Kapitel 12

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Es war Morgen und ich sprang aus dem Bett, so fit war ich noch nie morgens gewesen. Ich war so gespannt was alles passieren würde. Ich rannte ins Bad, zock mich dort an, wusch mein Gesicht, kämmte mir die Haare und rannte runter in die Küche. Meine Mutter schaute mich verwundert an und fragte:" Guten Morgen meine Kleine, ist alles in Ordnung, du bist heute ja so munter, du strahlst förmlich." „Lass sie doch strahlen, muss ja nicht jeder so aussehen wie du. Es wäre ja schon ein besonderes Ereignis, wenn du dich mal wieder hübsch machen würdest!", entgegnete mein Vater, bevor ich meiner Mutter überhaupt antworten konnte. Die zehn Bierflaschen von gestern Abend waren also immer noch vorhanden. Obwohl sich sein Körper ja schon an die großen Mengen an täglichem Alkohol gewöhnt haben müsste. Aber meine Mutter sagte nichts. Sie wehrte sich nie, sie schluckte die Dinge herunter und meinte nur, dass es in einer Ehe ein auf und ab sei. Wenn es ganz schlimm ist und wir uns einschließen müssen, erzählte sie mir immer wie nett und liebenswert mein Vater früher war. Er war führsorglich und hat ihr immer kleine Überraschungen gemacht. Aber so hatte ich meinen Vater nie erlebt. Er war uns gegenüber immer kalt und herzlos. Meine Mutter zwang sich ein Lächeln auf, drehte sich wieder dem Spülbecken zu und wusch weiter das Geschirr ab. Ich setzte mich an den Tisch, aß mein Marmeladenbrot und trank meinen Kakao leer. Einmal kurz schaute mich mein Vater an, als ich hoch schaute sah ich seine gläsernen Augen. Er schaute mich mit einem nichts sagenden Blick an und schaute wieder weg und ich tat es ihm gleich. Mein Geschirr gab ich meiner Mutter und ging dann sofort ins Bad, um Zähne putzen. Ich holte meine Schultasche, schnappte meinen Schlüssel, verabschiedete mich und verließ das Haus.

Auf dem Weg zur Schule dachte ich noch weiter über meinen Vater nach. Seit ich auf der Welt war, kannte ich meinen Vater als den bestimmenden, brutalen und aggressiven Mann, der er auch war. Ich konnte nicht wirklich schlecht über in reden außer das er meine Mutter wie Dreck behandelte, hatte er sich mir gegenüber noch nichts zu Schulden kommen lassen. Ich hatte immer gedachte irgendwann würde er auch mich schlagen, aber bis heute ist dieser Tag nicht gekommen. Trotzdem fürchtete ich mich vor diesem Tage, wie vor dem Tod. Aber ich wusste, dass ich daran schuld war, wie mein Vater sich entwickelt hatte. Er wollte nie Kinder haben, er wollte den großen Erfolg, den Ruhm und Freiheit, aber als ich geboren wurde musste er seine Pläne über Bord schmeißen. Er heiratete meine Mutter und sie kauften sich jetzt dieses kleine Haus. Mein Vater macht meine Mutter und mich für sein gescheitertes Leben verantwortlich. Wenn wir Besuch von seinen Freunden hatten, die sich ihr einmal im Monat zum Karten spielen blicken ließen, mussten wir in mit Onkel anreden. Als Kind dachte ich es sei nur eine Phase oder er konnte mir einfach nicht zeigen wie sehr er mich liebte. Damals war ich mir sicher, dass er mich liebte, dass er meine Mutter liebte und, dass wir das Wichtigste in seinem Leben waren. Aber ich wurde älter und erkannte die Wahrheit. Ich wusste, dass ich mir alles nur einredete. Die Wahrheit war, dass mein Vater mich hasste oder genauer gesagt uns hasste.

Ich betrat das Schulgelände und war auch damit eine der Ersten hier. Was aber auch nicht verwunderlich war, da wie noch 20 Minuten Zeit hatten bis die Stunde anfing. Aber es wussten ja auch nicht alle was heute spannendes passieren würde. Ich setzte mich im Pausenhof auf eine Bank, die in einer Ecke nahe einem alten Baum stand. Der Baum verdeckte die aufsteigende Sonne und sorge so für eine angenehme Kälte. Jetzt konnte ich nur noch abwarten. Immer mehr Leute versammelten sich auf dem Pausenhof und endlich war es soweit, noch fünf Minuten bis zur ersten Stunde und alle Schüler waren da. Und dann kam der Moment auf den ich schon seit dem Aufstehen hin fieberte. Samira betrat den Pausenhof und sofort waren alle Blicke auf sich gerichtet. Dunkelbraun, fast schwarz waren ihre Haare. Ihre Haut wirkte blasser und das grelle Make-up viel noch mehr auf. Aber ich hatte mich geirrt. Sie sah immer noch aus wie Barbie nur wie eine billigere Variante mit einer billigen, schwarzen Perücke. Sie sah zwar schlimm aus, aber sie trug es mit Stolz und lief mit erhobener Nase über den Pausenhof. Dennoch sah ich wie die Menge der lachenden Schuler zunahm und unter den ganzen lachenden Gesichtern waren auch die Gesichter von Sven und Justin. Die Einzige die Samira beistand war Kim, wahrscheinlich weil sie sich vorstellen konnte wie schlimm es war, die Haare dunkler färben zu müssen. Dennoch glaube ich war sie innerlich auch froh, dass es nicht sie getroffen hat. „Was lachst du denn so?", fragte ein ebenfalls grinsender Jonas neben mir. „Nichts.", entgegnete ich mit einem noch größeren Lachen. „Bist du etwa schadenfroh über die neue Frisur von Samira?", seine Frage klang recht ironisch. „Wieso schadenfroh?"; ich versuchte recht unschuldig zu klingen. „Als ob sie sich die Haare freiwillig so gefärbt hat." Ich zuckte mit den Schultern: „Vielleicht sollte es eine Typveränderung sein." „Dann ist die aber richtig schlecht gelaufen. Es sah vorher schon nicht gut aus und jetzt ist es noch schlimmer." Jetzt musste ich noch mehr lachen: „Wer ist hier den jetzt schadenfroh." Er schüttelte nur den Kopf: „Ich bin nicht schadenfroh. Ich sag nur, dass er bescheuert aussieht." Ich nickte nur und stand auf: „Komm wir müssen zum Unterricht." Er nickte und wir gingen gemeinsam zum Unterricht. Die Gänge waren gefüllt vom Getuschel über Samiras neue Haarfrisur und die meisten mussten nur lachen, wenn sie darüber sprachen. Samiras Frisur sorgte also für gute Laune. Also hatte die Sache nur positive Folgen.

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