Kapitel 9

181 5 0
                                    

„Bald können wir ein ganzes Krankenhaus aufmachen." murmelte Dean vor sich hin, als er mit Castiel wieder in den Hauptraum kam. Er hatte ihm neue Kleidung gegeben und versprochen seinen Mantel zu waschen, nun setzte sich der Engel schwerfällig auf einen Stuhl am Tisch. Die Freunde war sowohl bei Dean, als auch bei Sam groß gewesen, doch der ältere der beiden Brüder hatte sogar eine Träne vergossen, als er seinen besten Freund wieder traf. Natürlich hatte er sie direkt aus seinem Gesicht gestrichen und Candra, die diese Handlung deutlich gesehen hatte, mit einem grimmigen, ermahnenden Blick angesehen. Dean hatte sich selbst wirklich Vorwürfe gemacht, dass er seinen besten Freund im Fegefeuer zurück gelassen hatte. Cass hatte erwähnt, dass er für sich selbst noch eine Möglichkeit sähe und anders als Sam, hatte Dean immer daran geglaubt, dass er es schaffen würde. Doch nun war er schwach und brauchte – wie alle offenbar auch alle andern Personen in diesem Bunker – eine Pause. „Wie bist du aus dem Fegefeuer entkommen?" fragte Dean nun. „Eine lange Geschichte." kam es über Castiels trockene Lippen. „Einer meiner Brüder hat mich herausgeholt, doch ich musste erst eine Art finden mit ihm zu kommunizieren." „Welcher deiner Brüder?" fragte Dean nach. „Ich habe versprochen seinen Namen geheim zu halten, im Himmel bahnt sich ein Bürgerkrieg an. Ich will damit nichts zu tun haben und auch er nicht, aber die beiden Seiten rekrutieren unaufhörlich. Er soll keine Schwierigkeiten bekommen." sagte der Engel. Dean nickte, er verstand den Grund für dieses Geheimnis. „Wieso heilst du dich eigentlich nicht?" fragte Candra nun, als einige Sekunden Stille eingekehrt war. „Ich bin schwach, die Kommunikation durch das Fegefeuer hindurch war anstrengend. Meine Gnade ist zwar vorhanden, aber ich kann sie im Moment nicht mehr nutzen. Es wird einige Tage dauern..." erläuterte der Engel seinen Zustand. Tatsächlich stand ihm der draufgängerische Look mit den verwuschelten Haaren, dem von Dean ausgeliehenen Metallica-Shirt, welches weder Candra noch Sam jemals bei ihm gesehen hatten, und der einfachen Jeans recht gut. Die Kratzer im Gesicht spielten in dieses Bild noch mit hinein. Dieser kniff jedoch jetzt die Augen zusammen, wo Candra ihn direkt angesprochen hatte. Es war, als habe er sie vorher gar nicht richtig bemerkt. „Wieso ist sie ein Winchester?" fragte er dann Dean, doch nahm seinen Blick nicht von dem Mädchen. Dean seufzte, doch grinste dabei. „Nun ja, das ist ebenfalls eine lange Geschichte." Sam grinste auch, denn die Geschichte wie sie zusammengefunden hatten war nicht nur lang sondern auch sehr überraschend für beide Seiten. „Adam war nicht unser einziges Halbbruder, so wie es aussieht haben wir noch eine Halbschwester. Candra Milligan." stellte Sam sie dann endlich ihrem geflügelten Freund vor. „Etwas ist anders an ihr." überlegte der Engel laut und sah sie immer noch mit diesem gewissen Blick an. Candras Strähne fiel ihr wieder vor die Augen und sie hatte Mühe, sie wieder in ihrer Frisur unter zu bringen. „Was ist denn anders an mir?" fragte sie mit einem Seitenblick auf ihre beiden Brüder. „Wenn ich nur wüsste, was es ist..." murmelte Castiel. „Du solltest dich ausruhen, Cass." veränderte Dean nun das Thema das Gesprächs, er selbst wusste nicht genau, ob der Engel nun Wahnvorstellungen aus dem Fegefeuer mitgebracht hatte oder ob Candra wirklich etwas besonderes war. Engel konnten sowohl andere Engel als auch Dämonen sehen, aber das wäre Castiel sicherlich schon aufgefallen. Dean seufzte als er Castiel stützte, sodass er in sein Zimmer gelangen konnte. Wenn das so weiter ging, wären bald alle Zimmer des Bunkers belegt, dachte Dean belustigt.

Am selben Abend noch ging Candra in das Zimmer, indem sie Castiel vermutete. Sie hatte einen Tee gekocht, auch wenn sie nicht wusste, ob der Engel damit etwas anfangen konnte. Aber sie wollte alleine mit ihm reden und da kam eine schöne Tasse heißer Kräutertee doch recht gelegen. Sie klopfte an die Tür und hörte auch sogleich eine Stimme von innen, die sie hereinbat. Das Zimmer sah genauso trist und kalt aus wie ihr eigenes, Castiel lag mit verschränkten Armen auf dem Bett und starrte an die Decke. Offenbar schienen Engel nicht zu schlafen, warum auch. Aber die Szene die sich Candra bot, wirkte doch ein wenig seltsam. Er drehte erst den Kopf zu ihr, dann setzte er sich schnell auf. „Ich habe dir einen Tee gemacht." sagte Candra nur und stellte das Tablett auf dem Nachttisch ab. „Wir Engel brauchen keine Nahrung." stellte Castiel klar, doch lächelte leicht, er schien ihren Aufwand zu würdigen. „Ich weiß..." sagte Candra, denn Dean hatte ihr an einem der Abenden so manche Eigenheiten seines besten Freundes aufgezählt. „Aber er schmeckt gut und wir Menschen bringen ihn kranken Freunden oft, weil wir glauben, dass er helfen könnte." versuchte sie ihre Intention zu beschreiben. Castiel nahm einen Schluck des heißen Getränks und stellte es wieder ab. „Er schmeckt gut, aber ich wüsste nicht wie er mir helfen sollte..." Auf seiner Stirn bildete sich eine kleine Falte der Verwirrung, doch Candra winkte direkt ab. „Ich bin auch gar nicht deshalb hier." gestand sie dem Engel dann. Die Falte wurde noch ein kleines Stückchen größer. „Du hast gesagt, dass ich anders bin. Warum?" fragte sie ihn nun. „Deshalb." sagte er nur kurz und knapp und deutete auf ihr Dekolletee. „Castiel, das sind Brüste. Ich dachte, du kennst die Menschen wenigstens so gut um das zu erkennen." witzelte Candra. Castiel verdrehte kurz die Augen, dann schob er ihr schwarzes Oberteil ein ganzes Stück weit zur Seite, sodass man die Narben in voller Größe sah. Sie gingen von der Schulter schräg über ihr ganzes Dekolletee, eben an jener Stelle, wo das Herz saß. Kein Wunder, dass der Werwolf daran interessiert gewesen war. Castiel hielt den Stoff ihres Oberteils immer noch in der Hand und sah ihr nun in die blauen Augen. Castiels Augen waren ebenfalls von einem hellen blau, wie das Mädchen nun bemerkte. Es sah aus, als habe er darin den Himmel gefangen, mit all seinen unterschiedlichsten Schattierungen dieser Farbe. Ihre eigenen Augen waren etwas dunkler, manche Leute hatten sie schon mit dem Ozean verglichen. Castiel schien sich ebenfalls ein bisschen in diesen Augen verloren zu haben, doch er kam schnell wieder zur Besinnung und lies den Stoff ihres Hemdes los. „Engel können viel mehr sehen als Menschen, wir erkennen andere Engel und Dämonen, sogar manche Monster. Aber bei dir sehe ich etwas, was ich noch nie zuvor gesehen habe." Er räusperte sich leicht. „Es ist, als würden die Narben glühen. Aber sie stammen nur von einem Werwolf, oder?" fragte er nach. Candra nickte. „Äußerst seltsam." überlegte der Engel weiter. „Sagst du mir Bescheid, sobald du es weißt?" fragte Candra nun noch nach. „Wenn es irgendetwas gefährliches ist, müssen Sam und Dean es nicht wissen." Castiel schwieg, seine Loyalität galt eigentlich den Winchesters, nachdem er sich immer mehr vom Himmel abgewandt hatte. „Castiel, bitte. Sie sind meine Brüder und waren schon bevor sie das wussten ziemlich beschützend. Sie würden sich nur Sorgen machen oder vergeblich nach einer Lösung suchen. Also sag es mir zu erst, ja?" fragte sie dann nach und das Argument leuchtete Castiel ein. „In Ordnung." antwortete er ihr dann. Candra bedankte sich noch lächelnd und lies den Engel dann wieder allein, damit er weiter an die Decke starren konnte und sich vielleicht somit erholen würde. „Nicht den Tee vergessen!" fügte sie noch hinzu, bevor sie grinsend die Tür wieder verschloss und sich auf machte, ihr eigenes Zimmer aufzusuchen. Castiel saß noch auf dem Bett und sah an die Tür, wo das Mädchen verschwunden war. Wenn er doch nur wüsste, was er in ihr sah.

Am nächsten Morgen war es Candra leider vergönnt auszuschlafen, denn ihr Handy weckte sie. Ihr Klingelton wahr schon seit Jahren der selbe Kiss-Song und daher schreckte sie auch sofort auf, als ‚Heaven's von Fire' durch das kleine Zimmer schallte. Sie rieb sich die Augen so lange, bis sie auf dem blinkenden Bildschirm einen bekannten Namen erkannte. „Oliver, schön von dir zu hören!" begrüßte sie die männliche Stimme am Ende der Verbindung. „Ja, ich bin froh, dass du an dein Handy gegangen bist, sonst hast du es immer überhört." Oliver schien wirklich überrascht zu sein. „Ich hatte viel zu tun, tut mir wirklich leid. Aber du rufst nicht ohne Grund an, oder?" fragte sie den jungen Mann dann, denn sie kannte ihn wirklich gut. „Nein, du hast recht..." kam es zögernd zurück. „Weißt du, ich arbeite inzwischen in einem Edelressort außerhalb von Jackson in Mississippi." er zögerte wieder. „Das freut mich für dich." erwiderte Candra und klemmte sich das Handy unter das Ohr um sich mit den freien Händen anziehen zu können. Sie war sich sicher, dass das nicht der Grund für seinen Anruf gewesen war. „Ja, ich liebe diesen Job. Aber in letzter Zeit gab es drei Morde im Hotel, der letzte heute morgen. Die Polizei und sogar das FBI war schon da, aber alles wird so gut es geht vertuscht, der Chef will keine Schlagzeilen riskieren. Und niemand weiß wie die Personen umgebracht wurden." begann Oliver nun zu erzählen. „Es muss nichts übernatürliches gewesen sein, Oliver, das weißt du doch. Bist du dir sicher, dass es ein Fall für mich ist?" Candra schien ein wenig zu zweifeln. „Es waren alles sehr brutale Morde an alleinstehenden, gut aussehenden, sehr reichen Männern, aber ich kann dir mehr darüber erzählen wenn du hier bist." Candra seufzte. „In Ordnung, ich sehe es mir mal an." Kaum war ein erleichtertes ‚Danke, ich schick dir die Adresse!' durch die Leitung ertönt, hatte Candra auch schon aufgelegt. Sie konnte sich nun also nicht mehr zurücklehnen, ein Fall wartete auf sie.

Herzräuber (Supernatural Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt