Chapter 3

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Nachdem ich von der Übernachtung zu hause angekommen war, suchte ich nochmal nach dem User, der die Nummer ausgegeben hatte. Ich durchstöberte die Kommentare, um zu gucken, ob andere Menschen dieselben Erfahrungen gemacht hatten. Doch alles was ich fand waren Beschwerden, dass die Nummer wieder einer dieser Fakes war. Ich wurde etwas unruhig. Wie konnte es sein, dass bei unserer Übernachtung tatsächlich jemand oder etwas geantwortet hatte?

Ich versuchte mich zu beruhigen. Ich stellte mir eine dunkle, große Figur vor, die ein Handy in ihrer Hand hielt und darauf wartete, bis jemand sie anrufen würde. Ich lächelte bei dem Gedanken. Er erschien mir sehr unrealistisch.

Ich sah zu meinem Handy, welches blinkend auf meinem Schreibtisch lag. Ich nahm es in meine Hand und sah, dass Emma mir geschrieben hatte.
"Mir geht's mittlerweile besser! Ich hab nicht mehr so große Angst, ich denke ich hab gemerkt wie unrealistisch das ganze war. Und du? :)"
"Süß." dachte ich nur. Ich schrieb zurück, dass es mir genau so ergangen war und fragte, ob Emma etwas von Svenya wüsste.
Kurz darauf antwortete sie, dass Svenya vergessen hatte, dass wir die Nummer überhaupt angerufen hatten.

Daran zweifelte ich aber. Ich hatte gesehen, dass Svenya auch Angst hatte. Wahrscheinlich wollte sie ihre Angst verstecken indem sie so tat, als ob sie sich nicht mehr dran erinnern könne.

Spät Abends bereitete ich mich zum Schlafen vor. Morgen sollten es wieder 30°C werden. Ich stöberte im Schrank und nahm einen recht kurzen Rock und ein T-shirt heraus. Während ich mein Outfit gefaltet auf meinen Stuhl legte, kam mein Vater ins Zimmer.
"Was ist Papa?" fragte ich. Er antwortete nicht, sondern sah nur den kurzen Rock mit einem besorgten Blick an. Er hasste es, wenn ich zu viel von meinem Körper zeigte, wahrscheinlich wie viele andere Väter. "Pass auf dich auf." sagte er. "Das werde ich." erwiderte ich mit einem Lächeln.

Am nächsten Morgen wachte ich auf, und sah die Sonne durch mein Fenster scheinen und hörte die Vögel zwitschern. Ich streckte mich und sah zu meinen Wecker. "Scheiße!" keuchte ich vor mir hin. Eigentlich sollte ich jetzt schon im Bus sitzen. Zum Glück war mein Vater noch zu Hause und konnte mich fahren. Schnell zog ich mich an, weckte meinen Vater auf, der verwirrt auf die Uhr schaute und daraufhin anfing sich zu beschweren, warum ich ihn denn aufwecke, und rannte zur Küche, um mir eine Banane zu besorgen. Nach wenigen Minuten waren mein Vater und ich fertig und stiegen ins Auto. "Du hast Glück, dass  ich heute ausnahmsweise erst später zur Arbeit muss." sagte er, immer noch halb verschlafen. "Ich weiß, deshalb hab ich extra verschlafen." teilte ich ihm mit. Verdutzt guckte er mich an und lächelte nachdem er verstand, dass ich nur Scherze machte. Ich kicherte leise und wir fuhren los.

Ich kam zwar nur leicht verspätet an der Schule an, jedoch waren alle Schüler bereits auf dem Weg zu ihren Klassen. Als ich an den vorderen Teil der Schule vorbeiging, hörte ich jemanden. "Lass mich in Ruhe!" schrie ein Junge mit zitternder Stimme. Langsam ging ich auf die Ecke des Gebäudes zu, von der die Schreie zu kamen schien. Mit einem mulmigen Gefühl warf ich einen Blick auf die Situation. Was ich sah überraschte mich zwar, aber anders hätte ich es von Svenya nicht erwartet. Sie stand über dem Jungen, der auf dem Grass lag, und hielt Emma hinter sich fest. "Fass sie bloß nie mehr wieder an, du Spasti! Sonst kannst du bald im Himmel Mädchen angrapschen!" knurrte Svenya. Emma sah fassungslos und gleichzeitig ängstlich aus. Sie versuchte nicht Svenya aufzuhalten. "Du bist doch verrückt! Ich hab nichts schlimmes getan, beruhige dich mal!" jammerte der Junge. 

Svenyas Ausdruck änderte sich, ihre Augen flimmerten vor Wut und ihre Fäuste ballten sich. Sie ließ Emma los, packte den Jungen und holte aus, um ihn mitten ins Gesicht zu schlagen. Ich schreckte auf und schrie ihren Namen. Überrascht drehten sich alle drei zu mir um. Svenya ließ den Jungen los, worauf er sich aufrappelte und davonlief. Emma eilte mit Tränen in den Augen zu mir und erzählte mir, dass der Junge sie, ohne zu fragen, an Orten angefasst hat, mit denen sie sich nicht wohl fühlte. Ich umarmte sie und streichelte ihre blonden Haare. Emma war beliebt bei den Jungs, sie war klein, hübsch und niedlich, aber Svenya war zu weit gegangen.

Emma und ich redeten an dem Tag nicht viel mit ihr, wir wollten ihr Platz geben, um alles zu überdenken. Nach der Schule kam sie zu uns und entschuldigte sich. "Es tut mir leid, Leute. Ich... Ich kann es manchmal nicht kontrollieren, wie ihr wisst.  Aber ich wollte doch nur Emma beschützen!" Ihr verhalten war verständlich. Sie wuchs in einem ziemlich Hass und Gewalt erfüllten Haushalt auf. Ihre Mutter und ihr Vater waren beide Alkoholiker. Ihre Situation verbesserte sich,  jedoch würde Svenya sich wahrscheinlich nie ganz ändern können. Bevor ich etwas einbringen konnte, erwiderte Emma: "Danke Svenya. Aber zu viel ist zu viel. Manchmal machst du mir Angst." Traurig und beschämt schaute Svenya nach unten. Dann sagte sie: "Es tut mir echt leid, aber ihr beide bedeutet mir so viel und da werde ich halt schneller emotional. Ich versuche mich mehr unter Kontrolle zu haben. Versprochen." Emma sah Svenya nun auch traurig an und ging auf sie zu, um sie zu umarmen. "Ist schon okay Svenya. Danke, dass du uns immer beschützt. Ich weiß nicht was ich ohne dich machen würde." Svenya umarmte Emma nun fester. "Wie Süß" dachte ich mir.


The man behind the speakerWhere stories live. Discover now