Minseok seufzte, bevor er die Hände auf dem Baumstamm abstützte und sich zurücklehnte, den Kopf in den Nacken gelegt. Er hatte ein schönes Profil. Weiche Wangen, spitze Lippen, lange Wimpern... Luhan spürte, wie fest sein Herz gegen seine Brust schlug.
»Zu beneiden, nicht wahr? Die beiden sind wirklich süß.«
›Nicht so süß wie wir‹, wollte Luhan sagen. ›Wenn wir erst einmal zusammen sind.‹

»Ich denke, ich bleibe für immer Single«, setzte Minseok fort.
Luhan hielt unweigerlich inne. »Wieso glaubst du das?« Minseok war perfekt. Er war ruhig und klug, der Kapitän des Fußballclubs, witzig und beliebt bei allen, auch wenn er niemals wirklich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen schien.
Minseok zuckte die Achseln. »Nur so ein Gefühl.«

Der Alkohol machte Luhan mutig. »Gibt es jemanden, den du magst?«
»Hmmm...ich weiß es nicht. Was ist mit dir?«
»Das ist fies, du kannst der Frage nicht ausweichen und dann die gleiche stellen.« Er stieß ihn leicht zur Seite. Das hier war besser, spielerisch und zankend, so wie sie normalerweise waren. Nicht nervös und zurückhaltend, weil Luhan das Herz aus der Brust zu springen drohte.

»Ich denke, ich will gerade keine Beziehung«, sagte Minseok schließlich. »Ich wüsste nicht, was ich tun sollte.«
»O-oh«, sagte Luhan langsam. »Wieso?«
Minseok schwieg wieder, sein Blick ganz verloren in den tanzenden Flammen des Lagerfeuers. »Kann ich dir etwas erzählen, Luhan?«
»Klar«, sagte er schnell. »Alles.«
Minseok wirkte belustigt über seine übereifrige Antwort. Luhan hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. »Ich habe gestern einen Liebesbrief bekommen.«

Luhans Herz sank ihm in die Magengrube. »Oh? Von wem?«
»Eine Klassenkameradin. Ich dachte immer, sie mochte mich nicht, weil sie mir ständig aus dem Weg ging. Scheint, als hätte ich alles völlig missverstanden.« Er lachte auf, aber es war ein Klang, der schnell wieder verstorben war. »Ich habe sie heute vor dem Training getroffen.«

»Und?«
»Sie hat mir gesagt, dass sie in mich verliebt sei und ich habe geantwortet, dass ich gerade nicht auf eine Beziehung aus wäre.«
Luhan nickte langsam. Er fühlte sich schuldig dafür, aber sein Herz wurde leichter, Erleichterung durchströmte ihn. »Oh.«
»Ich habe mich schrecklich gefühlt, weil sie plötzlich angefangen hat zu weinen.«

»Das ist nicht deine Schuld.«
»Ich weiß.« Die Rinde des Baums hatte kleine, rote Abdrücke auf seinen Handflächen hinterlassen, als er sich wieder auflehnte. Er klatschte sich den Dreck von den Händen. »Aber es hat sich trotzdem schlecht angefühlt. Deshalb bleibe ich wohl Single. Es ist zu stressig, sich zu verlieben. Abgewiesen zu werden, muss wirklich schmerzhaft sein und jemanden abzuweisen, ist mindestens genauso schrecklich. Mir gehen ihre traurigen Augen nicht mehr aus dem Kopf.«

Luhan schluckte schwer. »Mh, ja, ich denke, ich kann verstehen, was du meinst.« Er sah seine Chance vor seinen Augen davonfliegen. Wie ein Drachen, dessen Schnur gekappt wurde.
»Was ist? Wieso ziehst du jetzt wieder so ein Gesicht?« Er stieß ihn leicht an. Schon wieder. Sein Arm war so warm, als er sich kurz an seine Seite presste. »Du musst dich nicht für mich schlecht fühlen.«

Luhan schüttelte schnell den Kopf. Es war sein eigenes Herz, für das er sich schlecht fühlte. »Wie könnte ich mich nicht schlecht für dich fühlen, wenn du einmal verbittert und traurig wirst, weil du für immer einsam und allein bleibst?«
»Das ist die Zukunft, in der du mich siehst?« Er lachte. »Danke auch.«
Er zuckte die Achseln. »Single für immer, also? Überleg dir das lieber noch einmal. Du wirst definitiv verbittert und einsam sein.«

Minseok schnaubte. »Du bist ein wahrer Freund, Luhan.«
»Ich weiß.« Er schwieg. Sein Herz tat wirklich weh, als würde jemand mit einem Hammer darauf einschlagen. Und er hatte gedacht, dass heute seine große Chance sei. Das andere Mädchen war ihm zuvorgekommen.
»Was ist mit dir?«

vier autoren - eine story │ PROJEKTWhere stories live. Discover now