Die erste Nachhilfestunde

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Wieso bekomme ich diesen arroganten Idioten nicht aus meinem Kopf?! Wütend schleuderte sie ihre Sachen in ihren Spind und zog sich um.  Sie entschied sich gegen den Bus. Vielleicht bekomme ich bei der kühlen Luft wieder einen klaren Kopf...

Das Wochenende verging Taris Meinung nach viel zu schnell. Sie hatte das gute Wetter in vollen Zügen genossen. Ein erfolgreiches Aikidotraining hatte sie wieder auf andere Gedanken gebracht. Ebenfalls wurde sie Anfang der Woche von Tora in Ruhe gelassen und fing an sich wieder zu entspannen. Hin und wieder merkte sie, wie er sie musterte und anfing zu grinsen, sobald Tari reagierte und ihn ansah. Komischer Typ...
Heute würde sie Yuri, einer Schülerin aus dem Jahrgang unter ihr Nachhilfe geben. Das Mädchen hatte Tari förmlich überrannt und sie erst weitergehen lassen, nach dem sie eingewilligt hatte ihr zu helfen.
In der Pause saß sie mit ihren Freunden draußen auf einer Bank und genoss die warmen Sonnenstrahlen. Als sich ihre Freundinnen anfingen angeregt über den Winterball zu unterhalten, schaltete Tari ab und beobachtete die anderen Schüler auf dem Schulhof. Sie hatte schon bei der Verkündung des Balls gewusst, dass sie nicht hingehen würde. Abgesehen vom Finanziellen für das Kleid, konnte sie nicht Tanzen. Zumindest war dies Ihre Entschuldigung wenn sie jemand fragte oder sie gefragt wurde als Begleitung zu gehen. Sie hatte schon vier Anfragen, von sehr netten jungen Männern abgelehnt.
Ai stellte sich vor Tari und grinste sie an „Tari ich bin überhaupt nicht damit einverstanden, dass du dich vor dem Winterball drückst! Wir finden bestimmt einen netten Partner für dich!" - „Tari, Ai hat recht! Es wird sicherlich jemanden geben der dir deine zwei linken Füße verzeiht" Ihre Freundinnen brachen in lautes Gelächter aus. Tari sah Ai und Suzune böse an und fing dann selber an zu lachen. „Ja der Arme wird dann mit bandagierten Füßen sein Weihnachtsfest verbringen und seine Eltern verklagen mich dann auf Schmerzensgeld!" Sie wurde von ihren Freundinnen amüsiert angeschaut. „Tarilein, sag mal hast du denn schon mal getanzt?" Ja habe ich! Und ich bin richtig gut! Nur habe ich keine Lust auf so einen versnobten Abend...aber das könnt ihr nicht verstehen... Ihre eigenen Gedanken überspielend lächelte sie entschuldigend. „Mai wenn ich tanzen könnte wäre das ganze für mich ja nicht so peinlich."- „Du brauchst einfach Unterricht. Auch ein Streber wie du hat seine Schwächen und das lässt du doch nicht auf dir sitzen?!" Tari schüttelte belustigt den Kopf. Zu ihrem Glück wechselten die drei ihr Thema und diskutierten über die Garderobe. Bitte, lass sie nicht auf die Idee kommen, mich nach meinem Kleid zu fragen. Sie schickte eine stille Bitte gen Himmel und hoffte das ihre Bitte erhört werden würde. Ihre Freundinnen wussten das sie nicht viel Geld hatte und so wurde sie von den dreien fürs Erste in Ruhe gelassen.

Tari stand an der Bushaltestelle und wartete auf den Bus, der sie zu Yuri ihrer Nachhilfeschülerin bringen würde. Eine schwarze Limousine hielt vor ihr, ein Butler stieg aus dem Auto aus und kam auf sie zu. „Miss Alcarin?" verwirrt nickte Tari. „Miss Yuri bat mich Sie abzuholen, damit Sie nicht die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen müssen" Tari sah den Butler stirnrunzelnd an. Diese reichen Leute... Ein erneutes Nicken war Taris einzige Reaktion. Zufrieden hielt der Butler ihr die Tür auf und ließ sie einsteigen. Sie blickte sich in der Limousine um und stutzte. Der Innenraum kommt mir verdächtig bekannt vor... Kopfschüttelnd tat sie den Gedanken ab. Unterbewusst wurde sie jedoch immer nervöser,je näher sie ihrem Ziel kamen. Sie knetete ihre Hände, die zunehmend kälter wurden.
Die Limousine hielt vor einer riesigen weißen Villa. Sie stand am Treppenanfang und sah sich in ihrer Umgebung um. Neun Stufen führten zur Eingangstür aus dickem dunklem Ebenholz. Natürlich alles aus hochwertigem weißen Stein. Der Vorgarten, falls man das vordere Grundstück überhaupt noch als Vorgarten bezeichnen konnte, war sehr gepflegt. Dieses Mädchen hat auch unfassbar reiche Eltern... wenn dies nicht sogar das teuerste Gebäude der Stadt ist... Bei dem Gedanken hielt sie erschrocken an und fixierte die Türklingel. Bitte nicht doch... Sie trat auf die Tür zu und besah sich den Namen, der in schönen und eleganten goldenen Lettern in der Wand eingraviert war. >Igarashi< Wieso habe ich das Mädchen nicht nach ihrem Hausnamen gefragt? Dann hätte ich mir wenigstens eine höfliche Ausrede einfallen lassen können, wieso sie sich jemand anderes suchen sollte...
Sie atmete tief ein und aus, strafte ihre Schulter und klingelte an der Tür. Nein, einen Rückzieher gibt es nicht... Der Butler, der sie her gefahren hatte öffnete die Tür. Tari sah den Mann überrascht und verständnislos an. Wieso hat der Mann mir nicht schon früher aufgemacht, wenn er genau wusste, dass ich hier draußen stehe... Als hätte er ihre Gedanken gehört verbeugte er sich zur Begrüßung und entschuldigte sich für die Wartezeit. Tari verbeugte sich anstandshalber auch leicht. Sie übergab ihm ihre Jacke und betrat das Anwesen. Auch hier schaute sie sich um. Die große Eingangshalle war sehr modern und schlicht gehalten. Eine Maid kam zu ihr geeilt und verbeugte sich rasch. „Miss Alcarin, Lady Yuri erwartet Sie bereits in der Bibliothek. Bitte folgt mir" Tari nickte zur Bestätigung und folgte der Bediensteten. Tari hatte das Gefühl, dass sie bereits an unzähligen Räumen vorbeigegangen wären. Langsam verlor sie den Überblick. Vor einer riesigen Tür blieb die Maid stehen, klopfte und betrat mit Tari den Raum.
Tari fühlte sich sofort von der Masse an Büchern erschlagen... Bei dem Anblick der tausend Bücher fiel ihr die Szene von Belle ein, als sie das erste mal die riesige Bibliothek des Biests betreten hat. Sie liebte das Märchen.
Sie hätte Tage in diesem Raum verbringen können und die Geheimnisse der Bücher verschlingen können. Sie schloss ihre Augen und atmete den vertrauten Geruch von vielen Büchern ein und sofort kamen ihr alte Erinnerungen ins Gedächtnis. Eine schöne heiße Tasse Tee, eine dicke Decke, ein Kamin und unzählige Bücher die warteten das Tari sie in der kalten Jahreszeit las. Traurig blies sie die angehaltene Luft wieder aus und sah sich in dem großen Raum suchend um. Es ist mit das einzige was ich wirklich vermisse... Ob es diesen Raum immer noch gibt, den Kamin und seine Bücher? Ob dieser Ort nun jemand anderes genauso glücklich macht wie mich damals?...
Eine Bewegung ließ sie wieder aus ihren Gedanken erwachen. Yuri kam auf sie zu und erst jetzt viel ihr die Ähnlichkeit, die das Mädchen zu ihrem Bruder hatte auf. Yuri war schlank und zierlich. Sie hatte die selben blonden Haare, die ihr jedoch bis zur Hüfte gingen und die selben goldenen Irden wie Tora. Der unverkennbare Unterschied der beiden war die Ausstrahlung ihrer Augen. Toras Blick war stets herablassend und mächtig. Wohingegen ihre großen Augen freundlich und hilfsbereit wirkten. Das verschmitzte Glitzern in Yuris Augen, verriet Tari jedoch sofort den Charakter der hinter der Fassade des Mädchens steckte. Sie war wie Tora soviel war sicher, auch wenn sie nicht so aussah. Dafür glich Yuri ihrer eigenen Schwester zu sehr und die war genauso. Süß und freundlich nach außen und ein kleines Biest unter sich. Tari musste über die vielen kleinen Gemeinsamkeiten lächeln.
Tari verbeugte sich kurz zur Begrüßung. Yuri erwiderte die Geste und grinste Tari danach freundlich an. „Das freut mich, dass du gekommen bist. Ich hoffe das dir die Abholung durch unseren Butler nicht zu unangenehm war... Aber so warst du schneller hier und es ist um einiges bequemer als so ein stinkender Bus" Das Mädchen lachte so offen, dass Tari selbst anfing zu lächeln und mit einer beschwichtigenden Geste ihrer Hand die Situation herunterspielte. „Mach dir keinen Kopf. Es ist gewöhnungsbedürftig, aber sehr bequem. Aber die nächsten Male brauchst du euren Butler dafür nicht seiner Zeit beanspruchen." Yuri drehte sich um und Tari folgte ihr. „Ach, wozu sind Bediensteten sonst da? Schließlich zahlen meine Eltern für seine Dienste. Es ist ein normaler Job" Tari zog überrascht die Augenbraue hoch. Yuri führte sie an einen großen Tisch aus Mahagoni, der vor einer gigantischen Fensterfront stand und so das Tageslicht einladend hereinließ. Yuri hatte schon ihre Unterlagen auf dem Tisch ausgebreitet und setzte sich vor Kopf. Tari nahm rechts von ihr Platz. „Also Yuri, Mr. Isaaki bat mich nach unserem Zusammentreffen darum, dich in allen Fächern in denen du Hilfe benötigst zu unterstützen. Also womit möchtest du Anfangen und wie stellst du dir meine Hilfe vor?" Yuri lehnte lässig auf ihrem Stuhl und besah sich ihre Fingernägel und grinste dann.

Das KartenhausOù les histoires vivent. Découvrez maintenant