Darf ich vorstellen: Tarielle Camanae

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Er verließ den Raum und ließ eine ausgelaugte Tari zurück. Die erste Stunde hatte sie verpasst. Langsam machte sie sich zur nächsten Stunde auf. Sie hätte nicht gedacht, dass Tora sich darauf einlassen würde, ihr mehr Zeit zu geben.

Überraschender weise hatte Tora sie wirklich in Ruhe gelassen. Tari wusste, das die Ruhe dem Winterball geschuldet war. Da Tora der Hauptorganisator des Balls war. Sie war sicher, dass er die meiste Arbeit an Maki delegiert hatte und doch hatte man ihn kaum zu Gesicht bekommen. Das Mädchen schlenderte den Flur entlang und las sich die Nachricht auf dem kleinen Zettel in ihrer Hand schon zum tausendsten Mal durch. Tora hatte ihr aus privaten Gründen für den Ball abgesagt und er hatte ihr freigestellt, ob sie als Gast erscheinen würde oder nicht. Er erwartete nur Antworten nach dem Ball. Tari musste schmunzeln, denn ihr war bewusst, dass er ihr nur aufgrund seiner Verlobten abgesagt hatte, die er dann erst kennen lernen würde. Wie er wohl reagieren wird, wenn er mich sich gegenüber vorfindet? Immer noch schmunzelnd steuerte sie ihren Spind an, um ihre Jacke herauszunehmen.
Plötzlich stand Suzune vor ihr und grinste über beide Ohren. Fragend sah Tari ihre Freundin an. „Du wirst es nicht glauben, aber Yun hat mich gefragt ob ich mit ihm auf den Ball gehe... und ich habe Ja gesagt!" Suzune kreischte vor Freude und Tari stimmte in ihr Gekreische ein. Suzune war schon seit dem ersten Tag in den jungen Mann verliebt. Tari freute sich aufrichtig für sie, auch wenn sie Yun nicht mochte. Er gehörte zu der Sorte Jungs die zu nett waren und etwas gruseliges an sich hatten. „Tari du kommst doch auch zu dem Winterball? Ich weiß aus sicherer Quelle das du von Igarashi gefragt wurdest. Dafür hat sich Yuriko an einem Boxsack ausgelassen" Tari fing an zu lachen und schüttelte den Kopf. „Also Neuigkeiten verbreiten sich ja wie ein Lauffeuer...ist ja schrecklich..." – „Wieso hast du uns nicht gesagt das du mit Igarashi gehen wirst? Und wieso hat der Typ dich überhaupt gefragt? Ich meine ihr habt nicht sonderlich viel miteinander zu tun." Tari zuckte unschuldig mit den Schultern. Als sie hinter Suzune blickte, entdeckte sie Tora, der sich mit Maki unterhielt, sie jedoch hin und wieder musterte. „Ich gebe seit einiger Zeit seiner Schwester Nachhilfe und ich glaube er wollte mir mit der Einladung eher eins auswischen... Aber das hat sich erledigt" Tari drückte ihrer Freundin den Zettel in die Hand, musterte Tora der bei der Übergabe des Zettelchens wütend das Gesicht verzog und ging an ihrer Freundin vorbei in Richtung Ausgang. An sich war ihr egal, dass Tora mitbekam das sie seine Nachricht weiterreichte, andererseits wollte sie gerne seine Reaktion darauf sehen und freute sich über den kleinen Sieg. Sie hörte nur wie ihre Freundin hörbar geschockt die Luft einsog. „Der Typ lässt dich fallen?" Tari drehte sich irritiert zu Suzune um. „So wie du es sagst, hört sich das an als seien wir Zusammen gewesen. Er hat mich doch nur zum Ball eingeladen und hat jetzt Gründe abzusagen." Suzune die nun sprachlos über Taris Gleichgültigkeit war, stellte sich vor das Mädchen. „Dann musst du erst recht kommen und wir brezeln dich auf. Du bekommst ein Kleid von mir und Ai schminkt dich!" Tari nahm ihrer Freundin den Zettel aus der Hand und sah Tora direkt in die Augen als sie ihrer Freundin antwortete. „Ich muss an diesem Tag etwas erledigen. Aber ich verspreche ich erkläre es dir zu gegebener Zeit." Tari wartete nicht auf eine Antwort ihrer Freundin, ging an ihr und Tora vorbei und steuerte die wartende Limousine an. Erleichtert darüber das Tora ihr abgesagt hatte und sie sich keine Ausrede aus den Fingern ziehen musste, setzt sie sich in die Limousine.

Die Limousine hielt vor dem Anwesen und sie stieg aus. Es war genauso prachtvoll wie das Igarashi-Anwesen und doch hatte es etwas Dunkles an sich. Nach drei Jahren hatte sich nicht viel verändert. Die Einfahrt, die ordentlich geschnittenen Hecken und Bäume sahen genauso aus wie früher. Womöglich würde sie ihren Vater auch erst auf dem Winterball zu Gesicht bekommen und atmete erleichtert aus. Langsam ging sie auf den Eingang zu und klopfte. Eine Maid die sie nicht kannte öffnete ihr die Tür. Tari wurde herzlich begrüßt und verwirrt musterte das Mädchen die Maid. Die Maid war genauso herzlich wie Gabriel und sie fühlte sich geborgen, auch wenn sie dieses Gefühl nicht in Verbindung mit diesem Anwesen haben wollte. „Miss Camanae, möchten Sie sich umsehen oder kann ich ihnen etwas bringen?" Tari bekam bei dem Namen Gänsehaut. „Bitte nenne mich Tari." Tari sah die Verunsicherung in dem Gesicht der Maid. „Wenn mein Vater in der Nähe ist, kannst du mich Camanae nennen, aber bitte nicht wenn er nicht anwesend ist." Die Maid sah Tari verblüfft an und nickte dann zur Bestätigung. Tari sah sich im Eingang ein wenig um, ehe sie den Blick auf die Maid schweifen lies. „Wie heißt du?" – „Ich heiße Kaya und bin seit gut zwei Jahren als Maid bei Ihrem Vater angestellt." Tari schmunzelte. „Bitte duze mich, ich mag diese ganzen Normen nicht." Kaya nickte zur Bestätigung und nahm Tari ihre Jacke ab. „Ich nehme an mein Vater ist nicht im Anwesen?" Ihre Maid schüttelte den Kopf. „Er wird zum Winterball zurück sein, so lange solltet Ihr... sollst du dich an das Anwesen gewöhnen und mich fragen, wenn du etwas benötigst." Tari fuhr sich frustriert durch die Haare und sah dann ihre Maid entschuldigend an. „Ich denke das ich noch weiß wo sich alles befindet, schließlich sieht noch alles aus wie damals... Hat er die Bibliothek gelassen wie sie war, oder hat er sich daran ausgetobt?" Kaya verstand sofort und schüttelte bekümmert den Kopf. Tari seufzte und machte sich auf in ihr Zimmer, wobei das Wort -Gemach- ihren Raum treffender beschrieb. Sie hasste das Anwesen und es erinnerte sie alles an das Jahr in dem ihre Mutter starb und ihre Schwester durchgedreht war. Mitten auf der Treppe blieb sie stehen und drehte sich zu Kaya. „Kannst du mir ein Bad einlassen, ich bin solange in der alten Bibliothek." Kaya nickte und zögerte dann kurz. „Dein Vater hat verboten das wir den Raum betreten..." – „Keine Sorge... ich nehme die volle Verantwortung auf mich." Kaya wollte noch etwas sagen, jedoch hielt Taris Blick sie auf und sie nickte lediglich und begab sich auch nach oben. Tari ging den Flur entlang und steuerte auf den Raum der einst die Bibliothek war zu. Sie legte ihre Hand auf den Türgriff und merkte wie sie zitterte. Tari atmete die Luft zittrig aus und drückte den Türgriff hinunter und betrat den Raum. Ein enttäuschendes Gefühl durchströmte sie und ihr stiegen die Tränen in die Augen. Sie wusste nicht was sie erwartet hatte. Womöglich eine volle Bibliothek mit ihrem Lieblingsplatz am Kamin? Einen komplett zerstörten Raum und verbrannte Bücher? Oder einfach nur Leere? In dem riesigen Raum standen jedoch noch die Bücherregale, aber es waren keine Bücher mehr darin enthalten. An den Wänden hingen die riesigen Bilderrahmen ohne Inhalt und in den Vasen standen keine Blumen. Nichts erinnerte an den Ort an dem sie so oft Zuflucht gesucht hatte. Ob er mir erlaubt diesen Raum wieder mit Leben zu füllen? Sie wischte sich die Tränen weg, drehte sich um und verließ den Raum. Sie ging in das Bad, dass zu ihrem Zimmer gehörte und roch schon das Rosenwasser und spürte die Wärme des Wasserdampfs. Sie legte sich in die Wanne und seufzte wohlig. Auch wenn sie den ganzen Luxus nicht vermisst hatte, ein richtiges Bad konnte jedes Gemüt beruhigen. Schwer seufzend schloss das Mädchen ihre Augen und legte ihren Arm darüber. „Wie soll ich mich hier je wieder wohl fühlen ... so ein riesiges Anwesen und doch sind wir nur zu zweit hier... Wo ich nach der Heirat mit Igarashi wohl leben werde?"

Das KartenhausWhere stories live. Discover now