Kapitel 6

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"Was meinst du, wann sie wieder aufwacht? Immerhin ist sie jetzt schon seit über 14 Stunden ohne Bewusstsein und da haben wir sie nicht mal narkotisiert!? ", fing eine fast hysterische, überführsorgliche und offensichtlich männliche Stimme an, jemanden zu fragen, wurde aber sofort von einer weiblichen Stimme unterbrochen. Beide kamen mir bekannt vor. Die Eine mehr, die Andere weniger! Aber ich kannte diese Stimme! Nur wer war das? Da ich aber leider wieder zu schwach war, um die Augen zu öffnen - wahrscheinlich war das alles doch noch zu viel für meinen Körper - entschied ich mich, einfach weiterhin zu lauschen. Vielleicht würde ich dann ja so herausbekommen, wer da spricht!

... "Alex!" - Alex also. Moment Alex? Alex war hier bei mir? Das konnte doch nicht sein?! Sicher, ich hatte es mir ja insgeheim gewünscht, aber trotzdem! Es war doch nicht normal, dass er mich einfach so besuchen kam. Immerhin war ich ja noch nicht mal mehr sicher seine zukünftige Kollegin, was das Ganze trotzdem nicht rechtfertigen würde. Aber das änderte nichts daran, dass ich mich dann doch total freute! Vielleicht hatte er ja doch keine Freundin...
Doch dann ging es weiter und ich hörte gespannt zu:
"Jetzt beruhig dich doch mal! Du bist selbst oft genug auf Station im Dienst! Da solltest du doch genauso wie ich wissen, dass ihr Körper ausgenockt ist, von der ganzen Anstrengung und Zeit braucht sich wieder zu regenerieren! Sei doch einfach mal froh, dass wir sie nicht ins künstliche Koma legen und zusätzlich künstlich Beamten mussten, sondern dass sie all das selbstständig schafft! Also fahr mal einen Gang runter! Außerdem sind alle Vitalparameter im Normalbereich. Und dass ihr Puls etwas erhöht ist, bedeutet doch noch mehr, dass sie langsam wieder zu sich kommen will. Zudem hab ich gestern Abend nochmal mit ihr reden können, bevor sie wieder eingeschlafen ist. Also reg' dich wieder ab und fahr nach Hause duschen! Du stinkt! Was ist eigentlich mit dir passiert? Bist du in nen Mülleimer gefallen oder was? "
"Ja... du hast ja Recht. Ich sollte wirklich langsam nach Hause fahren, duschen und wieder richtig runter und zu mir kommen. Das ist doch nicht normal! Sonst lasse ich doch auch nicht die Einsätze so an mich ran. Also warum ausgerechnet jetzt?!
Und.. Nein! Ich bin nicht in einen Mülleimer gefallen! Wir waren in einem Bio-Müll-Müllauto und haben dort alles abgesucht, weil jemand der Meinung war, dort drinnen ein Baby schreien zu hören. Glücklicherweise war es nur eine Puppe und somit Fehlalarm. Aber gut, einmal mehr benachrichtigt und dreckig gemacht, als wenn da doch ein echtes Baby drin ist und stirbt, weil niemand den Notruf wählt. Aber gut! Jetzt geh' ich erstmal duschen. War' ne anstrengende Schicht. Aber kannst du mich bitte anrufen, sobald sie wieder zu sich kommt? Sie hat noch eine kräftige Standpauke von mir und Tom verdient! So etwas Wichtiges einfach so zu verschweigen!"
"Ja, mach' ich Alex. Und jetzt geh nach Hause duschen! Es ist ja kaum auszuhalten neben dir! Und mach dir keine Sorgen, ich rufe dich schon an, wenn sich was ändert ok? "

Weiter kam die Stimme nicht, denn ich hatte genug gehört und wollte nun auch endlich wieder meinen Senf dazugeben. Also versuchte ich, etwas zu sagen, doch meine Stimme war total kratzig und fast kaum zu hören. Ein Wunder, dass sie es überhaupt verstanden hatten, als ich ihnen mitteilte, dass ich wach sei und alles mitbekommen und keine weitere Standpauke verdient hätte. Mit diesen Worten war es sofort still im Zimmer, sodass ich mir nicht mehr so sicher war, ob überhaupt noch jemand im Raum stand. Also öffnete ich meine Augen mühevoll und sah in 2...

...wunderschöne, strahlende Augen, die mich besorgt musterten. Alex - mal wieder. Innerlich machte ich ja schon Freudensprünge, doch ich durfte mir jetzt nichts anmerken lassen. Obwohl, mein dümmliches Grinsend ließ sich wohl schlecht verbergen...
"Hey! Wie geht's dir?", fragte Alex dann einfühlsam und immer noch mit deutlicher Besorgnis in der Stimme. "Ja, das würde mich auch mal interessieren...", meldete sich nun auch die weibliche Stimme zu Wort - Frau Doktor Fischer.
"Joa..ehm... ganz gut, würde ich mal sagen?", brachte ich mit kraziger Stimme hervor, woraufhin eine von Alex' Augenbrauen in die Höhe schoss. "Ich dachte wir wären uns einig, was das Thema Wahrheit sagen betrifft?! ", meinte er dann leicht drohend. Seufzend richtete ich mich ein kleines Stück auf. "Naja, ich fühl mich noch ziemlich erschossen, sonst aber tatsächlich ganz gut. Nur was zu trinken könnte ich grad gut vertragen." Schon ein ganzen Stück zufriedener griff Alex nach einem Wasserglas auf dem Nachttisch und reichte es mir. Dabei bemerkte ich, dass er wirklich ziemlich unangenehm nach Müll roch. Das teilte ich ihm dann auch mit, wofür ich von ihm nur einen bösen Blick, von Doktor Fischer jedoch ein herzliches Lachen bekam.

