Kapitel 48: Keine Ausweichmöglichkeit.

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Shay's POV

Justin versucht gewaltsam die Tür aufzumachen, aber es funktioniert nicht. Gelangweilt warte ich hinter um und beobachte ihn genau. Ich weiß, dass er sauer ist. Das merke ich an seiner Verhaltensweise und das macht mich irgendwie traurig, aber irgendwie auch wütender, als ich schon bin.

"Lass mich mal.", sage ich, mache einen Schritt nach vorne und ziehe den Schlüssel aus dem Schlüsselloch. Sanft stecke ich ihn wieder hinein und drehe ihn ruhig herum. Nachdem ein Klick Geräusch erklingt, geht die Tür auf.

"Manche können es eben.",sage ich und stolziere lachend in die Wohnung. Es brennt Licht im Flur, was mich überrascht. Eigentlich brennt hier nie Licht, wenn wir kommen. Könnte es sein, dass Justins Eltern hier sind?

Mutig gehe ich einige Schritte nach vorne Richtung Küche. Doch ehe ich weitergehen kann, hindert mich Justins Hand davon. Er greift fest um meinen Arm und dreht mich in seine Richtung, sodass ich parallel zu ihm stehe.

"Shay?" Sein Blick ist konstant und durchdrigend. "Ich habe mein Handy im Auto vergessen, kannst du es mir holen?"

"Warum sollte ich?" Ironisch lache ich vor mich hin.

Er lächelt sanft und lässt meine Hand locker. "Bitte, ich bitte dich nur um einen Gefallen."

"Ok von mir aus." Ich öffne die Tür weiter und laufe ins Treppenhaus, um die Treppe zu nehmen.

Eigentlich bin ich sauer auf ihn, aber ich konnte nicht Nein sagen. Mal sehen, was heute noch passiert, aber die Stimmung die gerade zwischen mir und Justin herrscht gefällt mir garnicht.

Blaire's POV

Ich schlage die nächste Seite auf. Die Schrift wird undeutlicher und krackeliger. In der Schule hätte Justin dafür einen Punktabzug bekommen. Dennoch rührt es mich zutiefst, was ich dort lese. Jedes Wort geht direkt in mein Herz.

Als ich die Mitte der Seite erreicht habe, bemerke ich, dass das Papier an einer Stelle Wellen schlägt. Das Wort, das an der Stelle geschrieben wurde ist fast nicht mehr zu erkennen und komplett verwischt.

Vor Jahren muss eine Flüssigkeit auf diese Stelle getropft sein. Vielleicht eine Träne?

Ich kenne Justin jetzt schon Jahre und ich kann mir nicht vorstellen, dass er weint. Er und ich sind uns in dem Punkt ziemlich ähnlich. Wir sind abgehärtet und verschlossen vor der Welt. Nichts scheint uns etwas anzuhaben. Aber der Justin, der diese Worte hier geschrieben hat, ist ein anderer, als der, den ich kenne. Das glaube ich zumindest.

Er war emotional und gebrechlich und er hat gelitten. Er hat wirklich gelitten, das merke ich, wenn ich seine Texte lese.

Wort für Wort schreibe ich auf meinen Laptop ab. Dabei versuche ich, alles zu entziffern und genau so zu übertragen, damit es komplett die gleiche Wirkung hat. Es ist magisch.

Ich beginne mit dem letzten Absatz, als ich ein Geräusch und Stimmen aus dem Flur höre. Shit.

Ich realisiere jetzt erst, wie lange ich an dem Küchentisch sitzte und das hier abtippe. Justin und Shay müssen längst zurück sein. Eine Gänsehaut fährt über meine Haut. Ich bin geliefert. Ich werde mit Sicherheit auffliegen.

Hektisch sehe ich mich in der Küche um. Hier gibt es keine Ausweichmöglichkeit, kein Versteck, keinen Ausweg.

Verzweifelt klappe ich meinen Laptop zu und krabble schnell unter den Tisch. Das ist ein schlechtes Versteck und ich weiß, dass Shay mich entdecken wird, wenn sie den Raum betritt. Allein schon durch meinem lauten Atem hört.

Ich will mir nicht ausmalen, was passiert, wenn sie von mir weiß. Das bringt uns alle drei in große Gefahr und das darf ich eigentlich nicht riskieren.

Ich halte den Atem an, als ich Schritte höre, die auf mich zukommen.

Ich. Bin. Geliefert.

"Komm raus Blaire." Justins Stimme ist ziemlich nah an meinem Ohr und ich bin erleichtert ihn und nicht Shay zu hören.

"Gott, ich hatte Angst, dass du Shay bist.", sage ich und krieche aus meinem Versteck. "Wo ist sie?"

"Sie ist gerade beim Auto. Also verschwinde jetzt, bevor sie dich wirklich noch sieht!", sagt Justin in einem rauen Ton und zeigt auf die Tür der Küche, die zum Flur führt.

Hastig schnappe ich mir meinen Laptop und tapse in den Flur, um hinter der schwarzen Tür zu verschwinden. Gerade noch mal gut gegangen.

Shay's POV

Ich mache mich auf den Weg in die Küche, in der Justin steht und mich anstarrt, als ich reinkomme. Ich bemerke, dass er etwas hinter seinem Rücken versteckt.

"Dein Handy war nicht im Auto. Vielleicht hast du es hier verloren oder so...", murmle ich und komme auf ihn zu.

Er ist bleich im Gesicht und schüttelt seinen Kopf, als ich näher kommen will.

"Was hast du hinter deinem Rücken?" Obwohl er eine Hand nach vorne hält, komme ich näher.

"Ach das ist nur so ein Buch." Er holt seine Hand nach vorne und hebt es hoch. Es ist ein schwarzes Lederbüchlein, dass unordentlich und teilweise kaputt zu sein scheint.

Vor Schreck lässt er es plötzlich auf den Boden fallen. Ich hebe es auf, wobei er verwirrt guckt. Gespannt öffne ich das Buch.

The Search {German}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt