Erste Antworten

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Als sie durch die Tür trat begrüßte sie ein seltsamer Geruch. Alle Tische waren belegt und sie spürte die Blicke die ihr zugeworfen wurden, wie ein unangenehmes Kribbeln im Nacken. Sie senkte ihren Kopf um niemanden direkt in die Augen schauen zu müssen und trat dann langsam an die Theke heran.

Zögerlich zog sie sich auf einen der abgenutzten Barhocker herauf und betrachtete die blonde, mittelalte Frau, die hinter der Theke stand und Gläser trocknete. Bei genauerem Hinsehen erkannte sie, dass die Blonde blind war. Ihre milchig weißen Augen starrten ausdruckslos geradeaus.

Avis schluckte und räusperte sich. Zuerst viel zu leise, dann etwas lauter: „Ähm... Umm... Entschuldigen Sie aber können Sie mir weiterhelfen? Was genau ist das hier?"

Die Frau hielt inne. Ein Lachen ging durch die anderen Gäste aber die Frau hinter der Theke ließ sie alle mit einer Handbewegung verstummen. Dann drehte sie ihren Kopf, als würde sie Avis anschauen. „Mein liebes Kind! Du bist in Underbrooke! Die Unterwelt Version von Storybrooke!" Sie lächelte etwas mitleidig. „Du findest hier alles am gleichen Ort, wie du es Oben verlassen hast. Der einzige Unterschied wären wohl die Bewohner. Lebendige in Storybrooke. Tote in Unterbrooke." Ihre letzten Worte klangen fast ein wenig qualvoll, wie Avis fand.

„Storybrooke?", platzte die Frage aus Avis heraus. „Ich bin nicht aus Storybrooke! Ich...", sie verstummte, als ihr bewusst wurde, dass sie womöglich nicht gleich alles preisgeben musste.

Die Frau lachte kurz auf: „Dann bist du also das Mädchen über das in letzter Zeit so viel geredet wird", ihre Stimme wurde zu einem leisen Flüstern: „Wenn ich du wäre, würde ich schnell machen, mein Unerledigtes Geschäft zu finden!"

„Okay, und wie finde ich heraus, was das genau ist?", fragte Avis nach.

„Liebes, sehe ich so aus, als wüsste ich das? Tut mir sehr leid, ich bediene hier nur jene, die ihrem neuen Leben hier unten nachgehen." Mit diesen Worten wandte sie sich ab, ging ans andere Ende der Theke und begann damit die frischen Gläser wegzuräumen.

Avis schaute sich ein wenig in dem Diner um. Die Menschen hier wirkten alt und verbittert, auch wenn einige von ihnen noch recht jung aussahen. Sie waren vermutlich schon etliche Jahre hier und waren immer noch hier... Es schien wirklich nicht einfach zu sein, sein Unerledigtes Geschäft heraus zu finden.

Still saß sie da und starrte ins Leere, als ihr plötzlich etwas einfiel. Storybrooke. Der Name war ihr bekannt vorgekommen und nun wusste sie auch warum. Es war die Stadt aus der die Retterin und ihr Gefolge kam. Killian war auch dort gewesen. Aber warum sah die Unterwelt genau so aus, wie diese merkwürdige Stadt der Lebenden? Avis stützte den Kopf auf die Hände.

„Bestellst du noch was?", es war wieder die blinde Frau.

Avis schüttelte den Kopf, bis ihr einfiel, dass sie sie nicht sehen konnte, dann fügte sie noch schnell hinzu: „Nein, ich denke nicht."

„Kann man dir sonst irgendwie behilflich sein?"

Die Klingel ertönte und Schritte näherten sich der Theke.

Avis seufzte: „Ich brauche einzig und allein Antworten."

„Damit könnte ich vielleicht behilflich sein", ertönte die Stimme einer jungen Frau neben Avis.

Sie blickte auf und erkannte, dass es dieselbe war, die vorhin an ihr und Liam vorbeigegangen war. Lange dunkle Haare, die zu einem Zopf gebunden waren. Der graue Mantel und die schwarzen Stiefel.

Sie nahm zwei Becher von der Bedienung entgegen und schaute Avis an: „Kaffee?", sie hielt ihr einen der Becher entgegen. „Wie wäre es, wenn ich dir unsere kleine Stadt zeige, Averil?"

Etwas verwirrt nahm Avis ihn entgegen und folgte der jungen Frau nach draußen.

„Ich bevorzuge Gespräche, die nicht von allen Seiten belauscht werden", erzählte sie, als sie durch das Tor hinaus auf die Straße traten. „Ich muss gestehen, dass ich nicht gedacht hätte, dass wir uns einmal sehen würden, schon gar nicht hier!"

Avis blieb stehen: „Tut mir wirklich leid, aber wer genau sind Sie? Sie kennen meinen Namen anscheinend bereits aber Ihren haben Sie mir noch nicht verraten."

„Hat er mich dir gegenüber wirklich nie erwähnt? Überrascht mich irgendwie nicht, wenn ich ehrlich bin", sie zog ihre Augenbrauen hoch und ging weiter. „So viel, wie er immer von dir erzählt hat..."

Dann fiel es Avis plötzlich wie Schuppen von den Augen und sie schloss schnell wieder zu ihr auf: „Milah!"

„Immerhin kennst du meinen Namen, also hat er mich doch ab und zu mal erwähnt", ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Naja, schließlich hat er ihn auf seinem rechten Handgelenk tätowiert und in deinem Namen mehrere Male versucht meinen...meine Freunde umzubringen", erklärte sie Milah.

„Ja, das hört sich ganz nach Killian an. Er wollte dich immer von dieser verfluchten Insel, wie er sie nannte, wegbringen. Dafür brauchte er unbedingt diese magische Bohne...", sie brach ab und nahm einen Schluck aus dem Becher. Dann musterte sie Avis von der Seite: „Du siehst recht jung aus, um seine Schwester zu sein. Aber als ich dich vorhin mit Liam vor dem Diner sah, wusste ich sofort wer du bist. Die Ähnlichkeit ist nicht zu leugnen."

„Tatsächlich?", Avis war ehrlich überrascht das zu hören.

„Wirklich!" Milah bog in eine kleine Seitenstraße ein. „Weißt du, hier in Underbrooke sind alle Menschen, die zu ihren Lebzeiten nicht alles geschafft haben. Ein Unerledigtes Geschäft hält uns alle davon ab weiter zu gehen und Frieden zu finden. Viele von uns haben sich mit dem Leben hier unten abgefunden und sich etwas aufgebaut. Andere versuchen immer noch genau so zu leben, wie sie es zu ihren Lebzeiten taten und wenige, sehr wenige schaffen es, weiter zu gehen. Du wirst es schaffen. Und ich werde dir dabei helfen, dein Unerledigtes Geschäft zu finden, Averil", sagte Milah voller Überzeugung.

Avis wollte ihr glauben, wusste aber nicht sicher, ob sie das auch konnte. Allerdings war Milah bisher die einzige, die ihr geliefert hatte, was sie brauchte. Antworten. Noch lange nicht alle oder gar genug, jedoch war es schon einmal ein guter Anfang. „Du willst mir helfen? Dabei kennst du mich doch gar nicht, Milah."

„Lass mich dir mehr erzählen und dir etwas Vernünftiges zum anziehen finden", erwiderte sie und lotste Avis in ein kleines Haus hinein.

Once Upon A Time - Losing AverilWhere stories live. Discover now