Chapter 6

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Zu Hause packte ich meine Tasche für die Übernachtung. Es war noch früh, ich war gerade erst von der Schule gekommen, musste aber bald schon los. Ich nahm mein Handy in die Hand und blickte aus meinem Fenster. Emma hatte uns versprochen, dass sie auch kommen würde, jedoch befürchtete ich, dass sie uns angelogen hatte. Als ich mein Handy anschaltete, zeigte es keine neuen Nachrichten an. Sie hatte mir wieder nicht geantwortet, hoffentlich ging es ihr gut. Ich nahm meine Tasche und begab mich in das Wohnzimmer, wo mein Vater an seinem Laptop saß. "Tschüss Papa, ich nehm den Bus. Wir sehen uns morgen wieder." teilte ich ihm mit. "Ich könnte dich doch auch fahren?" kam er mir entgegen. "Ist okay Papa, du musst doch arbeiten." antwortete ich. "Danke. Und viel Spaß dir! Pass gut auf Emma auf." sagte er. "Das werde ich" dachte ich mir. "Falls sie überhaupt kommt."

Ich kam an der Schule an und schlenderte die unzähligen Treppen hoch. Unsere Klasse befand sich im vierten Stock, ich beneidete alle anderen die unter uns lagen. Ich betrat den Flur und sah, dass die Tür unserer Klasse noch offen war. Als ich hineinblickte, weiteten sich meine Augen und ich wurde überglücklich. "Emma!" rief ich ihr zu. "Du bist hier!" 
Sie lächelte mich an und sagte: "Komm." Svenya, Mia und Emma saßen alle zusammen in einem Kreis und spielten UNO auf dem Fußboden. Ich stellte mein Tasche ab und spielte mit. Herr Wiegel war anscheinend wo anders unterwegs, er hatte wohl selber keine Lust gehabt.

Der Abend verging fantastisch, alle hatten Spaß und wir kamen gut mit Mia zurecht. Ein Teil der Klasse hatte, entgegen den Regeln, Alkohol reingeschmuggelt. Als es schon dunkel wurde, stellte Tim seine Lautsprecher an und ließ laut Musik laufen. "Lasst uns abgehen! Yeah!" rief er während er anfing zu tanzen. Nach einer Weile machten alle mit und genossen die Musik. Ich wusste gar nicht, wie viel Zeit vergangen ist, aber Emma hörte auf einmal auf zu tanzen und setze sich neben die Tür. Ohne zu zögern hockte ich mich vor sie hin und fragte was los sei. "Mir ist plötzlich schlecht geworden!" schrie sie mir zu. Ich nahm ihre Hand und half ihr aufzustehen, um sie aus der Klasse auf den Flur zu führen. "Hier ist viel bessere Luft." stellte sie fest. Emma blickte aus dem Fenster und schrak zurück. Verwirrt sah ich nach draußen und bemerkte, dass der ganze Schulhof mit großen Gittern versehen war. Es war zwar schwer zu erkennen, weil es bereits dunkel war, jedoch enthüllte der Mond teilweise die Schatten des Gitters. Jemand war hier und hatte vor uns einzusperren!

Wir rannten geradewegs zum Klassenraum und fingen an panisch in den Raum zu rufen. Tim schaltete die Musik aus, er erkannte anscheinend direkt den ernst der Lage. "Was ist passiert? Wo wart ihr?" fragte Svenya perplex. "Da... hier ist jemand, wir müssen alle weg hier." sagte ich stotternd. Alle schauten uns ungläubig an und bewegten sich kein Stück. Ich nahm meine Tasche, Emma tat das selbe, und begab mich wieder zur Tür. "Kommt mit, ansonsten gehen wir einfach alleine!" sagte ich wütend und zugleich ängstlich. Als ich gerade durch die Tür treten wollte, schlug sie sich auf einmal von selber zu. Ich trat langsam von ihr weg. "Hey, was soll das? Ist das ein Scherz?" fragte Karl, der offensichtlich betrunken war. Plötzlich gingen alle Lichter aus und der Lautsprecher der Schule wurde angeschaltet. Anschließend ertönte eine männliche, dunkle Stimme. Der Mann sprach langsam und betonte Wörter anders als normal. "Tiger, Tiger, Flammenpracht in den Wäldern dunkler Nacht. Welcher Schöpfer, welcher Gott schuf dich, der Angst gebiert und Tod?" Der Mann pausierte kurz und fuhr danach fort: "Unter diesem Himmel, dein Ende du bewahrst. Die Wälder der dunklen Nacht, werden verschlingen deiner Flammenpracht. Bevor der Mann wieder verschwand, ließ er das unheimlichste und ekelerregendste Lachen heraus, dass ich je gehört habe. 

Mein Herz sprang mir fast aus der Brust, ich sah zu Emma und Svenya, die beide mit offenen Mund regungslos da standen. "Ah, so ein Scherzbold! Haha, lass uns weitermachen!" sagte jemand und unterbrach somit die Stille. "Bist du bescheuert? Das ist nicht mehr lustig, wir müssen etwas unternehmen!" sagte Mia nervös. Sie nahm ihr Handy raus und blickte auf den Bildschirm. "Scheiße! Warum ist hier kein Empfang!" sagte sie bestürzt. Ich wusste, dass ich hier immer Empfang hatte, also nahm ich auch mein Handy heraus. Doch auch bei mir war der Empfang komplett abgebrochen. Emma kam zu uns und schilderte ihre Beobachtung. "Wir müssen hier raus. Der Wald von dem er redete, ist dieses Klassenzimmer. Wir müssen weg von hier, sonst erlöscht unsere Flamme." Zum Glück hatte Emma eine bewundernswerte Beobachtungsgabe. Nur manche verstanden die Situation, doch wir versuchten die Tür, mithilfe von Tischen, aufzubrechen und zu fliehen. Überraschender Weise traten wir die Tür, nach ein paar Versuchen, ein.  Wir stolperten nach draußen und die meisten fielen zu Boden. Der Flur kam mir noch düsterer und unheimlicher vor als sonst. Aber war das alles wirklich nur ein Scherz? Hatten die Gitter auf dem Schulhof etwas damit zu tun?

Ein Klassenkamerad wies auf das Fenster des Flures auf, auf dem nun mit einer dunkel roten Flüssigkeit "Hier lang" stand und ein Pfeil der zum Treppenhaus des Gebäudes hinwies. Tatsächlich stand jemand auf und fing an die Richtung des Pfeils zu rennen. "Nein! Stop!" rief jemand anders ihm hinterher, doch er blieb nicht stehen. Ich war so benommen, dass ich die Stimmen nur schwach auseinander halten konnte. Ich wusste nicht mehr, wo vorne und hinten war. Dann passierte es. Wenige Meter vor der Tür, die zum Treppenhaus führte, aktivierte der Junge einen Mechanismus. Eine Explosion zwang alle dazu, sich die Ohre zu zuhalten. Ich sah, wie mein Klassenkamerad von den Splittern der Bombe zerfleischt wurde. Schnell blickte ich wieder auf den Boden, jedoch hatte ich schon alles gesehen. Dann wurde es still. Kurz darauf fingen manche Schüler an zu weinen. Ich blickte auf und sah Gedärme, die überall auf dem Boden verstreut  waren. Blut färbte die Wände des Flurs und ein grauenvoller Gestank breitete sich aus. Die Tür von unserer Klasse war auch zu, obwohl wir sie gerade erst aufgetreten hatten. Ein Mechanismus, der mit dem der Bombe verbunden zu sein schien, verschloss die Tür mithilfe großer Metallstäben. Wieso hatten wir die früher nicht bemerkt?

Die anderen, die immer noch in der Klasse waren, fingen an zu schreien und du keuchen. Alle drehten sich zur Tür um. "Hilfe! Ich kann nicht atmen! Bitte, hilft uns doch, macht die Tür auf!" keuchte jemand während er auf die Tür einschlug. Hilflos standen wir vor der Tür und hörten den Schreien der anderen zu. Tim versuchte die Tür zu öffnen, jedoch vergeblich.

Emma und Svenya kamen zu mir, sie schauten mich mit schmerzerfüllten Augen an. "Er ist es." sagte Svenya. "Er muss es sein." fügte ich hinzu. "Er ist hinter uns her. Wir werden hier nicht lebend rauskommen." schluchzte Emma. 

(Gedicht inspiriert von "The Tyger" geschrieben von William Blake)

The man behind the speakerWhere stories live. Discover now