Ausgetrickst

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"Bist du sicher, dass das nicht zu übertrieben ist?", fragte ich Ayanna unsicher. "Ich habe keine Kurven, also warum ein enges Kleid?"

"Weil ich auch eins trage. Außerdem siehst du scharf aus. Du sollst doch Kaylen endlich aus dem Kopf bekommen. Deshalb gehen wir auch feiern."

"Ist das für Bruce eigentlich wirklich in Ordnung?", erkundigte ich mich schon bestimmt zum zwanzigsten Mal, während ich mit der Wimpernzange meine dunklen Wimpern bearbeitete.

"Jaaaha! Ich habe ihn extra noch gefragt, ob er mit will. Alles oke.", antwortete sie genervt, worüber ich lächelte.

"Was ist?", wollte sie sofort wissen. "Warum grinst du so?"

"Ich freue mich so, dass du glücklich bist."

"Nawww." Sie streifte mit den Lippen sanft meine Wange. "Ach und zu dem Orangeton deines Kleides passt ein bräunlicher Lidschatten gut."

Sie selber trug wieder das grüne enge Kleid, dass die auf Malcolm's Party schon angehabt hatte, als sie Bruce kennengelernt hatte, was noch gar nicht so lange her war, wie mir auffiel.

Die beiden hatten sich ziemlich schnell gefunden. Aber Hauptsache sie waren glücklich.

Im Gegensatz zu mir. Wie konnte es sein, dass mir Kaylen immer noch nicht aus dem Kopf gehen wollte?

Naja, hoffentlich half mir heute Abend die laute Musik im Club und der Alkohol. Wir durften da eigentlich gar nicht rein, aber da Ayanna's älterer Bruder dort Türsteher war, hatten wir einen Vorteil. Wenn sein Chef das jemals rausfand...

Flo, ihr Bruder, war ziemlich breit gebaut und genauso honigbraun wie sie, wenn nicht sogar dunkler. Seine kurzen gleichmäßig geschnittenen schwarzen Löckchen und dass er so hoch gewachsen war, machten ihn genauso attraktiv wie seine Schwester.

Da er aber wie ein Bruder für mich war, kam gar nicht in Frage, in mir vielleicht zu klären, auch wenn Ayanna mich schonmal versucht hatte dazu zu überreden.

"Theoretisch kann auch mein Bruder dir helfen über ihn hinweg zu kommen, wenn du verstehst, was ich meine." Ayanna zwinkerte mir mit ihrem ungetuschten Auge zu. Wenn man vom Teufel spricht, oder denkt.

"Ayanna!", ermahnte ich sie.

"Hmm?" Unschuldig klimperte sie mit ihren langen Wimpern.

"Hör auf damit!", befahl ich sanft, aber sah sie dennoch streng an.

"Och schade. Ich bin doch mit sowas wie deinem Bruder zusammen und du solltest meinen haben. Wären das nicht Friendshipgoals?"

"Nein. Bitte. Ich habs dir doch schon hundert Mal gesagt: Er sieht gut aus, aber mehr auch nicht."

"Hast du ihn schon mal gefragt, ob er das auch so sieht?", hakte sie nach.

"Ja, tut er.", log ich.

"Dann reicht es dennoch für eine einmalige Sache!", drängte sie weiter. Ich hatte echt gedacht, sie hätte vor einem Jahr mit dem Mist aufgehört.

"Nein. Dann kann ich ihm nicht mehr in die Augen sehen.", stellte ich dagegen, was an der Stelle nicht mal gelogen war. "Los jetzt, es ist schon halb zehn."

Eilig sausten wir die Treppe in meiner Wohnung runter und machten uns auf den Weg nach draußen.

Der Club lag weit entfernt, also nahmen wir uns ein Taxi. Meine Eltern waren heute ausgegangen und mein kleiner Bruder war auf einem Übernachtungsgeburtstag, also musste ich mir um nichts Sorgen machen.

Die Musik hörte man schon einen Block entfernt und als wir vor den Gebäude standen, verstand man kaum mehr ein Wort.

Den Eingang zierte eine lange Menschenschlange, die alle rein wollten. Viele in unserem Alter wurden einfach weggeschickt.

Truth or KissWhere stories live. Discover now