Kapitel 02

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Cara

Meine beste Freundin schreit schon fast vor Aufregung, weshalb ich mich ängstlich umdrehe, um sicher zu gehen, dass niemand ihren peinlichen Ausbruch beobachtet hat.

Mit einer gezielten Handbewegung presse ich meine Finger auf ihren Mund, um ihren bevorstehenden Redefluss zu stoppen.

,,Wir haben auf keinen Fall Händchen gehalten!" protestiere ich und boxe ihr mit der anderen, freien Hand, leicht in den Bauch. Für ein paar Sekunden starrt sie mich ungläubig an, beschließt dann aber, mir nicht mehr zu widersprechen. Geht ja auch schlecht, mit meinen Fingern zwischen ihren Lippen.

,,Was habt ihr denn dann getan?" nuschelt sie gegen meine Handfläche, mit einem unverschämten Grinsen im Gesicht. Ich verdrehe die Augen und befreie ihren Mund von meinem Griff: ,,Ich habe ihn gefragt, ob es ihm gut geht, er hat bejaht, ich wollte abhauen aber da hat er sich auch schon meine Handgelenke geschnappt und mich zu sich herumgewirbelt. Ich bin froh, dass er dort keine Hämatome hinterlassen hat!" beschwere ich mich und starre wütend auf meine Unterarme.

Ein paar umherstehende, tratschende Schüler sehen mich an, als wäre mir aus unbekannten Gründen ein Horn gewachsen. Wahrscheinlich wundern sie sich darüber, dass ich mich gerade nicht über das aktuelle Thema, nämlich diesen Dealer hier an unserer Schule, aufrege. Aber das geht sie rein gar nichts an, also bedenke ich sie mit einem strengen Blick und warte, bis sie sich wieder weggedreht haben.

,,Er wollte etwas sagen, hat es sich allerdings ziemlich schnell wieder anders überlegt und ist gegangen."

Kate sieht mich irritiert an und ich bin trotz ihrer nervigen Fragen ziemlich froh, sie in diesem Haufen von Studenten und Schülern endlich wieder gefunden zu haben. ,,Krank!"

Ich nicke nur, ehe mein Magen erneut knurrt und ich sehnsüchtig in Richtung Cafeteria starre. Meine beste Freundin durchschaut mich sofort und keine drei Sekunden später schleift sie mich auch schon dorthin.

Am Ort meiner Begierde angekommen stöhne ich: ,,Ich verhungere gleich!" und werfe mich praktisch über den kleinen Esstisch für zwei Personen, als würde ich einem Zombie meinen Körper anbieten.

Kate lacht leise, während sie ihren Rucksack nach etwas Essbarem durchsucht, was ihr ihre Mutter garantiert heute morgen noch untergeschoben hat, bevor sie aus dem Haus gegangen ist.

Ich seufze, erlöse den bereits gefährlich knarrenden Tisch von meinem Gewicht und setze mich auf einen Stuhl. Meine beste Freundin bricht ihr Mittagessen (ein belegtes Baguette mit Salat und Tomaten) in zwei Hälften und reicht mir eine davon, die ich dankend annehme und sofort verspeise.

Ich muss jedoch augenblicklich stark husten und es läuft ernsthaft Gefahr, dass ich einen Erstickungsanfall bekomme, als ich zum zweiten Mal an diesem verrückten Tag leuchtend blaue Augen, die zu dem Vollidioten mit den schönen Haaren gehören, erblicke.

Er sitzt alleine, mit seinem Klumpen Essen an einem dreckigen Tisch für eine Person. Da, wo er hingehört.

Okay, das ist vielleicht ein bisschen zu gemein. Sagen wir mal, er hat es verdient, alleine zu sitzen. Das ist sozusagen die Strafe dafür, dass er vorhin meine Handgelenke vergewaltigt hat.

Oder nicht?

Verdammt, er hat es auf keinen Fall verdient!

,,Kate?" Ich tippe sie an, aber sie ist bereits in eine Textnachricht vertieft, die dem fetten Grinsen in ihrem Gesicht nach zu urteilen wahrscheinlich von ihrer on-off Affäre Reece Davidson stammt.

Also beschließe ich aufzustehen und alleine rüber zu diesem komischen, neuen Vollidioten zu stiefeln. Doch desto näher ich ihm komme, desto mehr bereue ich, was ich hier tue. Aber ich bin bereits zu weit gegangen, um jetzt noch stoppen zu können.

Stirb Mit MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt