer Beute jagen, doch kam nicht weit. Einen kurzen Moment noch dachte sie Frau sie hatte den Mann versehentlich getötet, doch als er den Kopf drehte und sie über den Fluss hinweg ansah, löste sie sich aus ihrer Starre und rannte davon. Sie hatte ihm nur den schwarzen Hut vom Kopf geschossen.

Panik kroch ihr die Wirbelsäule hinauf, als sie über den sandigen Untergrund rannte und wieder Gras unter ihren Stiefeln hatte. Sie beachtete den Weg nicht, der parallel den Fluss entlang führte. Sie rannte weiter und pfiff nach ihrem Pferd. Sie trieb ihren Körper zu Hochleistung an und wagte es nicht nach hinten zu sehen. Zwar hatte sie den Mann nicht absichtlich seinen Hut vom Kopf schießen wollen, doch welchen Eindruck er von dieser Situation hatte wusste sie nicht. Sie vernahm Hufe auf den weichen Boden und sah, wie ihr schwarzer Hengst Berin aus dem kleinen Waldstück galoppierte in dem sie ihn zum Schutz vor Dieben zurückließ. Erleichterung machte sich in ihr breit und sie setzte sich schwungvoll in den Sattel. Sie blickte zurück, sie blickte in die Richtung, in der sie den Mann zurückließ und spornte ihr Pferd zügig an, als sie merkte, dass dieser ihr bereits folgte. Tosend trieb er sein Pferd durch das tief werdende Wasser. Die Beine des Pferdes schlugen donnernd in das kalte Nass und spritzten es weit zu allen Seiten weg. Mit seiner dunklen Stimme trieb er es vorwärts. Er wollte ihr nach. Er wollte sie töten, er sah sie als Bedrohung. Sich ihm zu stellen würde nichts bringen. Sie kann nur ihre Stärken nutzen. Ihre Fersen schlagen kräftig in die Seiten ihres Pferdes. Sie galoppierte mit ihm über die Wiese, hinauf zu dem Wald aus dem er kam. Ihr Hengst riss den Kopf nach oben, seine Ohren drehten sich nach hinten. Ihm behagte die Situation nicht. Er hörte die Verfolger.

„Komm schon, Junge!", spornte sie ihn an. Sie mussten in den Wald gelangen! Ihr Berin war wendig. Niemand konnte mit ihnen, zwischen dicht stehenden Bäumen, Schritt halten. Noch einmal drehte sie sich um. Die Hufe des Verfolgers donnernden inzwischen auf dem harten Waldboden. Er war nah. Noch ehe sie hätte handeln können wurde sie von Berin gerissen und schlug hart auf dem Boden auf. Der Fremde war so schnell näher gekommen, dass sie es bereute am Ufer gezögert zu haben. Geschockt sieht sie dem Mann in die Augen. Sein Gewicht lastet auf ihr. Irgendwo hatte sie ihn schon einmal gesehen, da war sie sich sicher.

Resist - Eine RDR2 Fanfiktion Where stories live. Discover now