Wette niemals mit Elisa

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Keine Ahnung, wie lange Jasper geblieben war. Er hatte mich auf jeden Fall hoch in mein Bett getragen und mich zugedeckt, denn ich lag plötzlich in meinem Bett und Tageslicht brach durchs Fenster. Natürlich war der Himmel grau wie immer. Konnte denn nicht einmal die Sonne scheinen?! Dann viel mein Blick auf die Uhr und ich stürmte entsetzt rüber ins Bad. Katzenwäsche und in Rekordzeit fertig machen. Runter rennen, Schultasche greifen, Jacke überziehen, raus rennen, mit meinem Motorrad zur Schule fahren. In der ersten Stunde hatte ich Italienisch und war überrascht, Jasper auf dem Platz neben meinem zu sehen. ,,Italienisch sprichst du auch?", fragte ich ihn verblüfft. ,,Ja", erwiderte Jasper darauf, ,,Ebenso wie Französisch und auch ein bisschen Russisch." ,,Russisch?", fragte ich verblüfft und war wirklich ehrlich beeindruckt, ,,Was kannst du denn noch alles? Sag bloß, du kannst Klavier spielen!" ,,Die musikalischen Genies sind Rosalie und Edward", erwiderte er darauf, ,,Ich kann nur diese vier zusätzlichen Sprachen." ,,Was heißt denn hier nur?", fragte ich gespielt empört und kramte meinen Italienischkram aus meiner Tasche. Wie immer war es eine überschauliche Stunde. Unsere Lehrerin redete, wir hörten zu (mehr oder weniger). Eigentlich plauderte ich die ganze Zeit mit Jasper, indem wir Zettelchen austauschten. Beim Mittagessen saß ich wieder zusammen mit den Cullens an einem Tisch und wir rissen ein paar Vampirwitzchen. Zum Beispiel: Wovon lebt ein veganer Vampir? Von Blutorangen! Tatsächlich lachten wir alle darüber. Das Essen war ausnahmsweise genießbar. Es bestand aus Schokopudding und Tortillas. Ich hatte am Montag nichts mehr zum Abendessen gehabt und das Frühstück hatte ja auch ausfallen müssen, deshalb futterte ich auch noch die Tortillas der anderen an meinem Tisch. ,,Jessica denkt, du wirst zum Emo-Teenager", meinte Edward irgendwann leise zu mir. ,,Was wirklich?", erwiderte ich nur erstaunt und sah zu Jessica rüber, welche tatsächlich urplötzlich den Blick abwandte, ,,Und was denke ich gerade so?" ,,Du denkst, dass du endlich deinen Schulabschluss in der Hand halten willst, um deine Schulsachen zu verbrennen", antwortete Edward prompt. ,,Ja, der Gedanke schlummert durchgehend in meinem Gehirn", erwiderte ich darauf und genoss den vierten Schokopudding, ,,Aber ich wette, ich kann mich auch von dir abschotten." ,,Versuch es ruhig", meinte Edward lachend und schob mir seinen Schokopuddig rüber. Ich bemühte mich an Bella zu denken und sonst meinen Kopf leer zu pusten. ,,Woran denke ich jetzt?", fragte ich triumphierend. Eine Weile sah Edward mich grübelnd an, doch dann sagte er tatsächlich: ,,Ich seh gar nichts." ,,Ha!", rief ich aus, ,,Ich hab an meine Schwester gedacht!" ,,Oh, du rostest ein Alter", meinte Emmet amüsiert zu ihm und klopfte ihm kumpelhaft auf die Schulter, Alice und Rosalie kicherten amüsiert und auch Jasper grinste zaghaft. ,,Und wen soll ich jetzt im Armdrücken besiegen?", fragte ich einfach mal in die Runde. ,,Süße, du würdest dir nur den Arm brechen", spöttelte Emmet. ,,Können wir ja gerne mal ausprobieren", erwiderte ich und schob die Tabletts bei Seite. ,,Du wirst verlieren Emmet", meinte Alice von der Seite. ,,Sei nicht zu vorschnell Schwester", gab der nur darauf zurück und hielt mir seine Hand zum Armdrücken hin. Ich ergriff seine Hand und drückte eine Weile gegen den Felsblock. Emmet schien sich schon in Sicherheit zu wiegen. Deshalb spielte ich mein Ass aus und sagte: ,,Oh, da kommt Mrs Aster." Und tatsächlich schaffte ich es in dieser einen Ablenkungssekunde seinen Handrücken auf die Tischplatte zu befördern. ,,Kaboom!", rief ich triumphierend aus, ,,Würde ich nur jedes mal zehn Dollar setzen, wenn ich um etwas wette." ,,Wie?", fragte Emmet verblüfft, während die anderen sich herzlich amüsierten. ,,Ablenkung ist alles", erwiderte ich nur, ,,Und zweifellos hat hier jeder Angst vor Mrs Aster, mit oder ohne Superkräfte. Wen soll ich als nächsten austricksen?" ,,Die Zukunft kannst du nicht überlisten", meinte Alice und schien davon felsenfest überzeugt zu sein, ,,Oder deine Gefühle." ,,Das ist alles eine Frage der Technik", erwiderte ich daraufhin, ,,Worum wetten wir?" ,,Wenn du Jasper und mich tatsächlich austricksen solltest, spendiere ich dir eine Shoppingtour oder sonstwas", verkündete Alice den Wetteinsatz. ,,Okay", verkündete ich dann das Wettthema für Alice' Zukunftsgabe, ,,Ich sage, heute im Biounterricht werde ich totenbleich auf der Krankenstation landen." ,,Das sehe ich anders", widersprach sie mir doch tatsächlich, ,,Du bringst Jessica zur Krankenstation." ,,Wette gilt", setzte ich die Wette fest und konzentrierte mich darauf, all das zu fühlen, was ich bei Star Wars Episode III gefühlt hatte, als Anakin zur dunklen Seite der Macht gewechselt war, ,,Wie wäre es dann erst mal mit einem Statusbericht über meine Gefühle?" Jasper saß direkt neben mir und ich sah deutlich die Verwirrung in seinen Augen. ,,Glück?", riet er doch tatsächlich, ,,Ehrlich gesagt, ich bin mir nicht sicher. Da ist zu viel auf einmal." ,,Punkt für mich", triumphierte ich, ,,Und dich zock ich als nächste ab Alice. Und irgendwie will ich Rose noch abzocken." ,,Das kannst du, wenn du meine Geschichte errätst", meinte sie und lehnte sich siegessicher zurück. Alle am Tisch sahen mich gespannt an. Ich sah Rosalie ein Weilchen in die Augen, dann riet ich einfach auf gut Glück: ,,Du hattest ein gutes Leben und warst mit dem Mädchenschwarm der Stadt liiert. Aber der Kerl war ein Arsch. Er hat dich noch vor der Hochzeit mit seinen Freunden... Das werd ich nicht aussprechen, der Gedanke ist zu grausam." ,,Woher weißt du das?", fragte Rosalie und sah mich erstaunt aber auch fasziniert an. ,,Du kannst nicht vergessen", erklärte ich darauf, ,,Vielleicht kann man einzelne Ereignisse vergessen, aber niemals die Gefühle. Sie sind für immer in deiner Seele. Die Augen sind das Fenster zur Seele. Und ein solcher Glanz in Erinnerung an die Vergangenheit wird durch großen Schmerz und Verlust hervorgerufen. Ein solch tief sitzender Schmerz kann nur von jemandem verursacht werden, den man wirklich liebt." ,,Es hört sich so an, als würdest du das kennen", meinte Rosalie dann und wirkte verwirrt. ,,Es bricht mir jedes mal das Herz, meine Zwillingsschwester wieder zu verlassen. Das fühlt sich so an, als würde ein Teil in meinem Leben fehlen und gleichzeitig fühle ich ihren Schmerz über meine Abwesenheit, sobald ich im Flieger sitze. Das ist echt ein beschissenes Gefühl. Meine chequitita ist nunmal mein Leben", antwortete ich und mir begegnete Mitleid in den Augen der anderen. Das war ich von dad gewöhnt. Früher wenn Bella und ich uns wieder trennen mussten, hab ich oft den halben Tag geheult und mir haufenweise Vanilleeis rein geschaufelt. Tja, vier hatte ich überlistet. Fehlte nur noch Alice. Also spulen wir mal vor zu Bio am Nachmittag. Es wurde schon am Vortag angekündigt, wir würden unser Blut mal näher ins Auge nehmen. Ich hoffte insgeheim, dass es endlich besser sein würde, aber das war es nicht. Sobald ich mir in den Finger gepickst hatte, wurde mir schwarz vor Augen. Ich wachte in einem der Krankenzimmer wieder auf. Um meinen Finger war ein Pflaster gewickelt und an der Wand neben meinem Bett standen Jasper und Alice. ,,Hab doch gesagt, ich lande hier", erwiderte ich und setzte mich auf. ,,Du hast gewonnen", gab Alice sich geschlagen und lehnte sich an Jasper, der sie liebevoll im Arm hielt. ,,Tja, mit Leichen und so hab ich kein Problem, nur mit meinem eigenen Blut. Ist irgendwie schräg", murmelte ich vor mich hin und schwang die Beine über die Bettkante. Ich wollte gerade auf den Boden hüpfen, als mir schon wieder ein bisschen schwindelig wurde. Deshalb schwankte ich auch ein bisschen, als meine Füße auf dem Boden aufkamen. ,,Mir gehts gut", verkündete ich schnell, bevor jemand auf die Idee kommen konnte, mir zu helfen, ,,Vielleicht fahr ich lieber nach Hause." ,,Sicher das du keine Hilfe brauchst?", hakte Alice nach und klang ehrlich besorgt. ,,Ja, alles bestens", sagte ich schnell und schlüpfte in meine Jacke, die ordentlich gefaltet auf dem Stuhl neben dem Bett lag. Ich schüttelte kurz den Kopf für etwas Klarheit und bemerkte aus dem Augenwinkel, wie Jasper schon in der Bewegung war, um mich zu stützen. ,,Hey, mir gehts wirklich gut", beteuerte ich ein weiteres mal und schwankte schließlich aus dem Schulgebäude. Ich war ehrlich überrascht über die Sorge, die die beiden mir gegenüber zeigten. Aber andererseits waren sie auch nur Vampire und nicht gleich herzlos. Obwohl mich das alles immer noch verwirrte, war ich froh darüber, dass Geheimnis zu kennen und innerlich freute ich mich riesig darüber, gegen jeden einzelnen von ihnen eine Wette gewonnen zu haben...

Elisa Swan AliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt