T h i r t y e i g h t h

122 7 5
                                    

Gerade zog ich mich alleine in einer geräumigen Damenumkleide um. Um hier überhaupt irgendeinen Raum betreten zu können, musste ich so gut wie jedes Mal meine ID-Karte benutzen. Aber mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt. Ebenso daran, dass ich jetzt jeden Morgen zu einem beschissenem Frühaufsteher mutierte, da ich meine Ausbildung absolvieren musste. Hinzu kam das kräftezehrende Training am Abend.

Meine Tage waren einfach nur anstrengend und sahen bisher alle gleich aus. Erst kam das Nahkampftraining. Dann der normale Unterricht mit meinen Freunden und zur Zeit des allgemeinen Praxistrainings, hatte ich wieder Einzelunterricht mit Dean. Als nächstes fand das Krafttraining, vernküpft mit theoretischen Einheiten statt. Wie man feststellte, trainierten Dean und ich eigentlich den ganzen Tag.

Seit er herausgefunden hatte, dass ich mich mithilfe von Elektrizität aufladen konnte, nutzte er es wirklich schamlos aus. Das war schon beinahe unmenschlich. Ich schlief nur wenige Stunden und erledigte meine Hausaufgaben in der Nacht. Meine Proteste führten nur dazu, dass man mir die Schuld gab: Du hättest ihm eben nicht zeigen brauchen, dass du nicht mehr unbedingt schlafen musst.

Ja, ja. Hätte, Wenn und Aber.
Meine Freunde sah ich auch nicht mehr so oft, selbst mein Schnuckelchen Zane schien ich in dieser Woche jedes Mal mal zu verpassen. Es war unglaublich frustrierend. Er war im Auftrag der LoH unterwegs.

Zane selbst wollte mir bis jetzt noch nicht sagen, wo er genau war, doch Dean hatte ich lang genug bearbeitet. Es hatte viel Anstrengung gekostet, aber es hatte sich gelohnt. Sie beobachteten im Moment eine Gruppe von Bürgern, die sich ziemlich sonderbar verhielten. Diese wurden sogar bereits vom Verfassungsschutz ins Visier genommen. Genaueres wollte er mir dann aber doch nicht sagen, obwohl es mich ziemlich interessierte. Er interessierte mich eben. Aber, na gut.

Ich band mir einen hohen Zopf und trat dann aus der Umkleide in Richtung Trainingshalle. Dean stand breitbeinig auf einer blauen Matte und er war nicht allein. Er unterhielt sich mit einem Mädchen, dessen Gesicht ich nicht genau erkennen konnte.

Wer war das? Neugierig näherte ich mich den Beiden. Seine Freundin? Nachdem ich sie mit langsamen Schritten umrundet hatte, konnte ich nun auch endlich ihr Gesicht sehen. Ich hielt verdutzt inne. Kannte ich dieses Mädchen nicht?

Ihr Name.. Es war irgendwas mit J. Wenn ich mich nicht irrte hieß sie.. Josey? Ja, ganz bestimmt. Josey.

Einen kurzen seltsamen Moment lang sahen wir uns in die Augen. Das fand ich persönlich ziemlich schräg.
,,Loreen. Das ist Jenna LeRoyce", machte Dean uns kurz miteinander bekannt.

Ah. Diese Jenna. Der Name kam mir bekannt vor, aber er weckte dann irgendwie doch nicht mein Interesse. Cool. Und wieso war sie jetzt hier? Ich musterte sie genauer von oben bis unten. Ausgerechnet in Trainingsklamotten?

,,Hi", sie grinste und zeigte ihre strahlenden Zähne: ,,Wir trainieren ab heute ein wenig zusammen."

Ich warf Dean einen fragenden Blick zu. Wieso das denn auf einmal? Ich wurde doch mit Absicht in ein striktes Einzeltraining gesteckt.

Er ignorierte mich jedoch und stellte sich in Position. Leicht gebeugte Knie, Fäuste schön auf Kinnhöhe und ein wachsamer Blick.

,,Schau genau hin!", befahl er barsch mit einem kurzen Seitenblick zu mir. Dieses Jenna-Mädchen tat es ihm gleich und dann begann auch schon die Vorstellung.

Dean umkreiste das Mädchen wie ein Löwe auf Streifzug, während sie wie eine Gazelle umher hüpfte. Verwirrt musterte ich ihre Bewegungen. Sollte das irgendeine Taktik sein? Für mich sah das aus wi- woah, okay.

Ihr Angriff kam wie aus dem Nichts. Die Faust sauste jedoch nur trefferlos an Deans Gesicht vorbei, da er sich lässig zurück beugte.

,,Zu langsam."

Anscheinend schien sie das noch mehr anzustacheln, denn sie rannte nun auf ihn zu. Zuerst täuschte sie einen linken Haken an und setzte dann doch zu einem Spin Kick an.

Respekt. Doch Dean war ja nicht umsonst ein Profi. Er packte ihren Fuß und brachte sie mit einer fließenden Bewegung zu Fall. Im nächsten Moment lag sie auch schon bewegungsunfähig in seinem Griff.

Ich starrte Dean an. Das ging ziemlich schnell.

Neugierig machte ich einen Schritt auf die Beiden zu. Was war das denn für ein Griff?
Er stand seufzend auf und zog Jenna ebenfalls mit Schwung hoch. Diese hatte ein hochrotes Gesicht. Kam das nur von der Anstrengung?

Viel weiter konnte ich auch nicht darüber nachdenken, denn nun war ich an der Reihe. Dean war ein knallharter und gnadenloser Kerl, doch ich merkte auch, dass ich unter seiner Führung durchaus Fortschritte machte.

Ich hielt sogar ziemlich lange durch, deutlich länger als Jenna, doch irgendwann war es auch schon Zeit für den nächsten Unterricht.

Da ich jetzt keinen Unterricht mit Jenna hatte, ließ ich sie zurück und machte mich auf den Weg in meinen Englischkurs. Mit Mister Vance.

Und ich war unglaublich erschöpft. Während ich im Aufzug stand, ließ ich einen einsamen blauen Funken zwischen meinen Fingern tanzen. Ich würde mich in der Klasse um meine Energie kümmern, immerhin wollte ich nicht umkippen.

Gähnend stützte ich mich an der Wand ab. Ich wollte auch nicht unbedingt den Fahrstuhl anzapfen.

War ich eben auch schon so unglaublich erschöpft? Schwankend durchquerte ich die Flure und öffnete dann ohne zu Klopfen die Tür zu meinem Kursraum.

Mein Kopf fühlte sich unglaublich schwer auf meinem Hals an, weshalb ich mir auch gar nicht erst die Mühe machte, ihn zu heben. Es war ja nur.. Mister Vance..

,,Loreen..!", der Rest seiner Worte kam nicht in meinem Kopf an, es hörte sich wie ein Meeresrauschen an. War das normal?

,,...Loreen!", kam es nun lauter. Ich hätte mich immernoch kein Stück bewegt und stand im Türrahmen. Er laberte bestimmt wieder nur unwichtiges Zeug.

Ich wollte auf meinen Platz gehen, doch sobald ich die Türklinke los ließ, knickten meine Beine ein. Hoppla.

~~
Ich hab die Klausurphase überlebt

Heroes Where stories live. Discover now