Geheimnisse bringen Gefahren mit sich

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Die Woche ging ziemlich schnell vorbei und jeden Abend kam Jasper und blieb, bis ich eingeschlafen war. Die Ruhe, die er ausstrahlte, konnte ich wirklich gut gebrauchen, sonst hätte ich wahrscheinlich Träume voller Angst und Verwirrung gehabt. Am Wochenende waren dad und ich bei Blacks im Reservat zum Essen eingeladen. Ich hatte allerdings schon früh aufgegessen und bat darum, ein bisschen durch die Gegend wandern zu dürfen. ,,Du willst durch die Gegend wandern?", fragte dad etwas skeptisch und zog eine Augenbraue hoch. ,,Ja und zwar alleine", bestätigte ich das, ,,Ich bin schließlich alt genug, um mal etwas alleine zu machen." ,,Nur zu", sagte dad dann und weg war ich. Ich wollte den Wald erkunden. Die Grenze suchen, die die Cullens nicht überqueren durften, wie Jasper mir erzählt hatte. Denn ich wollte wissen, was es tatsächlich mit dieser Grenze auf sich hatte. Jasper meinte, die Grenze wäre an einem Fluss gelegen, also suchte ich erstmal nach diesem Gewässer. Nach einer Stunde oder so musste ich mir eingestehen, dass ich mich verirrt hatte. ,,Mist", fluchte ich und sah gen Himmel, aber ich konnte nur Bäume sehen. Bäume, Bäume und noch mehr Bäume! Dann hörte ich hinter mir ein Knurren. Ich drehte mich um und da stand ein riesiger schwarzer Wolf. ,,Ach du scheiße", stieß ich aus, während ich langsam rückwärts stolperte. Der Wolf sah mir starr in die Augen und kam immer weiter auf mich zu. Ich traute mich nicht, los zu rennen, weil er mich bestimmt kriegen würde. ,,Ich bin kein Fresschen!", sagte ich zum Wolf, als ich mit dem Rücken gegen einen Baum stieß. Und dann legte das Tier den Kopf schief und sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Hatte ich vielleicht auch. Aus dem Augenwinkel sah ich eine verschwommene menschliche Gestalt auf den Wolf zu rasen und im nächsten Moment lag der Wolf am Boden, während Rosalie über ihm stand. ,,Du wirst ihr nicht weh tun", zischte Rosalie das Tier an, während mein Herz so schnell schlug, dass ich Angst hatte, es würde sich wie ein Presslufthammer durch meine Brust nach draußen bohren, ,,Sie steht unter unserem Schutz." Gerade konnte ich zumindest meinen Atem wieder unter Kontrolle bringen, als aus dem Wolf ein nackter Typ wurde. Das war zu viel für mein Gehirn und es schaltete sich ab. Und was passiert, wenn sich das Gehirn abschaltet? Man wird ohnmächtig. Als ich wieder aufwachte, lag ich auf dem Waldboden, Rosalie hockte neben mir und der vorhin noch nackte Typ war mittlerweile bekleidet und ich erkannte in ihm Sam Uley, einen Typen aus dem Reservart. ,,Geht es dir gut?", fragte Rose mich und klang ehrlich besorgt. ,,Ja, alles bestens", erwiderte ich knapp und schüttelte den Kopf für mehr Klarheit, bevor ich mich an Sam wandte, ,,Und du bist ein Werwolf oder was?" ,,So in etwa", erwiderte der, ,,Du hättest es nie erfahren sollen." ,,Hey, ich kann Geheimnisse für mich behalten!", sagte ich sofort, ,,Frag Rosalie." ,,Sie ist eine Cullen, mit denen rede ich nicht", knurrte Sam daraufhin und richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf, ,,Der Gestank ist noch nicht das Schlimmste an ihnen." ,,Willst du ernsthaft darüber streiten, wer mehr stinkt?", fragte Rose spöttisch und auch sie stand wieder auf. ,,Hey!", fuhr ich dazwischen, während ich mich mühsam auf die Füße kämpfte, ,,Es gibt keinen Grund für Streit oder Vampir-Wolf-Anfeindungen! Forks ist groß genug, dass wir hier alle friedlich leben können, kapiert? Und wenn ich die kleinste Feindlichkeit zwischen euch sehe, dann greif ich ein und glaubt mir, dass will keiner!" Tatsächlich gaben sie sich beide geschlagen und Sam verwandelte sich wieder in den großen schwarzen Wolf, bevor er davon lief. ,,Diese Wölfe sind eine echte Plage", schnaubte Rose abfällig, ,,Du hast Glück, dass wir hier nicht in ihrem Gebiet sind." ,,Wieso?", fragte ich und war ehrlich verwirrt, ,,Was ist denn passiert, dass ihr euch gegenseitig hasst?" ,,Eigentlich nichts", meinte Rose, während sie mich auf ihren Rücken hob, ,,Die Wölfe hassen, was wir sind, aber das können wir nunmal nicht ändern." Und schon rannte sie los. Sie brachte mich nach Hause. ,,Rosalie", fragte ich sie dann einfach mal, als sie gerade aus meinem Zimmerfenster springen wollte, ,,Danke." ,,Wofür?", fragte sie und wirkte etwas verwirrt. ,,Dafür, dass du den Wolf zur Seite geschubst hast. Beziehungsweise Sam. Scheiße, dass ist verwirrend!" ,,Das verstehe ich besser, als du jetzt vielleicht denkst", erzählte sie dann und setzte sich wieder neben mich aufs Bett, ,,Als ich nach meiner Verwandlung wieder zu mir kam, war das erste was ich fühlte der Durst nach Blut. Ich hatte in meinem menschlichen Leben die Existenz von Vampiren noch nicht mal erahnt. Mein Leben war perfekt, jetzt bin ich ein Blutsauger." ,,Hey, sag sowas nicht", sagte ich dazu nur sanft und zog die Blondine in meine Arme, ,,Du bist wunderbar, so wie du bist." ,,Ich danke dir Elisa", sagte sie dann zu mir, als ich sie wieder los ließ, ,,Für alles. Dafür, dass du unser Geheimnis bewahrst. Und dafür, dass du so eine gute Freundin für mich bist." ,,Na klar doch", sagte ich noch und dann war sie weg. Mit einem Seufzen ließ ich mich zurück in meine Kissen fallen. Nur um kurz darauf senkrecht in die Höhe zu fahren, als Jasper durch mein Fenster gesprungen kam. ,,Was wollte Rose denn bei dir?", fragte er mich belustigt, ,,Wollte sie dich mit auf die Shoppingtour nehmen?" ,,Nein, sie hat mich nur davor bewahrt, an einem Herzinfarkt zu sterben, als aus einem riesigen schwarzen Wolf Sam Uley wurde, den ich seit meiner Kindheit kenne!", erwiderte ich aufgebracht, während er sich neben mir auf dem Bett nieder ließ und herzlich lachte. ,,Was machst du eigentlich gerne in deiner Freizeit?", fragte Jasper plötzlich, ,,Das hab ich dich so nie gefragt." ,,Da ich mit meinem dad zusammen lebe, besteht meine Freizeit aus Baseball im Fernseh gucken und überall in Forks zu essen, nur nicht zu Hause. Wir können nämlich beide nicht kochen. Und wenn dad nicht zu Hause ist, dann schnappe ich mir eine von meinen gefühlt tausend DVDs, wenn ich nicht gerade Hausaufgaben habe, und zieh mir irgendeinen Film rein. Oder auch mal eine Serie." ,,Und was ist dein Lieblingsfilm?" Ich überlegte eine Weile, bevor ich antwortete: ,,König der Löwen. Ursprünglich sollte das ja eine animierte Naturdokumentation werden, aber dank Elton John ist daraus ein fabelhaftes Musical geworden. Außerdem hat mir dieser Film mein Lebensmotto beschert." ,,Das da wäre?" ,,Hakuna Matata natürlich. Sag bloß, du hast diesen Film noch nie gesehen!" Ich konnte mein Entsetzen gar nicht in Worte ausdrücken, als er schuldig lächelte. ,,Das geht ja wirklich gar nicht!", empörte ich mich, ,,Dieser Film gehört zu den Filmen, die man unbedingt gesehen haben muss! Wie kann man den noch nicht gesehen haben?" Wieder lachte er und meinte dann: ,,Ich habe mein unsterbliches Leben bisher eher weniger der Filmwelt gewidmet. Obwohl ich zugeben muss, dass DVDs eine sehr praktische Erfindung sind." ,,Weißt du eigentlich, was Maria heute so macht?", fragte ich dann vorsichtig. ,,Ich weiß es ehrlich gesagt nicht", kam die Antwort zurück, während ich seine Schulter als Kopfkissen benutzte, ,,Seit ich sie verlassen habe, habe ich nichts mehr von ihr gehört. Aber keine Sorge, ich denke nicht, dass sie hier her kommen wird." ,,Kannst du etwa auch Gedanken lesen?", fragte ich scherzhalber und wir beide lachten. Ich war vielleicht an dem Tag ein bisschen in Gefahr geraten, weil ich nun zwei große Geheimnisse kannte, aber Jasper war... Er war so sanftmütig. Ich verbrachte sehr gerne Zeit mit ihm. Klar, er war mit Alice zusammen, aber man kann ja einen Typen auch süß finden und trotzdem nur mit ihm befreundet sein. Oder?

Elisa Swan AliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt