Kapitel 3

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Es dämmerte, seine Füsse taten weh, doch war es nichts im Vergleich zu seiner Verzweiflung. Sie musste leben. Sie musste leben. Er sah zum Horizont, wo hinter den Bäumen das letzte rote Licht verschwand.
«Wollen wir Rast machen?», fragte Jakob.
Max nickte und sie machten ein Feuer. Die Köstlichkeit des Tages waren Ravioli, aus der Dose natürlich. Beide waren beschäftigt mit ihrem eigenen Kummer. Es war still, dunkel, bedrückend, nur dass Feuer machte Geräusche. Nach dem Essen zog Max einen Beutel hervor.
«Kiffst du mit?», fragte er.
Jakob nickte. Er wusste, dass er heute nicht schlaffen konnte, vielleicht würde es helfen. Max Hände waren erstaunlich ruhig, während er den Joint baute. Er zündete in an. Nach einigen Zügen reichte er in an Jakob weiter. Dieser entspannte sich sichtlich, während er den Rauch in die kühle Nachtluft bliess. Sie musste leben. Er nahm noch einen Zug. Sie musste leben. Wie ein Mantra wiederholte sich der Gedanke. Sie musste leben.
Als er den Joint zurückgeben wollte sah er, dass Max schon eingeschlafen war.

Trotz des Joints, der seine Wirkung auf Jakob hatte, gelang es ihm nicht in die Traumwelt zu flüchten. Nach einer halben Stunde spürte einen leichten Druck in seiner Blase. Er stand auf, ging etwas in das Wäldchen hinein und entleerte sich. Da hörte er etwas ganz leise. Ein Auto. Er erspähte zwei Scheinwerfer in der Ferne. Adrenalin stiess durch seine Venen. Trotz der Drogen war er nun hell wach. Er stürzte zum Feuer und raffte seine wenigen Dinge zusammen. Er konnte das Feuer nicht schnell löschen, also versuchte er Max aus dem Schlaf zu rütteln. Dieser teilte jedoch nicht dieselbe Panik. Nach ein paar Rüttlern und verzweifelten Blicken in Richtung der sich nähernden Scheinwerfern gab Jakob seinen Versuch auf. Von Angst und Panik gepackt rannte er ins Gebüsch und warf sich zu Boden, genau rechtzeitig um nicht genau vor dem heranfahrenden Pickup zu stehen, dessen Scheinwerfer nun ihr grässlich helles Licht durch die Nacht strahlten.
Von dessen Ladefläche sprangen nun einige Männer. Es waren genau dieselben wie vorhin bei dem Bus. Paralysiert lag Jakob dort. Er sah nur Schatten die sich zwischen dem Scheinwerfer des Pickups und dem Feuer bewegten. Er meinte zu sehen wie Max aufstand und etwas rief. Doch er wurde gleich wieder in die Knie gezwungen. Einer der Männer hielt im etwas an die Kehle. Max Kopf wurde unbequem in die Höhe gezwungen.
«Hast du etwas dabei?»
Alles was Max zu bieten hatte war sein Gras, welches er panisch in die Höhe streckte. Einer der Männer entriss es ihm. Der, der Max am Boden hielt zog nun seinen Arm zurück und Blut spritzte dramatisch in die Höhe. In der Hand waren nun die klaren Umrisse eines Messers im Licht des Scheinwerfers zu sehen. Max blieb auf seinen Knien, er beugte sich vor und machte würgende Geräusche. Die Männer sahen sich noch einmal um und stiegen wieder auf den Pickup. Max zuckte noch ein paarmal kläglich, doch er konnte nichts machen. Sobald die roten Rücklichter im Wald verschwanden sprang Jakob auf und rannte zurück zu Max. Er sass zusammengekauert neben dem Feuer. Sie hatten ihn einfach so umgebracht. Einfach weil er dort am Feuer schlief. Vielleicht hatten sie die beiden beobachtet, wie er den Bus betrat? Dann hätten sie nur ihn gesehen und deswegen nicht nach einem Zweiten gesucht. Es war unfair. Jakobs Brust füllte sich mit Feuer, mit einem Druck, der sich entladen musste. Er hätte etwas tun müssen. Fünf Schüsse und Max wäre noch am Leben. Wie wollte er Alice finden, wenn er nicht einmal in der Lage war seinen neugewonnenen Freund vor ein paar Psychopathen zu retten. Alice. Er musste sie finden. Vielleicht suchten die Pickup-Fahrer auch sie. Vielleicht hatten sie die Gruppe schon bei der Tankstelle gesehen. Sie waren wohl auch die Mörder der Kassiererin.
Jakob hatte eine Entscheidung gefasst. Er musste Alice finden. So taumelte er in die Nacht hinein. Es war relativ hell, der Vollmond schien klar auf die Strasse. Ohne Schweinwerfer oder Feuer reichte er komplett aus, sobald seine Augen sich daran gewöhnt hatten.

Am Horizont ging die Sonne auf. Noch immer setzte Jakob einen Fuss vor den andern. Die ganze Nacht kreisten ihm dieselben Bilder vor dem inneren Auge. Der zerquetschte Bauarbeiter, Alice Gesicht, die Erschossene Kassiererin, Alice, tot mit diesen leeren glasigen Augen, der Bus voller Leichen, das Feuer in der Nacht, der Blutspritzer, Max der am Feuer kauerte. Es war seine Schuld, Jakobs Schuld, Max könnte leben, doch Jakob hat es nicht geschafft. Neben der Strasse war ein kleiner Teich. Jakob stolperte in die Richtung. Er ging auf die Knie, er füllte die Flasche. Im Wasser sah er zwei Müde Augen, ein trauriges Gesicht. Ein Mensch der ein Menschenleben zu verschulden hatte. Alice. Ein Gedanke. Er musste sie finden. Der erste Versuch aufzustehen wurde von einem Krampf in den Beinen verhindert. Er musste sie finden. Der zweite Versuch gelang, allerdings nur mit dem Gewehr als Stütze. Er musste sie finden. Ein Fuss vor dem andern. Er musste sie finden.

Ein Schuss am EndeHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin