16. Kapitel

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Eulenflug lief zusammen mit Wassersprung, Tropfenfell und Haselblüte durch den Wald. Der Schnee war geschmolzen und überall roch es nach frischen Kräutern und Blumen. Die Blattfrische war im vollen Gange. Drei Monde waren seit der ersten Begegnung mit den Ratten vergangen. Die große Patrouille HimmelClankatzen hatte diesen zwar schnell gezeigt, wer im Wald das sagen hatte, aber es waren trotzdem noch genug entkommen, als dass sie einer kleineren Gruppe Katzen schnell zum Verhängnis werden könnte.

Daher hatte Heidenstern auch angeordnet, dass eine Katze immer mindestens eine Begleitung von zwei weiteren Katzen haben musste, bevor sie das Lager verließ. Allen Katzen war klar, dass es so am sichersten war, aber sie vermissten trotzdem ihr Privileg, auch mal alleine auf die Jagd gehen zu können. Vor allem die jüngsten Krieger des HimmelClans, Lerchenklang und Sturmschweif beschwerten sich immer wieder über diese Vorsichtsmaßnahme.

Eulenflug fand es auch immer ein bisschen nervig, nie alleine mit ihrem Schüler trainieren zu können, doch wenn sie mal von einer Gruppe Ratten angegriffen werden sollte wäre sie um jede Katze mehr in der Nähe sehr dankbar.

Aber die Ratten bereiteten ihr auch noch andere Sorgen. Sie erinnerte sich an die Vision, die sie einst gehabt hatte. Als Heidenstern und Felsstern irgendetwas davon gesagt hatten, dass Ratten ihre Patrouillen angriffen. Irgendetwas hatte diese Vision zu sagen gehabt. Irgendwas nicht allzu gutes, wie ihr wohl bewusst war, doch bisher war keine solche Situation eingetroffen, bei der sich die Vision verwirklicht hatte. Ihr blieb wohl nichts anderes übrig, als einfach abzuwarten.

Die Kätzin seufzte und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf ihrem Fell. Das Clanleben war vorrangegangen. Magieblüte hatte einen neuen Wurf Junge zur Welt gebracht. Sie hießen Kupferjunges, Bernsteinjunges und Rindenjunges. Außerdem war auch Frostblüte in die Kinderstube umgezogen, da auch sie Junge erwartete. Eine weniger erfreuliche Nachricht dahingegen war allerdings Scheinfells Tod gewesen. Die Kriegerin hatte eine Blutvergiftung bekommen. Tigersturm hatte ihr bestes getan, hatte ihr aber nicht helfen können. Sie jagte nun zusammen mit ihrem Gefährten Fleckenkralle im SternenClan.

Aber ansonsten gab es kaum schlechte Nachrichten. Der Clan erholte sich gut von den Schwächen, die die Blattleere über ihn gebracht hatte. Nun waren ihre einzigen Probleme eigentlich nur noch die Ratten.

Eulenflug ließ ihren Blick durch den grün erstrahlenden Wald schweifen. Warum konnte es nur nicht immer Blattfrische sein? *Weil ohne die Blattleere niemand die Blattfrische schätzen würde...*, fiel ihr ein Zitat von Olivenschweif ein. Der kluge alte Kater hatte sie oft auf solche Weisheiten aufmerksam gemacht und sie gelehrt, den SternenClan zu verstehen.

Eulenflug vermisste den Heiler immer noch sehr, auch wenn sich sein Tod schon anfühlte, als sei er Ewigkeiten her gewesen. Wenn es irgendwelche Probleme mit kranken Katzen gab, dann wollte die zweite Anführerin sich immer noch den Rat ihres ehemaligen Mentors einholen. Doch er war weit entfernt im SternenClan...

„Seht euch den Bach an!", stieß Haselblüte hervor und riss Eulenflug damit aus ihren Gedanken. Vor der Patrouille erstreckte sich der Bach, der sich in den letzten Tagen reichlich ausgedehnt hatte, durch den ganzen schmelzenden Schnee, der ihn speiste. Doch Eulenflug hatte ihn schon um einiges größer erlebt. „Wie beim SternenClan sollen wir denn da rüberkommen?", fragte Wassersprung schaudernd. Sie machte ihrem Namen keine Ehre, eine solche Abscheu hegte sie zum Schwimmen, das wusste jeder im Clan.

„Nun habt euch nicht so. Die Strömung ist seicht. Wir können ohne Probleme hinüberschwimmen." Eulenflug war immer noch die talentierteste Schwimmerin im ganzen Clan, seit sie die Wassertherapie wegen ihrem verletzten Bein gehabt hatte. Ohne zu zögern sprang sie in das kühle Nass und schwamm mit ein paar wenigen Schwimmzügen mühelos hinüber. Auf der anderen Seite leckte sie sich das Wasser von den Pfoten und winkte ihre Patrouille dann mit dem Schwanz herüber. „Nun kommt schon. Bei dem Wetter trocknen eure Pelze ja schnell wieder", bemerkte sie.

Haselblüte und Tropfenfell schwammen nach kurzem Zögern gemeinsam hinüber, nur Wassersprung tänzelte noch ein wenig am Ufer herum. „Könnt ihr nicht gerade alleine bis zur Grenze gehen? Ich jage in der Zeit ein wenig hier...", schlug sie vor, doch Eulenflug schüttelte entschieden den Kopf. „Keine Katze darf alleine im Wald sein, schon vergessen? Nun komm, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit..."

Die ehemalige Streunerin murmelte noch etwas unverständliches, dann glitt sie schließlich auch mit einem unzufriedenen und angewiderten Gesichtsausdruck ins Wasser und paddelte etwas unbeholfen hinüber zum Rest der Patrouille. Dort schüttelte sie sich verärgert ihren tropfnassen Pelz. „Wasser ist zum Trinken gut, nicht zum Schwimmen", beschwerte sie sich, doch Eulenflug ignorierte diese Bemerkung. Wenn es keine andere Möglichkeit gab, dann musste man halt schwimmen... sie verstand nicht wie manche Katzen eine solche Abscheu vor Wasser haben konnten. Sie waren doch alle Krieger. Wie lächerlich es wäre, wenn sich ein Krieger von so einem bisschen Wasser aufhalten lassen würde.

Eine kurze Zeit später kamen sie an der Grenze an. Alles war still. Die Patrouille erneuerte die Grenzmarkierung und wollte sich dann wieder auf den Weg machen, als plötzlich eine Stimme vom MoorClanterritorium Eulenflugs Namen rief. „Eulenflug! Eulenflug ich muss mit dir reden!" Die zweite Anführerin erkannte die Stimme ihrer Freundin Regen, die bisher zusammen mit ihrer Schwester Asche im MoorClan geblieben war. „Was gibt es?", fragte Eulenflug die graue Kätzin, die keuchend an der Grenze zum Stehen kam. Ihr Blick war besorgt.

„Es ist nur... Seit gestern sind Aschenpfote und Asche spurlos verschwunden." Eulenflug riss die Augen auf. Sie spürte, wie pures Entsetzen durch ihre Adern floss und ihre Glieder lähmte. Auch ihr Blick wurde verschwommen. Ihr Sohn war verschwunden. Was wenn ihm etwas zugestoßen war. „Habt... habt ihr keine Suchpatrouille nach ihnen losgeschickt? Warum waren sie überhaupt alleine unterwegs gewesen?"

Die zweite Anführerin wusste, dass auch die anderen Clans aufgrund der Ratten ausgemacht hatten, ihre Katzen nur in Gruppen von mindestens drei Katzen aus dem Lager zu lassen. Regen blickte etwas unsicher zu den anderen drei HimmelClankatzen, die neben Eulenflug standen und ihrem Gespräch interessiert zuhörten. Die zweite Anführerin konnte sich, denken was ihnen durch den Kopf ging. Warum kümmerten Eulenflug diese MoorClanangelegenheiten?

Die HimmelClankätzin konnte sich damit trösten, dass ihre einstige Zugehörigkeit zum MoorClan ihr eine Ausrede liefern würde, wenn sie sich ihren Clangefährten später erklären musste. Schließlich wussten diese nicht, dass Aschenpfote ihr Sohn war. Doch jetzt im Moment interessierte sie das sowieso reichlich wenig. Sie musste wissen, was mit ihrem Jungen war.

„Könnten wir das unter vier Augen klären?", fragte Regen schließlich und Eulenflug willigte mit einem kurzen Blick auf ihre Clangefährten ein. „Ihr könnt in der Zeit ein wenig in der Nähe jagen", schlug sie vor und folgte dann der grau getigerten Kätzin zu einer großen Eiche auf der MoorClanseite, zwischen deren Wurzeln man sich gut niederlassen konnte. Doch Eulenflug fühlte sich nicht nach gemütlichem Niederlassen. Sie wollte wissen, was jetzt mit ihrem Jungen los war.

„Also?", fragte sie etwas ungeduldig. „Welche Spuren gibt es von ihnen?" Regen wirkte etwas unschlüssig. „Naja, keine direkten...", erklärte sie. „Keiner weiß, wo sie sind. Sie sind über Nacht einfach verschwunden. Aber ich... ich glaube ich weiß,was sie vorhaben?" „Nun?", drängelte Eulenflug. „Aschenpfote will seinen Vater suchen."

Ein kurzes Kapitel und ich bin auch nicht ganz zufrieden... Aber vielleicht gefällt es euch ja trotzdem :)

Warrior Cats - Eulenpfotes Geschichte 5 ~ Der Pfad der Sterne Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt