Kapitel 2

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„Hä?" Ich sah ihn mit gerunzelter Stirn fragend an.

„Sag bloß, du hast immer noch keine Ahnung, wer ich bin.", meinte der Junge verblüfft.

„Tut mir leid. Ich weiß es immer noch nicht.", gab ich kleinlaut von mir.

„Maaaan! Sag mal, bist du dumm?", sagte er gedehnt.

Empört funkelte ich ihn an.

„Ganz schön unhöflich, sogar für so einen ‚Möchtegern-Rocker' wie dich, findest du nicht?"

Jetzt war er es, der mich mit gerunzelter Stirn ansah.

„Wie bitte?! Möchtegern-Rocker? Und was sollst du dann darstellen? Madam-total-ohne-Style?", keifte er zurück. Ich schnappte wütend nach Luft.

„Wenn du ein Problem mit meinem SCHLAFANZUG hast, wieso hast du mir dann geholfen?", wechselte ich das Thema. Er musste lachen, als ich jeden Buchstaben des Wortes Schlafanzug betonte.

„So hässlich sollte man nicht mal schlafen gehen. Das ist eine Beleidigung fürs Auge." Er schwieg kurz, musterte mich von oben bis unten und fügte dann hinzu: „Und außerdem ist es nicht gerade Figur betonend."

Jetzt reicht's, dachte ich mir und wollte ihm gerade eine verpassen, als plötzlich ein ziemlich lauter Schrei durch den Wald ertönte. Sofort war die „gute Laune"-Miene von dem Gesicht des Jungen wie weggewischt. Blitzschnell war er auf den Beinen, griff nach meiner Hand und zog mich ebenfalls nach oben.

„Das ist jetzt ziemlich unpraktisch.", flüsterte er mir ins Ohr, „Du kannst mir später eine reinhauen, aber jetzt müssen wir so schnell und unbemerkt wie möglich hier verschwinden." Er zog mich mit sich. Seine Schritte wurden immer schneller, sodass er von dem anfänglichen Gehen in ein lockeres Joggen und schließlich in einen schnellen Sprint verfiel.

Nach drei Minuten durchgehenden Rennes, machte sich bei mir mein Seitenstechen bemerkbar. Bin ich heute nicht schon genug gerannt?! Da aber der Junge meine Hand festhielt, konnte ich nicht stehen bleiben, um mir eine Pause zu gönnen. Stattdessen spurteten wir weiter, wechselten immer wieder die Richtung. Hin und wieder knackte es bedenklich in unserer Nähe, was der Kerl als Ansporn nahm, noch schneller zu rennen.

Als ich dachte, er würde endlich langsamer werden, sprang ein Tier mitten in unseren Weg. Stolpernd kam der Dunkelhaarige zum Stehen, doch ich hatte zu viel Schwung und knallte mit voller Wucht gegen ihn. Während mir auf einmal nicht nur die Seite schmerzte, sondern der ganze Körper, sah er mich nur genervt an und ließ sich keinerlei Schmerzen anmerken.

Das seltsame Tier vor uns machte sich mit einem Quietschen bemerkbar. Der Junge trat schützend vor mich. Vorsichtig linste ich hinter seinem Rücken hervor. Auf dem Waldboden saß ein Häschen. Aber eines war klar: Keines, das man in der Zoohandlung bekommen würde.

Auf seiner Stirn prangten zwei kleine Ziegenhörner, das Vieh trug sein Auge wie ein Zyklop auf der Stirn und der sonst so süße Kaninchenbommel war der Schwanz einer Echse. Als es nochmals diesen Quietsch-Ton ausstieß, sah ich die zwei großen Reißzähne, die es im Kiefer hatte.

Der Körper meines Begleiters vibrierte auf einmal seltsam und erst als dies aufgehört hatte, merkte ich, dass er soeben den Gruselhasen angeknurrt hatte, welcher sich nun mit großen Sprüngen aus dem Staub machte.

Da diese Situation für mich nicht noch seltsamer werden konnte und mein Begleiter scheinbar andere Sorgen hatte, hinterfragte ich diese Handlung einfach nicht, sondern horchte, ob wir verfolgt wurden. Der Schwarzhaarige tat dasselbe, kam aber schneller als ich zu einem Ergebnis und schleifte mich wieder weiter durch den Wald. Zu meiner Erleichterung joggten wir nun.

Agor - Der AnfangWhere stories live. Discover now