1. Advent

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-LEO-

„Jingel bells, jingel bells, jingel all the way", völlig entnervt ziehe ich mir die singende Krawatte über den Kopf und pfeffere sie in den nächsten Korb mit Weihnachtsschnickschnack.

Wie konnte ich nur so bescheuerte sein und mich zum Weihnachtsshoppen mit meinen Freundinnen überreden lassen?! Dieser ganze Hype um die Adventszeit und Heiligabend ging mir schon immer auf die Nerven, aber dieses Jahr hatten meine beiden besten Freundinnen es irgendwie geschafft mich zu überzeugen mit ihnen in all den grässlich geschmückten Läden zu bummeln und den frisch aufgebauten Weihnachtsmarkt zu besichtigen.

Nicht, dass dieser sich zu den letzten Jahren groß verändert hätte. Wenn überhaupt waren lediglich ein paar Fressbuden mehr hinzugekommen, doch die Hauptattraktionen, das immergleiche Riesenrad,die Karussells, die Pyramide mit den Königen, Maria, Joseph und dem Christkind und natürlich die Eislauffläche hinter der Kirche, waren gleich geblieben.

Zugegeben, die Eisbahn war vielleicht doch gar nicht so schlecht und auf dem Riesenrad hatte ich mit meinen kleinen Geschwistern schon die ein oder andere Runde zugebracht, aber jetzt mal ehrlich, wir hatten grade mal den Esten Advent, es viel kein Schnee und trotzdem waren alle schon in grässlich, kitschiger Weihnachtslaune. Und erst diese Krawatten! Wer zu Hölle denkt sich denkt sich den bitte sowas aus?!

„Hey, nicht wegschmeißen! Die hätte deiner Familie sicherlich gefallen!", höre ich Lilly neben mir. Als ich den Kopf wende, sehe ich, dass sie vollbeladen mit allem möglichem und scheinbar auch unmöglichem Kram, wenn ich mir so das glitzernde, blinkende Rentier angucke, ist.

Das kann doch nicht ihr Ernst sein! Nie im Leben, braucht man trällernde Christbaumkugeln oder wild glitzernde Weihnachtssocken! Doch anscheinend sieht der braune Lockenkopf das anders.

Und auch ihre Schwester Lotta tritt jetzt in mein Blickfeld und siehe da: sie ist ebenfalls vollgepackt mit unnötigem Kitsch! Mit dem Unterschied, dass sie obendrein noch eine pinke Wichtelmütze auf ihre Locken gedrückt hat. Halleluja! Wo soll das denn bitte hinführen?!

„Nein, nein, nein! Dieses hässliche Ding von Krawatte bleibt schön hier und ihr werdet mir ganz sicher nichts anderes aufschwatzen!", mache ich meine Meinung zu dem Jingel-Bells-trällernden-Etwas deutlich.

Seit ich den Zwillingen vor ein paar Monaten erzählt habe, dass ich auf Jungs stehe und unglücklich verliebt war (inzwischen bin ich darüber hinweg, aber das will hier ja keiner kapieren), versuchen die beiden mich ständig zu solchen angeblich lustigen Ausflügen zu überreden.

Ich weiß, dass sie es nur lieb meinen, aber irgendwo ist dann auch mal Schluss! „Hört mal ihr beiden, ich brauch mal ne Pause und gehe einfach rüber zum Weihnachtsmarkt und trinke da was. Ihr zwei kauft meinetwegen den ganzen Laden hier leer und schreibt mir wenn ihr fertig seid, Ja?" Und endlich lassen mich die beiden, wenn auch äußerst wiederwillig gehen.

Puh! Endlich weder Dauerbeschallung mithilfe von Weihnachtsklassikern, noch aufgedrehte Zwillinge im Weihnachtswahn.

Langsam schlendere ich nun tatsächlich Richtung Marktplatz mit den ganzen Buden und Karussells. Schon aus der Entfernung rieche ich Schmalzkuchen und den ganze anderen Süßkram.

Ok, ich glaube an dieser Stelle muss ich mir noch etwas eingestehen. Die ganzen Leckereien, die man so auf dem Weihnachtsmarkt findet, sind auch gar nicht so übel. Trotzdem kaufe ich mir weder Lebkuchenherzen, noch Crêpes oder Liebesäpfel.

Herzen, Liebe, Rosa Zuckerwatte...ach menno, ich glaube das ganze könnte vielleicht doch ein wenig Spaß machen, wenn man nicht alleine wäre. Wenn ich jemanden hätte, mit dem ich Hand in Hand hier langlaufen könnte und den ich dann genau hier unter diesen Mistelzweig...

Weihnachtsengel gesucht!Where stories live. Discover now