"Nagut, Ihnen scheint es wohl tatsächlich wieder ein Stück besser zu gehen. Das freut mich. Dann würde ich vorschlagen, wir verlegen sie später auf die Normalstation.", teilte mir die Ärztin anschließend mit einem gehässigen Grinsen in Alex' Richtung mit. Und schon war es um mich geschehen und ich musste lauthals losprusten. Frau Doktor Fischer stimmte mit ein und nur Alex stand etwas angesäuert daneben, schien es aber mit Fassung zu tragen.
Als wir uns wieder einigermaßen beruhigt hatten, drehte sich meine Ärztin zur Türe. "Na dann lass ich die Herrschaften mal alleine. Ich glaube, ihr wolltet ja eh noch was klären." Und schon war sie aus der Tür verschwunden.

Aber was denn klären? Da huschte mein Blick zu Alex, der nun nicht mehr eine so begeisterte Miene an den Tag legte. "Esmé, ich muss dir wohl nicht sagen, dass das total unverantwortlich war, oder?", fing er an und blickte mich dabei teils vorwurfsvoll, teils enttäuscht an. Ich wollte gerade zu einem Widerwort ansetzten, da öffnete sich die Tür erneut. Nur diesmal war es Tom, der DGL, der eintrat. Er begrüßte uns beide mit einem kurzen Nicken, dann tauschte er einen Blick mit Alex. Verwundert blickte ich zwischen den beiden hin und her. Was war denn jetzt los?
"Also Esmé, wie Alex dir wahrscheinlich schon gesagt hat, war das ziemlich unverantwortlich - vor allem, weil du doch selber Notfallsani bist, Mädel! Das hätte gewaltig nach hinten losgehen können, du kannst froh sein, dass du so glimpflich davon gekommen bist. Außerdem versteh ich nicht so ganz, wieso du uns nichts davon erzählt hast, dass du MS hast! Wir hätten doch eine Lösung finden können , bevor es soweit kommt! Mensch, Mädchen! Denk mal nach! Wir beißen dich schon nicht! Und das solltest du eigentlich wissen!... " Tom hatte sich ganz schön in Tage geredet und war leider noch lange nicht fertig. Alex nickte ihm immer mal wieder zustimmend zu, hielt sich aber soweit zurück. Und ich hockte nur da, versuchte, mich so klein wie möglich zu machen und schaute die beiden aus kleinen Augen an.

Nach ein paar Minuten und einer gewaltigen Standpauke später, hatten sich endlich wieder alle ein bisschen beruhigt und die beiden entschuldigten sich sogar für ihren kleinen Ausbruch. Aber gut, ich war ja auch irgendwie selber Schuld. Ich hätte ja auch Verdammt nochmal nicht so dumm sein müssen und hätte einfach von Anfang an die Wahrheit erzählen können, dann wäre das alles niemals passiert! Und genau das sagte ich den beiden Männern dann auch und versuche damit, meinen Arsch noch irgendwie zu retten. Immerhin hoffte ich ja trotzdem noch auf die Stelle..

"So, ich würde sagen, wir belassen es jetzt einfach dabei. Ich glaube, alles ist gesagt, oder nicht?", unterbrach dann Alex irgendwann mal die Konversation. Erleichtert lächelte ich ihn an. "Du hast ja Recht - Dann komme ich lieber zum freudigen Teil unseres Besuchs!", stimmte auch Tom ihm zu und ich würde hellhörig. Was denn für ein freudiger Teil? Fragend blickte ich in die Runde. "Also, auch wenn das erste Treffen auf der Wache jetzt nicht sooo prickelnd verlaufen ist, haben wir beschlossen, dass wir dich als neues Mitglied unseres Teams begrüßen! Herzlichen Glückwunsch!", platzte Tom mit der Tür ins Haus. Überwältigte starrte in ihn erstmal mit offenem Mund an, dann realisierte ich so langsam, was er gerade gesagt hatte. Ich durfte tatsächlich auf meiner Traumwache arbeiten!
Eine Freudenträne bahnte sich ihren Weg aus meinem Augenwinkel. Ich hatte es geschafft! Ich hatte es wirklich geschafft! Und dass ohne viel Rumgedruckse! - Naja fast. Aber trotzdem! Ich hatte es geschafft! Sobald ich den Vertrag offiziell unterschrieben habe, bin ich ein offizielles Teammitglied der Rettungswache 'Köln-Hürth'! Yes!

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Soo! Hier wieder ein etwas längeres Kapitel! Hoffen es stört euch nicht! Aber wir wollten das Thema so schnell wie möglich aber dennoch vernünftig abschließen und endlich zum Thema Beruf, Wohnungssuche und Umzug kommen, bevor sich das noch zuu lange in die Länge zieht.

Wir hoffen ihr seid uns da ähnlicher Meinung!

LG
~JK-write!

Zukunft ist Vergangenheit - Traurige Wahrheiten || ASDSWhere stories live. Discover now