Kapitel 03

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, plagte mich ein fieser Kopfschmerz. Die Zunge klebte mir am Gaumen und ich musste dringend auf Toilette. Wie jeden Morgen nach einer Feier beschloss ich, nie wieder auch nur eine Flasche Bier anzufassen, doch wusste, dass dieses Versprechen nur bis zur nächsten Party, oder bis ich mal wieder Greg besuchte, anhielt. Greg. Die Feier. Was war gestern passiert? Langsam öffnete ich meine Augen und starrte an eine Decke, die mir wenig vertraut vorkam. Ich stöhnte, als ich mich ein aufsetzte, mir tat alles weh. Wo war ich? Es dauerte einen Moment, bis ich mich vollkommen orientiert hatte, dann kamen Erinnerungsfetzen zurück. Ich hatte Sherlock getroffen, bin mit ihm nachhause gegangen … lag auf seinem Bett. Vorsichtig blickte ich neben mich und erschrak, als wirklich Sherlock neben mir lag, der, tief in die Decke gekuschelt, ruhig atmete. Alles in mir schrie danach, sofort aufzustehen und zu verschwinden, doch mein Körper widersprach meinem gesunden Menschenverstand und aus irgendeinem unergründlichen Anreiz ließ ich mich zurück in die Matratze fallen. Nach und nach erinnerte ich mich an Sherlocks und mein Gespräch und bereute es. Ich hätte nicht so sentimental sein und akzeptieren sollen, dass er plötzlich wieder in meinem Leben auftauchte, als wäre nie etwas passiert. Aber irgendwas an dem Gedanken, hier mit ihm im Bett zu liegen, beruhigte mich. Mich überkam das Bedürfnis, mich an ihn zu kuscheln, mit den Fingern durch seine weichen Haare zu fahren, ich wollte … nein. John Hamish Watson, du wirst sofort aufstehen und verschwinden! Ich wusste, dass Sherlock gestern auch getrunken hatte, vielleicht wollte er das alles nicht und würde sonst was von mir denken, wenn er aufwachte und mich neben sich sah. Schnell setzte ich mich ein weiteres Mal auf. Die letzte Hürde wäre, an Sherlock vorbeizukommen, ohne ihn aufzuwecken. Ganz vorsichtig machte ich mich daran, über ihn drüber zu steigen, doch da ich noch immer unsicher auf den Beinen war, stolperte ich, stieß ihm unsanft in die Rippen und lag nun halb auf dem Boden, halb auf Sherlock, welcher vor Schreck aufwachte und sich mit weit aufgerissenen Augen umsah.
„Ich … ähm, tut mir leid“, stotterte ich, stand auf und klopfte mir ein wenig unsichtbaren Dreck von den Knien. „Ich wollte gerade gehen“
„Wieso denn das?“, gähnte er zur Antwort und streckte sich ausgiebig, ohne auch nur einmal seinen Blick von mir abzuwenden. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, als er sich aufsetzte, durch seine sowieso schon in alle Richtungen abstehende Haare fuhr und sie somit noch mehr durcheinander brachte. Die morgendliche Sonne fiel durch die Vorhänge seines Zimmers und ließ seine müden Augen strahlen.
„Weil … sich Mum bestimmt schon Sorgen macht“, log ich. Ich hatte keine bessere Ausrede auf Lager, am liebsten würde ich mich wieder zu ihm legen, doch das konnte ich unter keinen Umständen tun.
„Sie arbeitet“, Sherlock rieb sich über die Augen und sah mit einem Grinsen zu mir auf.
„Wie bitte?“
„Sie arbeitet. Sie hat das Haus um Punkt sechs Uhr verlassen“
„Woher … Nein, ich frage gar nicht erst“
„Frühstück?“
„Ich verhungere!“

Nachdem ich mich ein wenig im Bad frisch gemacht hatte, lief ich nach unten zu Sherlock, der in der Küche stand und uns beiden ein Rührei kochte.
„Sind deine Eltern nicht da?“, fragte ich, als ich mich ein wenig im Haus umsah um zu schauen, was sich über die Jahre verändert hatte.
„Sie sind auf einer Kunstausstellung“, mit diesen Worten kam er mit zwei vollbeladenen Tellern auf mich zu und stellte einen vor mich. Eilig machte ich mich darüber her und es schmeckte zu meiner Überraschung wirklich gut.
Schnell hatte ich mein Frühstück beendet und fand mich in einer Unterhaltung mit Sherlock verwickelt wieder, als die Tür hinter uns aufging und Mycroft in einem Bademantel hereinkam. Er hatte tiefe Augenringe und sah um einiges schlechter aus als ich.
„Sherlock, hast du mein Haargeld wieder für eins deiner Experimente – oh, hallo John“, er runzelte kurz die Stirn, lächelte mich dann aber an und setze sich zu uns. Sobald er am Tisch Platz genommen hatte, vergrub er stöhnend sein Gesicht in den Händen.
„Hat die Polizei gestern noch Stress gemacht?“, fragte ich vorsichtig nach. Mycroft hob langsam seinen Kopf und sah mich an.
„Ein wenig, ja. Die Feier wurde sofort aufgelöst und die Eltern der Gäste wurden angerufen, damit sie abgeholt werden konnten. Aber … woher weißt du von der Polizei? Ich habe euch überall gesucht, aber nicht mehr gefunden“
„Wir waren kurz an der frischen Luft und sind abgehauen, als wir die Sirenen gehört haben. John hat hier übernachtet“, antwortete Sherlock und sah mich kurz an.
„Ihr … vertragt euch also wieder?“
Ich erwiderte Sherlocks Blick und nickte vorsichtig.
„Ja“
„Schön“, Mycroft klang nicht wirklich begeistert, aber vielleicht lag das auch nur an dem Kater, der ihn quälte. Ächzend stand er auf und machte sich einen Kaffee, den er dann, ohne ein weiteres Wort, mit auf sein Zimmer nahm und dort verschwand.
Sherlock zuckte bloß die Achseln und lachte ein wenig vor sich hin, bevor er das Besteck aufräumte und mich dann erwartungsvoll ansah.
„Also, was willst du heute machen?“

Genius Next Door (Teen!Lock Fanfiction)Where stories live. Discover now